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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Fall Lost interessant fand.
    »Er hat im Sommer achtundachtzig an der Chatsworth High seinen GED-Abschluss gemacht«, sagte sie. »Das siedelt ihn also direkt in Chatsworth an.«
    »Wenn er den GED gemacht hat, muss er vorher von irgendeiner Schule geflogen sein. Steht da vielleicht, von welcher?«
    »Nein, nichts. Nur, dass er in Chatsworth aufwuchs. Zerrüttete Familienverhältnisse. Schlechter Schüler. Er wohnte bei seinem Vater, einem Schweißer bei General Motors in Van Nuys. Hört sich nicht nach einem Kandidaten für die Hillside Prep an.«
    »Trotzdem müssen wir das prüfen. Alle Eltern wollen, dass es ihre Kinder zu mehr bringen als sie selbst. Wenn er dort zur Schule ging und Rebecca Lost kannte, dann aber von der Schule flog, wäre das vielleicht eine Erklärung, warum er achtundachtzig nicht vernommen wurde.«
    Rider nickte nur. Sie las weiter.
    »Er ist nie aus dem Valley herausgekommen«, sagte sie. »Jeder Wohnsitz befindet sich im Valley.«
    »Welches ist der letzte bekannte?«
    »Panorama City. Wie bei der AutoTrack-Suche. Wenn die Adresse allerdings hier drin steht, ist sie vermutlich nicht mehr aktuell.«
    Bosch nickte. Jeder, der so oft durch die Mühlen des Strafvollzugssystems gewandert war wie Mackey, wusste, dass man gut daran tat, sofort umzuziehen, wenn eine Bewährungsfrist abgelaufen war. Dass die bloß nicht mitkriegten, wo man steckte. Bosch und Rider würden zwar zu der Adresse in Panorama City fahren, um nachzusehen, aber Bosch war klar, dass Mackey nicht mehr da sein würde. Egal, wohin er umgezogen war – er hatte in seinen Anträgen bei den Stadtwerken nicht seinen richtigen Namen angegeben und auch seinen Führerschein oder seine Kfz-Zulassung nicht erneuern lassen. Er war untergetaucht.
    »Hier steht, dass er den Wayside Whities angehörte«, sagte Rider bei weiterer Lektüre.
    »Das wundert mich nicht.«
    Die Wayside Whities waren eine Gefängnis-Gang, die jahrelang im Wayside Honor Rancho im Norden des County ihr Unwesen getrieben hatte. In den Bezirksgefängnissen setzten sich die Gangs normalerweise nach Rassenzugehörigkeit zusammen, allerdings weniger aus rassistischen Motiven als aus Gründen des Selbstschutzes. Deshalb war es nicht ungewöhnlich, unter den rechtsextremen Wayside Whities auch Juden zu finden. Schutz war Schutz. Es ging in erster Linie darum, zu einer Gruppe zu gehören und Angriffe anderer Gruppen abzuwehren. Im Gefängnis war das eine entscheidende Überlebensstrategie. Mackeys Zugehörigkeit zu den Whities war nur ein eher peripherer Anknüpfungspunkt an Boschs Theorie, dass im Lost-Fall möglicherweise rassistische Gesichtspunkte eine Rolle spielten.
    »Sonst noch was zu diesem Thema?«, fragte er.
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Was ist mit besonderen Kennzeichen? Irgendwelche Tätowierungen?«
    Rider blätterte in den amtlichen Unterlagen und nahm ein Haftantrittsformular heraus.
    »Ja, Tattoos«, sagte sie, weiterlesend. »Auf einem Bizeps hat er seinen Namen stehen und auf dem anderen den eines Mädchens, schätze ich mal. RaHoWa.«
    Sie buchstabierte den Namen, und zum ersten Mal spürte Bosch ein leichtes Prickeln, das ihm anzeigte, dass an seiner Theorie etwas dran sein könnte.
    »Das ist kein Name«, sagte er. »Das ist eine Art Kode, die Abkürzung für ›Racial Holy War‹, heiliger Rassenkrieg. Die ersten zwei Buchstaben jedes Worts. Der Kerl scheint enger mit dieser Szene verbandelt als gedacht. Ich glaube, Garcia und Green haben diesen Aspekt übersehen, obwohl er eigentlich nicht zu übersehen war.«
    Bosch spürte, wie er in Fahrt kam.
    »Sieh dir das an«, sagte Rider aufgeregt. »Er hat auch die Zahl achtundachtzig auf seinen Rücken tätowiert. Das ist zur Erinnerung daran, was er achtundachtzig getan hat.«
    »Nicht ganz«, sagte Bosch. »Das ist noch so ein verschlüsseltes Kürzel. Ich hatte mal einen von diesen ›White Power‹-Fällen, deshalb kenne ich diese ganzen Kürzel noch. In dieser Szene steht achtundachtzig für H-H, weil H der achte Buchstabe des Alphabets ist. Achtundachtzig ist gleich H-H ist gleich Heil Hitler. Einhundertachtundneunzig verwenden sie ebenfalls, für Sieg Heil. Ganz schön clever, nicht?«
    »Ich finde trotzdem, dass das Jahr achtundachtzig etwas damit zu tun haben könnte.«
    »Vielleicht tut es das ja auch. Steht da was über irgendwelche Jobs drin?«
    »Wie es aussieht, fährt er einen Abschleppwagen. Jedenfalls fuhr er einen Abschleppwagen, als er vor zwei Jahren zum Pinkeln anhielt, was ihm

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