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Vergiss es Baby - Roman

Vergiss es Baby - Roman

Titel: Vergiss es Baby - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Sanders
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schob ihr einen Stuhl zurecht und sah sich nach dem Rotwein um. Falls sie den liebevoll gedeckten Tisch - eine Insel der Behaglichkeit inmitten des Chaos - bemerkte, ließ sie es sich nicht anmerken. Er goss ihr ein, und schon bald entfaltet der Wein seine Wirkung. Sie begann zu reden.
    Zuerst verstand er kein Wort. Erst nach und nach ging ihm auf, dass sie ihn in die Geheimnisse des Fertiggerichteverkaufs einweihte und in die Schwierigkeiten, die man eben hatte, wenn man im Außendienst plötzlich ohne fahrbaren Untersatz dastand. Die zweite Überraschung des Tages. Erst ließ sie seine
Nähe zu, und jetzt erlaubte sie ihm, an ihrem Leben teilzuhaben. Sie musste wirklich verzweifelt sein.
    Dabei hatte er die Lösung schnell gefunden. Es war so einfach. Er würde sie fahren. Er hielt zu ihr, in guten wie in schlechten Zeiten. Das hatte er vor dem Pfarrer geschworen. Amen.
    »Hast du denn nichts zu tun?«, fragte sie verwundert, nachdem sie seinen Vorschlag gehört hatte. Er hielt ihr den Teller mit den italienischen Köstlichkeiten hin, und sie ließ sich nicht lange bitten.
    »Doch. Genug. Ich renoviere.« Unauffällig schenkte er ihr Wein nach.
    »Wieso das denn?« Sie schien ehrlich entsetzt. »Sind die Handwerker nicht gekommen?
    »Sieht ganz so aus. Aber ich bin ja da.« Ein Grinsen schlich sich in sein Gesicht. »Auf mich ist Verlass.«
    »Aber …«, sie kam gar nicht dazu, Bedenken zu äußern. Diesmal war er schneller.
    »Du musst doch zugeben, das ist die perfekte Tarnung. Jeder wird denken, du stehst auf mich und hast mich engagiert, um mich in deiner Nähe zu haben.«
    Arroganter Kerl! Aber er hatte gar nicht mal so unrecht. Natürlich könnte sie Valentin als Freund vorstellen, der in einer anderen Stadt lebte und sie für ein paar Tage besuchte. Aber das war riskant. Karl hatte feine Antennen und auf seine Eifersucht, die meist unbegründet war, konnte sie gut verzichten. Ebenso darauf, zu erfahren, wie er reagieren würde, wenn sie ihm tatsächlich einen Grund dafür lieferte. Aber hatte sie das denn vor? Außerdem war Florian mit Karl befreundet. Es gehörte nicht viel Fantasie dazu, davon auszugehen, dass ihm eventuelle
Distanzierungsabsichten umgehend zugetragen werden würden.
    »Übrigens … bei der Gelegenheit fällt mir ein … wir haben noch gar nicht über mein Gehalt gesprochen.«
    »Sehr witzig.«
    »Zwanzig Euro pro Stunde, das erscheint mir fair.« Er klopfte ihr auf den Rücken und hielt ihr ein Glas Wasser hin. »Bar auf die Hand. Bei frei Kost und Logis. Chauffeurdienste können wir pauschal berechnen. Aber ich bestehe auf angemessenen Schlafplatz. Ich schlage dein Bett vor.«
    »Vergiss es!« Es musste ihr in den Fingern jucken, ihm wahlweise eine zu scheuern oder ihn rauszuwerfen. Während er noch überlegte, was sie davon abhielt, eins von beiden zu tun, war sie bereits aufgesprungen. Drohend baute sie sich vor ihm auf.
    »Anscheinend reicht es dir nicht, dich hier in der Wohnung breitzumachen und dich in mein Leben einzumischen.« Ihre Stimme überschlug sich, und sie schwenkte ihr Weinglas bedrohlich nah an seinem Gesicht. »Nein, du musst natürlich auch noch versuchen, aus dieser Situation Kapital herauszuschlagen.«
    »Vergiss nicht, dass ich für mein Geld auch arbeite.«
    »Ha«, fauchte sie. »Das ändert nichts. Die paar Euro ab und zu bringen dich nicht weiter! Du brauchst eine Perspektive. Einen richtigen Job. Ein regelmäßiges Einkommen. Schon mal davon gehört?«
    Fälschlicherweise nahm er an, sie habe ihr Pulver verschossen, als sie sich wieder setzte. Er hätte es besser wissen müssen.
    »Ist natürlich schwierig. Das sehe ich ein.« Scheinbar ruhig
biss sie in eine eingelegte Artischocke. »Der Job, den du in der Lage wärest, auszufüllen, der müsste wohl erst noch erfunden werden.«
    In diesem Moment wünschte er nichts sehnlicher, als den Eindruck des mittellosen Losers zu revidieren, den er in ihren Augen zweifellos abgab.
    »Was hast du eigentlich früher gemacht?« Neugierig sah sie ihn an. »Irgendwann musst du doch mal irgendwas gearbeitet haben.«
    Die Augen seiner Angetrauten funkelten spöttisch, während sich ihre Lippen für eine aufgerollte Scheibe Parmaschinken öffneten, die sie sich mit den Fingern hineinschob.
    Früher! Früher war gerade einmal eine Woche her! Trotzdem hatte er das Gefühl, seit dem Schlusspfiff in der Hamburger Arena war eine Ewigkeit vergangen, was nur zeigte, wie sehr sich sein Leben verändert hatte. Nicht nur, dass er

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