Vergiftet
auf einen gewissen Widerstand, als sie gemeinsam überlegten, wie sie auf den Mord an Vidar Fjell reagieren sollten, nicht wahr?«
»Nicht nur auf einen gewissen Widerstand .«
»Wer war sein schärfster Gegner?«
Henning faltet die Hände und beugt sich weiter vor.
»Irene Otnes. Vidars Freundin. Sie wollte ganz offen Rache, und es gab einige, die sich freiwillig gemeldet haben. Petter, unter anderem. Aber Tore hat sich durchgesetzt. Die Hölle wäre los gewesen, wenn wir auf die Schweden losgegangen wären.«
»Waren noch andere als Irene Otnes scharf darauf, Rache zu nehmen?«
»Eigentlich wollten wir das alle.«
»Ich meine, jemand, der von dem Gedanken so richtig besessen war und Wut oder Hass auf Tore empfunden hat, weil er diese Rache nicht zugelassen hat?«
Grønningen denkt nach. »Robert.«
»Wer ist das?«
»Robert van Derksen. Der Kampfsporttrainer. Er war ein guter Freund von Vidar, und Tore und Robert konnten sich nicht leiden. Und hinterher schon gar nicht.«
»Warum nicht?«
Grønningen atmet tief ein. »Irgendwann vor drei oder vier Jahren waren wir bei der Eröffnung von Order @ The Bar unten im Zentrum. Auch Veronica war da, zusammen mit einigen ihrer Models. Es gab Gratisdrinks. Sie wissen, wie das ist.«
Henning antwortet nicht.
»Robert hat sich reichlich bedient, und dabei denke ich nicht nur an die Drinks. Er glaubte wohl, auch die Frauen wären gratis, jedenfalls benahm er sich so. Tore gefiel das ganz und gar nicht, schließlich waren es Veronicas Frauen, denen Robert da so auf den Leib rückte. Tore bat ihn, sich zurückzunehmen, aber das half nicht sonderlich. Irgendwann hat Tore ihn dann mit nach draußen gezogen, und da hat Robert versucht, ihm eine zu verpassen, nur dass Tore diesen Schlag schon eine Woche vorher hat kommen sehen.«
Henning zieht die Augenbrauen hoch. »Haben Sie nicht eben gesagt, van Derksen sei Kampfsporttrainer?«
»Schon, aber er war an diesem Abend wirklich stinkbesoffen. Als er wieder nüchtern war und erfuhr, was da abgelaufen ist, fühlte er sich ziemlich verarscht. Ihre Beziehung hat sich danach nie wieder normalisiert.«
Grønningen rutscht auf seinem Stuhl herum, als quäle ihn die Sitzfläche irgendwie. Henning legt einen Finger an die Nase und hält sich mit den anderen Fingern das Kinn.
»Dann hätte Robert also gute Gründe gehabt, Jocke Brolenius zu töten und Tore Pulli dafür büßen zu lassen?«
»Ja.«
»Aber hätte er jemandem den Kiefer brechen können? Ich meine, auf die gleiche Weise, auf die Pulli das immer gemacht hat?«
»Ja, klar«, antwortet Grønningen sofort, ehe er hinzufügt: »So schwer ist das auch wieder nicht. Das braucht bloß ein bisschen Übung.«
17
Henning geht die Strecke vom Åkerbergveien nach Hause zu Fuß, wie er es gerne tut, wenn er nachdenken muss. Und nach seinen Treffen mit Veronica Nansen und Geir Grønningen gibt es eine Menge zu verdauen, speziell die Information, die er zu Robert van Derksen bekommen hat. Der Kampfsporttrainer hatte sowohl ein Motiv, Brolenius umzubringen, als auch die Fertigkeit, ihm einen Kieferbruch à la Pulli zu verpassen. Laut Grønningen hatte van Derksen an dem Abend, als Brolenius ermordet wurde, Damenbesuch, wobei Grønningen beschämt einräumen musste, dass er ausgerechnet dieses Detail nie nachgeprüft hat. Ganz davon abgesehen hatte van Derksen die Angewohnheit, seine Frauen häufig zu wechseln. Mit wem er zu dem betreffenden Zeitpunkt zusammen war, wusste Grønningen deshalb nicht mehr. »Und ich bin mir auch nicht sicher, ob Robert sich noch daran erinnert«, hat er gesagt.
Kaum dass Henning zu Hause ist, geht er auf www.hardfists.no und findet ein Bild von Robert van Derksen mit nacktem, glänzendem Oberkörper, Sixpack und prallen Arm- und Beinmuskeln, in Kampfhaltung posierend. Henning überfliegt das Kursangebot, Karate, Taekwondo und Krav Maga, und denkt, dass es vermutlich wenig ratsam ist, einfach bei Derksen zu klingeln und ihn zu fragen, ob er Jocke Brolenius umgebracht hat. Er könnte sich natürlich für einen der Kurse anmelden und sich erkundigen, ob er bei ihm auch die Pulli-Technik lernen kann, aber solche Fragen setzen eine längere Bekanntschaft und gewisse Vertrautheit voraus, beides Dinge, für die Henning keine Zeit hat.
Vielleicht gibt es aber auch noch eine andere Möglichkeit, denkt er und wählt die Kontaktnummer am unteren Seitenrand.
»Hallo, Henning Juul von der Onlinezeitung 123nyheter . Spreche ich mit Robert van
Weitere Kostenlose Bücher