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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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sieht sich um, Gedanken rasen durch seinen Kopf. Dann legt er seine Finger fester um das Messer und bewegt sich langsam in Richtung Wohnzimmer.
    89
    Es ist still. Thorleif hält die Luft an, sieht auf das Messer und spürt das Gewicht des Stahls. Er hat nie zuvor ein Messer in der Hand gehalten, um jemanden anzugreifen oder um sich zu verteidigen. Allein der Gedanke daran, der verzweifelte Versuch, eine Waffe gegen einen Menschen zu richten, erfüllt ihn mit Abscheu. Aber dann denkt er: Du hast das schon einmal gemacht. Du hast schon einen Menschen getötet. Und du hast es getan, um deine Familie zu schützen.
    Er legt den Kopf schräg und hört unmittelbar vor der Hütte Schritte. Verdammt, denkt er. Irgendwie muss der Mann herausgefunden haben, dass die Hütte einem Jugendfreund von ihm gehört. Thorleif atmet tief durch und wartet. Ein Schweißtropfen rinnt von seiner Stirn über die Schläfe. Er hebt sein T-Shirt an und wischt sich damit das Gesicht ab. Dann trocknet er den Griff des Messers ab und nimmt es wieder in die Hand.
    Gleich darauf hört er die Tür knarren.
    Schritte auf dem Boden.
    Sein Herz hämmert bis in seinen Kopf hinein. Thorleif schließt die Augen und hört das Rascheln von Kleidung. Langsame Schritte. Kontrollierten Atem. Er versucht, sich zu konzentrieren, denkt, dass er genau im richtigen Moment zustoßen muss, ohne Furcht, ohne zu zögern.
    Die Schritte stoppen vor der Tür, hinter der er sich versteckt. Thorleif hält die Luft an, fixiert die Klinke. Sie bewegt sich langsam nach unten. Die Tür öffnet sich ruhig und verbirgt Thorleif, der sich ganz dünn macht. Als Erstes sieht er einen Arm, eine Hand, unbewaffnet. Er stößt mit aller Kraft zu, schwingt den Arm um die Tür und spürt, wie das Messer auf Widerstand stößt, in einen Körper eindringt und stecken bleibt. Ein Schrei, laut und gellend. Thorleif zieht das Messer zurück und will erneut zustoßen, als eine Hand sein Handgelenk umklammert. Er tritt aus seinem Versteck hinter der Tür hervor und starrt direkt in die Augen des Mannes. Das Messer hat ihn in der Schulter getroffen, Blut sickert durch die schwarze Lederjacke. Thorleif beißt die Zähne zusammen und versucht, seinen Gegner noch einmal mit dem Messer zu attackieren, aber es gelingt ihm nicht. Der Mann ist zu stark. Thorleif tritt zu, trifft das Schienbein des Mannes, der sich nicht vom Fleck rührt, sondern vor Wut brüllend das Messer abwehrt. Verzweifelt versucht Thorleif, noch einmal zuzustoßen, aber ihm schwinden die Kräfte, während er nach hinten in Richtung Schlafzimmer gedrückt wird. Er stemmt seine Joggingschuhe in den Boden, aber der Mann ist zu kräftig, er schiebt ihn einfach weiter und dreht dabei Thorleifs Handgelenk immer weiter um. Er versucht, der Kraft und dem stechenden Schmerz entgegenzuarbeiten, aber es tut so weh, so verdammt weh, als würde sein Arm jeden Augenblick brechen. Dann rutscht das Messer aus seiner Hand und fällt zu Boden.
    Thorleif spürt den Blick des Mannes auf sich. Seine Augen leuchten eiskalt und aggressiv, und im nächsten Augenblick erhält Thorleif einen Schlag in den Magen, der ihm den Atem raubt. Er klappt zusammen, hält sich den Bauch, spürt einen weiteren Schlag, dieses Mal auf den Rücken, und seine Beine klappen unter ihm weg. Seine Knie schlagen auf dem Boden auf, und er bleibt hocken und versucht, Luft zu bekommen.
    Blutstropfen treffen Thorleif im Nacken und auf dem Rücken. Er hört weitere Schritte in der Hütte, aber keine Stimmen. Plötzlich ist es im Schlafzimmer eng und voll. Thorleif blickt auf zwei Männer, die irgendwie osteuropäisch aussehen.
    »Du blutest«, sagt einer von ihnen.
    »Natürlich blute ich«, faucht der Mann.
    Thorleif bleibt auf den Knien hocken und atmet tief durch. Seine Augen suchen nach dem Messer, aber es ist zu weit weg. Es ist vorbei, denkt er. Jetzt ist alles aus.
    »Nimm ihn mit nach draußen«, sagt der Mann. »Und mach hier drinnen sauber. Verdammt!«
    Ein Schatten schiebt sich über Thorleif, als einer der anderen sich über ihn beugt. Er schließt die Augen, wartet auf den Todesstoß oder den Arm, der sich um seine Kehle legt und ihm die Luft abschnürt. Stattdessen wird ihm aufgeholfen. Er öffnet die Augen und starrt auf einen Mann, der einen halben Kopf kleiner ist als er.
    »Komm«, sagt der Mann.
    Thorleif lässt sich apathisch nach draußen geleiten. »W… wohin gehen wir?«, fragt er. Er erhält keine Antwort. Dann steht er draußen vor der Hütte in der

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