Vergiss es Baby - Roman
vorübergehend.« Das hoffte er zumindest. Wenn er erst einmal einen neuen Vertrag in der Tasche hatte, gab es keinen Grund mehr, sich weiterhin an Marlene zu halten. Natürlich würde er sie finanziell entschädigen, da wäre er nicht kleinlich. Die eine oder andere Million war er ihr schuldig.
Das Läuten des Telefons unterbrach seine Gedanken. Ausgerechnet jetzt!
»Ich habe momentan keine Wohnung«, fuhr er unverblümt fort und zuckte die Achseln, »ich weiß nicht, wohin.«
Marlene ignorierte das Telefon immer noch.
»Das ist dein Problem«, sagte sie kalt.
Schließlich ging sie doch an den Apparat, der auf dem Nachttisch stand. Als sie den Hörer abnahm, zitterte ihre Stimme leicht.
»Lass das gefälligst!«, zischte sie Valentin zu, der versuchte, ihr den Hörer zu entwenden. Schnell hielt sie die Hand über die Muschel. »Ich versuche, zu telefonieren.«
»Mama, ich ruf dich gleich zurück.« Sie drehte sich so geschickt um die eigene Achse, dass er zwar an das Telefon, nicht aber an den Hörer kam.
»Kind! Ist jemand bei dir?« Irgendwie musste er an den Knopf für den Lautsprecher geraten sein. Die Stimme am anderen Ende der Leitung dröhnte durch das Zimmer. »Eigentlich wollte ich ja mit dir frühstücken, aber ich sehe schon, du hast bessere Gesellschaft gefunden.«
»Nein, Mama. Das ist nur der Fernseher.«
»Ach ja? Du empfängst ein deutsches Programm? Wie hast du das geschafft? George und ich haben es auch versucht, aber wir hatten kein Glück.«
Erfolglos drückte Marlene auf der Tastatur herum.
»Aber Kind! Ich höre doch, dass jemand bei dir ist. Ich freue mich ja so für dich! Endlich hast du mal wieder einen Lover! Wie war er denn so?« Marlenes Bemühen, gleichzeitig Mamas Geplapper zu ignorieren, Valentin abzuwehren und den Lautsprecher auszuschalten, wurde immer verzweifelter.
»Hoffentlich hattest du mal wieder richtig guten Sex! Über Karl beschwerst du dich doch ständig. Ich weiß eh nicht, warum du ihn immer Karl den Großen nennst.« Ein Kichern folgte. »Karl die Minigurke wäre passender, findest du nicht?«
Das war der Moment, in dem Marlene der Hörer aus der Hand fiel.
Valentin reagierte blitzschnell. Während am anderen Ende der Leitung eine Abhandlung über das trostlose Sexualleben der Marlene Dittrich folgte, über das ihre Mutter anscheinend bestens informiert war, riss er den Hörer an sich.
»Lass meine Mutter da raus«, fauchte sie ihn an und zog an der Telefonschnur.
»Warum sollte ich?« Noch hatte er eine Hand über der Muschel. »Bestimmt brennt sie darauf, ihren Schwiegersohn kennenzulernen.«
Die werte Frau Mama lud ihn freundlicherweise gerade zum Mittagessen ein.
»Ich werde mich ihr mal eben vorstellen.« Jetzt wurden am anderen Ende der Leitung die infrage kommenden Restaurants aufgezählt, während er nun endlich den Lautsprecher ausschaltete. Noch immer hielt er den Hörer an sein Ohr und hörte interessiert zu.
»Wirst du nicht.«
»Dann lass mich zu dir ziehen.«
»Auf gar keinen Fall!«
Langsam löste er die Hand von der Muschel.
»Okay, okay! Unter einer Bedingung.«
»Und die wäre?«
»Unsere angebliche Ehe bleibt geheim. Niemand erfährt davon.«
»Einverstanden.« Das war ihm mehr als recht. Sie boxte ihn in die Seite und eroberte so den Telefonhörer zurück. Egal. Ein weiteres Problem war gelöst.
Kapitel sechs
Marlene stellte ihre Rückenlehne senkrecht und nahm dankbar den Tomatensaft entgegen, den ihr eine freundliche Stewardess reichte. Das Lunch-Tablett, Rinderbraten mit Rotkohl und Kartoffelpüree, hatte sie nicht angerührt. Sie war zu aufgeregt, um zu essen. Die Aussicht, stundenlang zwischen Mama und Georg eingekeilt zu sein, ohne sich die Beine vertreten zu können, trug auch nicht gerade zu ihrer Erheiterung bei. Georg war kurz nach dem Start eingenickt und bis jetzt nicht aufgewacht. Ihre Mutter, für die Schlaf eine Notwendigkeit war, die man umging, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot, blätterte lustlos in einer amerikanischen Frauenzeitschrift. Es war ihr anzumerken, wie sehr sie darauf brannte, mit pikanten Details über den geheimnisvollen Unbekannten versorgt zu werden, der ihre Tochter offenbar gehörig verwirrt hatte. Bis jetzt hatte Marlene es noch geschafft, eine desinteressierte Miene zur Schau zu stellen. Doch wie lange würde sie die neugierigen Fragen ihrer Mutter noch abwehren können?
Gott sei Dank hatte ihr frischgebackener Ehemann es nicht geschafft, einen Platz im selben Flieger zu
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