Vergessene Stimmen
Hawaii geflogen sind. Als wir uns verabschiedet haben. An diesem Morgen.«
»Dann sind Sie also nach dem Umzug nach Hawaii nicht mehr nach L.A. gekommen?«
»Nein, anfangs nicht. Ich meine, ich war natürlich wieder in L.A. Nach der Schule habe ich ein paar Jahre in Venice gelebt, aber dann kam ich wieder hierher zurück.«
»Aber nicht zwischen dem Zeitpunkt, als Ihre Eltern umzogen, und dem Zeitpunkt von Rebeccas Tod? Habe ich Sie da richtig verstanden?«
»Ja.«
»Demnach muss sich eine Zeugin getäuscht haben, mit der ich gesprochen habe und die ausgesagt hat, sie hätte sie am Wochenende unmittelbar vor Rebeccas Verschwinden in Los Angeles gesehen?«
»Dann muss sie mich mit jemandem verwechselt haben. Ich meine, was soll das? Ich hab Ihnen doch gesagt: Ich war nicht mehr in L.A. Ich hatte eine neue Freundin. Ich war ja nicht mal bei der Beerdigung. Wer hat Ihnen gesagt, dass sie mich gesehen hätte? Grace etwa? Sie konnte mich nie leiden – diese Lesbe. Sie hat ständig versucht, einen Keil zwischen mich und Beck zu treiben.«
»Wer es war, darf ich Ihnen nicht sagen, Dan. Genauso wie ich es auch für mich behielte, wenn Sie mir etwas im Vertrauen sagen würden.«
»Egal, wer es war, diese Frau lügt!« Kotchofs Stimme wurde schrill. »Alles erstunken und erlogen! Sehen Sie doch in Ihren Unterlagen nach, Mann! Ich hatte ein Alibi. Ich habe an dem Tag, an dem sie entführt wurde, gearbeitet, und am nächsten Tag auch. Wie hätte ich da nach L.A. und wieder zurückkommen sollen? Egal, wer Ihnen das erzählt hat, es ist gelogen!«
»Es ist Ihr Alibi, das gelogen ist, Dan. Ihr Vater könnte Ihren Vorgesetzten beauftragt haben, es Ihnen auszustellen. Das wäre ganz einfach gewesen.«
Es war einen Moment still, bevor eine Antwort kam.
»Ich weiß wirklich nicht, was Sie eigentlich wollen. Mein Vater hat niemanden irgendetwas ausstellen lassen, Punkt. Wir hatten eine Stechuhr, und mein Boss hat mit der Polizei geredet, und das war’s. Und jetzt kommen Sie nach siebzehn Jahren mit so einem Scheiß an? Wollen Sie mich verarschen oder was?«
»Jetzt regen Sie sich doch nicht gleich so auf, Dan. Manchmal unterlaufen einem eben Fehler. Vor allem, wenn etwas zeitlich so weit zurückliegt.«
»Das hätte mir gerade noch gefehlt, da in was hineingezogen zu werden. Mann, ich habe hier Familie.«
»Ich sagte doch, Sie sollen sich nicht aufregen. Sie werden in nichts hineingezogen. Das ist nur ein Telefongespräch. Nur eine Unterhaltung, ja? Gibt es sonst noch etwas, was Sie mir sagen können oder sagen möchten, um mir bei dieser Sache zu helfen?«
»Nein. Alles, was ich weiß, habe ich Ihnen bereits gesagt, und das ist nichts. Außerdem muss ich jetzt wirklich Schluss machen. Diesmal meine ich es ernst.«
»Hat es Sie denn geärgert, als Ihnen Rebecca erzählte, dass sie schwanger war, wo Ihnen doch klar sein musste, dass sie es von einem anderen war?«
Zuerst bekam Bosch keine Antwort, weshalb er die Schraube noch fester anzuziehen versuchte.
»Vor allem, weil sie sich mit Ihnen auf nichts einlassen wollte, als Sie noch zusammen waren.«
Bosch erkannte, dass er zu weit gegangen war und sich verraten hatte. Kotchof merkte, dass Bosch gleichzeitig guter und böser Cop spielte. Als er antwortete, war seine Stimme ruhig und gelassen.
»Das hat sie mir doch gar nicht erzählt«, sagte er. »Ich erfuhr es erst, als es hinterher rauskam.«
»Tatsächlich? Wer hat es Ihnen erzählt?«
»Das weiß ich nicht mehr. Einer meiner Freunde, schätze ich mal.«
»Tatsächlich? Rebecca führte nämlich Tagebuch. Und darin schrieb sie ständig über Sie. Und dort steht auch, dass sie es Ihnen erzählt hat und dass Sie nicht gerade begeistert waren.«
Jetzt lachte Kotchof, und Bosch war klar, dass er es verpatzt hatte.
»Detective, das ist doch alles kompletter Blödsinn. Sie sind derjenige, der hier lügt. Also wirklich, ganz schön schwach, Mann. Ich meine, ich schaue Law & Order , wissen Sie.«
»Schauen Sie auch CSI ?«
»Ja, und?«
»Wir haben nämlich die DNS des Mörders. Wenn wir sie mit jemandem in Verbindung bringen können, ist der Betreffende geliefert. DNS ist der absolute Hit.«
»Gut. Untersuchen Sie meine, und vielleicht ist der Fall dann ja endlich endgültig für mich erledigt.«
Jetzt war Bosch derjenige, der sich in der Defensive befand. Er musste das Gespräch beenden.
»Also dann, Dan, wir geben Ihnen in der Sache Bescheid. Aber vorerst schon mal vielen Dank für Ihre Hilfe. Nur eine Frage
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