Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
Vom Netzwerk:
Familie hat dort eine Hütte.«
    Einar , denkt Mjønes. Die letzten Mosaiksteinchen fallen an ihren Platz.
    »Okay«, sagt er leise. »Schick mir alles, was du an Informationen hast, als Mail.«
    »Okay.«
    Mjønes bleibt stehen und denkt an das Mädchen von der Rezeption. Sie kennt sein Gesicht und weiß, wer Brenden ist; und sollte dieser im Laufe der nächsten Tage tot in Ustaoset gefunden werden, wird sie eins und eins zusammenzählen.
    Er dreht sich zu der Tür um, durch die er gerade nach draußen gegangen ist. Dann schüttelt er den Kopf. Immer der Reihe nach, sagt er zu sich selbst. Das Wichtigste zuerst.
    87
    Erst als er in die Hütte kommt, wird Thorleif bewusst, dass er die ganze Zeit über nicht geatmet hat. Keuchend hebt er die Schultern und pumpt Luft in seine Lunge, dann stemmt er die Hände auf seine Oberschenkel, um nicht umzufallen. Eine ganze Weile lang bleibt er so stehen, bis er vor einem Küchenschrank auf den Boden rutscht, den Blick an die Decke gerichtet, und die Augen schließt.
    Nach einer Ewigkeit, in der er gegen seine Verzweiflung ankämpft, steht er auf und schleicht auf unsicheren Beinen zum Fenster. Vorsichtig schiebt er die Gardine zur Seite und blickt nach draußen. Der Abend ist matt und dunkel. Vom Mond ist nicht mehr viel zu erkennen, ein schmaler, fingernagelgroßer Rest lugt hinter den Wolken hervor. Auf dem Weg hinauf zur Hütte ist niemand zu sehen.
    Vielleicht war es dumm, zurück zur Hütte zu gehen, denkt Thorleif, aber wo sollte er sich sonst verstecken? Jetzt da er über die Landschaft blicken kann und den Weg und die anderen Hütten deutlich erkennt, wird ihm bewusst, dass seine Entscheidung vielleicht gar nicht so falsch war. Von seiner Position aus kann er jeden sehen, der sich der Hütte nähert. Er muss einfach nur dort stehen bleiben, wo er sich jetzt befindet, und aufpassen. Sich wach halten und warten. Aber was soll er tun, wenn der Mann tatsächlich kommt?
    Thorleif sieht sich um. Er kann sich nicht erinnern, ob er im Werkzeugschuppen irgendeine Waffe ausgemacht hat, aber eine Axt sollte es dort doch geben, denkt er. Dann entdeckt er den Messerblock neben dem Spülbecken. Er nimmt das größte Messer heraus. Es wirkt scharf und stabil. Er ist sich bewusst, dass er nur einen Versuch haben wird und bereits mit dem ersten Stoß richtig treffen muss.
    Thorleif legt das Messer auf den Tisch und blickt wieder nach draußen. Der Himmel hat sich im Laufe der letzten Minuten verdunkelt, aber er sieht niemanden. Hört niemanden. Seine Augenlider schließen sich, und er fährt sich mit der Hand über das feuchte Gesicht. Das T-Shirt klebt an seinem Körper. Du musst ruhig bleiben, Thorleif, ermahnt er sich selbst. Dich konzentrieren.
    Du warst schon in übleren Situationen als dieser hier.
    Ein dunkler Mercedes Kombi hält vor der roten Informationstafel, die wie eine Hütte gestaltet ist. Ørjan Mjønes, der beim Warten an der linken Wand eines Kiosks gelehnt hat, tritt vor und geht zu Jeton Pocoli und Durim Redzepi, die aus dem Wagen steigen.
    »Was geht ab?«, fragt Pocoli.
    »Er ist da oben«, sagte Mjønes und nickt in Richtung Hallingskarvet, während er sein Handy zur Hand nimmt und die E-Mail lädt, die Flurim Ahmetaj ihm geschickt hat. Die Mail beinhaltet eine jpg-Datei mit einem Übersichtsplan der Hütten in Ustaoset. Eine der Hüttennummern ist rot eingekreist.
    Pocoli und Redzepi treten näher.
    »Da ist der Weg«, sagt Mjønes und streckt den Arm aus. »Es geht da rechts hoch.« Er dreht sich in Richtung Tankstelle um und zeigt nach rechts auf die Rückseite des braunen Gebäudes. »Und da oben ist seine Hütte.« Er deutet auf den roten Kreis. »Da oben sind massenhaft Hütten, aber ich verwette meinen Arsch, dass er genau da ist.«
    »Aber sieht er uns nicht, wenn wir über den Weg nach oben gehen?«, fragt Pocoli.
    »Doch, und genau deshalb werden wir das nicht tun. Wir müssen uns verteilen. Bevor die Steigung anfängt, gibt es einen Weg, der Nystølvegen heißt. Ihr nehmt diesen Weg und folgt ihm ein Stück weit.«
    »Aber sieht er uns da nicht von der Hütte aus?«
    »Mag sein, aber euch kennt er noch nicht. Er kennt nur mich.«
    Pocoli nickt. »Und dann gehen wir einen großen Bogen und nähern uns der Hütte von hinten?«
    »Ja. Verteilt euch, damit ihr die Rückseite der Hütte im Blick habt. Maximal fünfzig Meter entfernt. Und es macht nichts, wenn ihr euch Zeit lasst. Die Chancen, dass er unaufmerksam wird, steigen sicher, wenn er eine ganze Weile

Weitere Kostenlose Bücher