Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
Vom Netzwerk:
jetzt ins Bett.«
    »Dann holen wir sie eben morgen. Komm, wir gehen, du musst jetzt nämlich auch schlafen.«
    »Ich will aber nicht.«
    »Das spielt keine Rolle, weißt du, du musst.«
    »Aber Papa, ich habe doch noch nicht mal zu Abend gegessen.«
    Thorleif seufzt. »Okay. Was willst du haben?«
    »Chips.«
    »Chips? Aber Julie, welcher Tag ist heute?«
    Sie denkt nach. »Samstag?«
    »Guter Versuch.« Er lacht. »Ich kann dir ein Knäckebrot machen. Oder willst du lieber einen Apfel? Du entscheidest.«
    »Hmm, dann nehme ich den Apfel.«
    »Danach geht es dann aber direkt ins Bett, okay?«
    »Ist gut, Papa.«
    »Setz dich.«
    »Aber Papa, ich muss mir doch erst eine Hose anziehen.«
    Er lacht wieder. »Dann geh, und zieh dir etwas an. Ich mach dir in der Zeit den Apfel fertig.«
    Sie verschwindet in ihrem Zimmer, aus dem sofort die verschiedenen Schubladen zu hören sind. Kurz darauf kommt sie in einer Hello-Kitty-Unterhose zurück, die sie so weit hochgezogen hat, wie es nur geht. Sie bleibt stehen und schneidet eine Grimasse, die schnell in ein Weinen übergeht.
    »Was ist denn los?«, fragt Thorleif erschrocken und geht zu ihr. Julie hält sich den großen Zeh, während ihr die Tränen über die Wangen rinnen. Diese verdammten Splitter im Boden, denkt er, immer bleibt man daran hängen. Sie haben schon so lange vor, endlich etwas dagegen zu tun, hatten bislang aber nicht das Geld dafür. Thorleif tröstet sie, so gut er kann, und schon bald versiegen ihre Tränen.
    Als sie sich an den Tisch gesetzt und das erste Stück Apfel gegessen hat, klingelt das Handy auf der Fensterbank. Thorleif hat von einer unbekannten Nummer ein Foto geschickt bekommen. Ein ungutes Gefühl beschleicht ihn. Er lädt das Bild. Die Farben heben sich nur schwach von dem dunklen Raum ab. Auf einem kleinen runden Tisch stehen Gläser. An der Wand hängt ein Bild. Die Details sind unscharf, aber er erkennt eine Gruppe lächelnder Frauen. An der mittleren der Frauen bleibt sein Blick hängen.
    Das ist Elisabeth.
    Er sieht sich einige der anderen genauer an.
    Die Fußballmütter.
    Unter dem Bild steht auf Schwedisch:
    Wie hübsch deine Frau ist.
Willst du, dass sie so hübsch bleibt?
    33
    Thorleif läuft im Zimmer auf und ab und blickt unablässig auf die Uhr und zum Telefon. Es ist bald halb zwölf. Verdammt, denkt er, warum kommt sie so spät?
    Sie hat nicht einen seiner Anrufe angenommen. Natürlich nicht. Wenn Elisabeth ausgeht – insbesondere mit ihren Freundinnen –, scheint der Rest der Welt für diese Zeit nicht mehr zu existieren. Im Grunde genommen beneidet er sie um diese Fähigkeit. Thorleif selbst kann es nie sein lassen, immer wieder einen Blick auf sein Handy zu werfen. Elisabeth ist da ganz anders. Dabei wäre es so wichtig, dass sie heute einmal ihre Regel bricht. Verdammt, wo bleibt sie nur?
    Nachdem die Kinder eingeschlafen sind, überlegt Thorleif, ob er sie suchen soll, um sicherzugehen, dass es ihr gut geht. Aber wenn er dabei entdeckt wird, würde alles nur noch schlimmer. Außerdem wüsste er gar nicht, wo er suchen sollte! Oslo ist groß, sie könnte überall sein.
    Thorleif sieht wieder auf die Uhr. Ich muss irgendetwas tun, denkt er. Was, wenn ihr auf dem Rückweg etwas passiert ist? Oder wenn sie mit ihr gesprochen und auch sie bedroht haben?
    Da hört er unten die Haustür ins Schloss fallen. Gott sei Dank!, denkt er. Das muss sie sein. Schritte nähern sich. Vor der Wohnungstür klimpern Schlüssel. Er öffnet, bevor sie aufschließen kann.
    »Huch!«, platzt Elisabeth heraus. »Hast du mich erschreckt!«
    Sie riecht nach Alkohol.
    »Kommst du eigentlich nie auf die Idee, dass jemand versucht, dich zu erreichen, wenn du in der Stadt bist?«
    Elisabeth bleibt stehen. »Hm?«, brummt sie müde. »Du hast versucht, mich anzurufen?«
    »Ja, verdammt. Mehrmals. Hast du das nicht gehört?«
    »Nein, ich …«
    Schnaubend läuft Thorleif in die Küche.
    »Wie wär’s mit: Hallo, wie war’s, hattest du einen schönen Abend?«, fragt sie spitz, als sie die Tür hinter sich schließt.
    Thorleif dreht den Wasserhahn auf.
    »Gab es denn etwas Wichtiges?«, fragt sie und zieht sich die Schuhe aus.
    Thorleif füllt ein Glas mit Wasser.
    »Ist irgendetwas passiert? Ist alles in Ordnung?«
    »Nein, verdammt. Gar nichts ist in Ordnung!«, ruft er, nachdem er einen Schluck getrunken hat.
    »Aber was ist denn los? Was ist passiert?«, fragt sie und kommt zu ihm in die Küche. »Ist etwas mit den Kindern?«
    »Nein, das

Weitere Kostenlose Bücher