Vergessene Stimmen
Anschluss, und er ist auf William Burkhart angemeldet. Muss ein Mitbewohner sein. Der Kerl ist nur ein paar Jahre älter als Mackey und hat ein Hassverbrechen in seinem Vorstrafenregister. In letzter Zeit nichts mehr, aber das Hassverbrechen war 1988.«
»Und noch was«, sagte Bosch. »Er war auch Sam Weiss’ Nachbar. Das hatte ich vergessen zu erwähnen, als wir gestern Abend telefoniert haben.«
»Zu viele Informationen auf einmal.«
»Ja. Übrigens, da ist noch was, weswegen ich mir Gedanken mache. Wie kommt es, dass Mackeys Handy bei der AutoTrack-Suche nicht aufgetaucht ist?«
»Da bin ich dir einen Schritt voraus. Ich habe die Nummer überprüft, und das Handy gehört nicht ihm. Es ist auf eine Belinda Messier angemeldet. Ihre Adresse ist drüben in der Melba, ebenfalls in Woodland Hills. Sie hat keine Vorstrafen, nur ein paar Verkehrsdelikte. Vielleicht ist sie seine Freundin.«
»Vielleicht.«
»Wenn ich Zeit habe, versuche ich, sie ausfindig zu machen. Langsam tut sich hier was, Harry. Allmählich fügen sich die Teile zusammen. Dieser ganze Achtundachtzigerkram. Ich wollte mir die Akte über das Hassverbrechen holen, aber …«
»Es war ein Fall der Public Disorder Unit?«
»Genau. Und deshalb gehe ich jetzt in den Sechsten hoch.«
»Okay, sonst noch was?«
»Ich habe gleich als Erstes in der Asservatenkammer angerufen. Sie haben die Beweismittelschachtel immer noch nicht gefunden. Wir haben weiterhin die Tatwaffe nicht. Langsam fange ich an, mich zu fragen, ob sie verlegt wurde oder ob sie jemand bewusst hat verschwinden lassen.«
»Ja«, sagte Bosch, der das Gleiche dachte. Falls in diesen Fall Polizeiangehörige verwickelt waren, könnte das Beweismaterial absichtlich beiseite geschafft worden sein.
»Na schön«, sagte Bosch. »Nehmen wir uns noch mal kurz das Tagebuch vor, bevor ich mit dem Vater spreche. Steht dort irgendetwas über die Schwangerschaft drin?«
»Nein, darüber hat sie kein Wort verloren. Die Einträge sind datiert, und sie hat Ende April aufgehört, etwas in das Tagebuch zu schreiben. Vielleicht war das, als sie es gemerkt hat. Ich könnte mir vorstellen, dass sie aufgehört hat, Tagebuch zu führen, weil sie vielleicht Angst hatte, ihre Eltern könnten es heimlich lesen.«
»Erwähnt sie irgendwelche Clubs oder Kneipen? Du weißt schon, Orte, an denen sie sich öfter aufhielt?«
»Sie schreibt über jede Menge Filme«, sagte Rider. »Nicht, mit wem sie ins Kino ging, nur, dass sie sich bestimmte Filme ansah und was sie von ihnen hielt. Woran denkst du – Zielansprache?«
Sie mussten herausfinden, wo sich Mackeys und Rebecca Losts Wege gekreuzt haben könnten. Das war ein weißer Fleck in den Ermittlungen, und zwar unabhängig vom Motiv. Wo war Mackey mit Lost in Berührung gekommen, um sie ins Visier zu nehmen?
»Kinos«, sagte er. »Dort könnten sie sich über den Weg gelaufen sein.«
»Genau. Und ich glaube, oben im Valley sind alle Kinos in Einkaufszentren. Damit wäre die in Frage kommende Begegnungszone noch größer.«
»Darüber sollten wir uns Gedanken machen.«
Bosch sagte, er werde nach dem Gespräch mit Robert Lost ins Büro kommen, und sie legten auf. Bosch ging in den Aufenthaltsraum zurück, und der Lärm aus dem Spülraum schien zugenommen zu haben. Die Essensausgabe war fast beendet, und jetzt wurden die Spülmaschinen gefüllt. Bosch setzte sich wieder an den Tisch und stellte fest, dass jemand seinen leeren Teller weggeräumt hatte. Er versuchte, über das Gespräch mit Rider nachzudenken. Einkaufszentren waren riesige Knotenpunkte, Orte, an denen es ohne weiteres vorstellbar war, dass jemand wie Mackey jemandem wie Rebecca Lost begegnete. Er fragte sich, ob das Verbrechen die Folge einer Zufallsbegegnung war – Mackey sieht ein Mädchen mit dem unübersehbaren Rassenmix in Gesicht, Haar und Augen. Könnte ihn das so gestört haben, dass er ihr nach Hause folgte und später allein oder mit anderen zurückkam, um sie zu entführen und umzubringen?
Es schien ziemlich weit hergeholt, aber die meisten Theorien erschienen am Anfang abwegig. Er dachte über das ursprüngliche Ermittlungsverfahren nach und über die Möglichkeit, dass es zu einer Einmischung aus Polizeikreisen gekommen war. In der Mordakte hatte sich kein Hinweis auf mögliche rassistische Hintergründe der Tat gefunden. Andererseits hätte die Polizei 1988 alles versucht, eine solche Möglichkeit unter den Tisch zu kehren. Auf diesem Auge waren die Polizei und die Stadt damals
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