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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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Mannes stand, bis dieser schließlich seufzt und fragt: »Wissen Sie, wo das Restaurant Jarlen ist?«
    »Nein, aber das finde ich.«
    »Gehen Sie dahin, dort können wir nachher reden.«
    »Okay, wann in etwa?«
    Grønningens Blick schweift irritiert herum, ehe er sich wieder Henning zuwendet. »Wenn ich hier fertig bin. Ich kann das Training nicht abkürzen, nur weil Sie hier auftauchen.«
    »Sagen Sie eine Uhrzeit.«
    Grønningen sieht sich noch einmal um. Dann sagt er, ohne Henning anzusehen: »Geben Sie mir ein paar Stunden.«
    »Dann sagen wir in ein paar Stunden.«
    Henning blickt auf die Uhr an der Wand hinter der Rezeption, nickt Grønningen zu und steigt vom Fahrrad. Auf dem Weg zum Ausgang wirft er dem Mädchen hinter dem Tresen ein Lächeln zu und reckt den Daumen nach oben. Dann geht er nach draußen in die spätsommerliche Wärme.
    15
    Thorleif Brenden schreckt aus dem Schlaf auf und sieht sich um. Es ist hell. Durch das Fenster zum Hinterhof dringt Kindergeschrei, das seine Kopfschmerzen nur noch verstärkt.
    Er steht auf und geht in die Küche, wo er sich ein Glas Wasser nimmt und hinunterkippt. Er seufzt zufrieden. Im nächsten Augenblick wird die Tür aufgerissen, als wollte Cosmo Kramer aus Seinfeld persönlich in den Raum stürzen, aber es ist nur Julie, dicht gefolgt von Elisabeth.
    »Papa, ich muss aufs Klo!«
    »Schatz, dann geh doch!«, sagt er und lächelt Elisabeth zu, »aber mach die Tür hinter dir zu.«
    »Mach ich«, antwortet Julie.
    »Und hinterher musst du Papa erzählen, was du gelernt hast, ja?«, ruft Elisabeth ihrer Tochter nach.
    »Jaaa!«
    Elisabeth lächelt ihn warmherzig an.
    »Hallo«, sagt sie leise und zärtlich. »Hast du gut geschlafen?«
    Thorleif schüttelt den Kopf und gießt sich ein weiteres Glas Wasser ein.
    »Es sieht aber so aus, als hättest du wenigstens eine Weile geschlafen.«
    »Woran siehst du das denn?«, fragt er.
    »Deine Augen sind nur noch ein bisschen geschwollen. Als hätten sie sich endlich einmal richtig entspannen können.«
    »Das ist bestimmt nur die Allergie.«
    »Ach, du Armer. Du hättest diese Kutschfahrt nicht mitmachen sollen. Hast du deine Medizin genommen? Geht es denn besser?«
    »Ein bisschen vielleicht.«
    Elisabeth streicht über seine Wange und sieht ihn an wie ein kleines Baby. Dann zieht sie sich die Schuhe aus. Glücklicher Kindergesang trällert durch die offene Badezimmertür nebenan.
    »Regelst du morgen das mit dem Alarm?«
    »Hm?«
    »Die Alarmanlage. Jemand muss sich die doch mal angucken.«
    »Ach ja.« Thorleif hat schon wieder vergessen, dass die Alarmanlage nach ihrem Besuch auf dem Bogstadgård plötzlich nicht mehr funktionierte.
    »Papa!«, ruft Julie, als sie aus dem Bad gestürmt kommt. »Weißt du was?«
    »Nein?«
    »Ich kann jetzt Fahrrad fahren!«
    Jubel und Freude spiegeln sich in ihrem Gesicht.
    »Wirklich?«
    Julie nickt und platzt fast vor Stolz. »Willst du es sehen, Papa? Soll ich es dir zeigen?«
    Thorleif wirft Elisabeth einen Blick zu. Auch sie ist stolz.
    »Klar will ich das, mein kleiner Schatz. Warte, ich muss mir nur noch Schuhe anziehen!«
    16
    Als Henning das Restaurant Jarlen mit seinem goldbraunen Holzboden betritt, fällt ihm als Erstes die horizontal geteilte, oben rote und unten weiße Wand auf. Die Lampen an den Wänden sehen wie Hüte aus, die irgendein Spaßvogel umgedreht hat. Auf den Tischen liegen weiße Tischdecken und sorgsam zusammengefaltete Servietten, trotzdem sind nur wenige Gäste im Lokal.
    Henning sucht sich einen Platz etwas weiter hinten und bestellt sich ein dänisches Hacksteak mit Kartoffeln, Gemüse und Roter Beete. Er mag Dänemark und die Dänen. Während er auf das Essen wartet, sieht er aus dem Fenster auf die fünf Meter hohe Mauer auf der anderen Straßenseite.
    Das Osloer Stadtgefängnis.
    Irgendwo da drinnen, denkt Henning, sitzt der Mann, der etwas über das Feuer bei ihm weiß. Er kann es kaum erwarten, Tore Pulli von Angesicht zu Angesicht gegenüberzusitzen.
    Henning ist noch immer unangenehm satt, als Geir Grønningen zweieinviertel Stunden nach dem kurzen Gespräch im Klub in dem Lokal auftaucht. Er ist frisch geduscht, trägt eine schmal geschnittene Lederhose, und das hautenge weiße T-Shirt droht, von seinem Bauch gesprengt zu werden. Seine Schritte sind fest und entschlossen. Seine Arme hängen ein gutes Stück seitlich des Oberkörpers, als hätte er Schmerzen in den Achseln. Die Haare liegen offen auf seinen Schultern, und Henning fällt auf, dass sich

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