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Vergessene Stimmen

Titel: Vergessene Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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oft.«
    »Könnten Sie uns ihre Telefonnummer geben?«
    »Sicher, ich habe sie sogar hier.«
    Sie öffnete eine Schublade und nahm ihre Handtasche heraus. Während sie ein Adressbuch herausholte, nahm Bosch das Foto von Mackey vom Tisch und steckte es wieder ein. Als Sable eine Telefonnummer ablas, notierte Rider sie in einem kleinen Notizbuch.
    »Fünf, zehn«, sagte Rider. »Was ist das, Oakland?«
    »Sie wohnt in Hayward. Eigentlich würde sie gern in San Francisco leben, aber das kann sie sich bei ihrem Verdienst nicht leisten.«
    »Was macht sie beruflich?«
    »Sie ist Metallbildhauerin.«
    »Heißt sie immer noch Tanaka?«
    »Ja. Sie hat nie geheiratet. Sie …«
    »Ja, was?«
    »Wie sich herausstellte, ist sie lesbisch.«
    »Wie sich herausstellte?«
    »Na ja, ich meine damit, wir wussten es nicht. Sie hat es uns nie erzählt. Sie zog da hoch, und einmal, vor acht Jahren, besuchte ich sie, und danach wusste ich es.«
    »War das offensichtlich?«
    »Ja.«
    »Kam sie zu dem zehnjährigen Klassentreffen?«
    »Ja, sie war da. Es war sehr lustig, aber auch ein bisschen traurig, weil viel über Becky gesprochen wurde und dass das Verbrechen nie aufgeklärt wurde. Ich kann mir gut vorstellen, dass das der Grund war, warum Tara nicht kam. Sie wollte nicht daran erinnert werden, was mit Becky passiert ist.«
    »Na, vielleicht können wir das ja bis zum zwanzigjährigen ändern«, sagte Bosch und bereute seine gedankenlose Bemerkung sofort. »Tut mir Leid, das war dumm von mir.«
    »Trotzdem, ich hoffe, Sie ändern es doch. Ich denke ständig an sie. Ich frage mich die ganze Zeit, wer das getan hat und warum sie nie gefunden wurden. Ich sehe jeden Tag, an dem ich in die Schule komme, ihr Bild auf der Gedenktafel. Es ist schon komisch. Ich habe als Klassensprecherin Geld für die Tafel gesammelt.«
    »Sie?«, fragte Bosch.
    »Wie bitte?«
    »Sie sagten, sie wurden nie gefunden. Warum haben Sie sie gesagt?«
    »Ich weiß nicht. Er, sie, was auch immer.«
    Bosch nickte. »Mrs. Sable, vielen Dank für das Gespräch. Wären Sie bitte so freundlich, niemandem davon zu erzählen? Wir möchten nicht, dass die betreffenden Personen auf unsere Fragen vorbereitet sind, wenn Sie wissen, was ich meine?«
    »Wie jetzt bei mir?«
    »Genau. Für den Fall, dass Ihnen noch etwas einfällt, irgendetwas, worüber Sie noch sprechen wollen, gibt Ihnen meine Kollegin eine Karte mit unseren Telefonnummern.«
    »Okay.«
    Sie schien in einen Wachtraum versunken. Die Detectives verabschiedeten sich und ließen sie mit den Klassenarbeiten, die sie noch zu benoten hatte, allein. Bosch nahm an, dass sie vermutlich ihren Erinnerungen an eine Zeit nachhing, in der vier Mädchen die besten Freundinnen waren und die Zukunft funkelnd vor ihnen lag wie ein Ozean.
    Bevor sie das Schulgebäude verließen, gingen sie ins Sekretariat, um zu sehen, ob die Schule eine aktuelle Adresse der ehemaligen Schülerin Tara Wood hatte. Gordon Stoddard ließ Mrs. Atkins nachsehen, aber die Antwort lautete nein. Bosch fragte, ob sie sich das Jahrbuch von 1988 ausleihen könnten, um einige der Fotos zu kopieren, und Stoddard gab sein Einverständnis.
    »Ich wollte sowieso gerade gehen«, sagte er. »Ich begleite Sie.«
    Auf dem Weg zurück in die Bibliothek unterhielten sie sich, und Stoddard gab ihnen das Jahrbuch, das bereits wieder ins Regal zurückgestellt worden war. Auf dem Weg nach draußen blieb Stoddard mit ihnen noch einmal vor der Gedenktafel stehen. Bosch fuhr mit den Fingern über die erhabenen Buchstaben von Becky Losts Namen. Er merkte, dass die Kanten im Lauf der Jahre von den Fingern zahlreicher Schüler, die das Gleiche getan hatten, geglättet worden waren.

 
     
     
     
     
     
     
     
     
    11
    Rider kümmerte sich um die Akte und das Telefon, als Bosch nach Panorama City fuhr, das gleich hinter der Grenze der Devonshire Division auf der Ostseite des Freeway 405 lag.
    Panorama City war ein Bezirk, der Jahre zuvor vom nördlichen Van Nuys abgetrennt worden war, als die Leute dort glaubten, sich von dem negativen Image, mit dem Van Nuys behaftet war, distanzieren zu müssen. Bis auf den Namen und ein paar Straßenschilder war nichts an dem Viertel geändert worden. Trotzdem, Panorama City hörte sich sauber und schön und verbrechensfrei an, und die Bewohner fühlten sich nach außen hin besser repräsentiert. Aber seitdem waren viele Jahre vergangen, und Bürgerinitiativen hatten beantragt, ihr Viertel erneut umzubenennen, um sich, wenn schon nicht

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