Vergossene Milch
von dreitausend
Réis
an, dazu die Finanzierung der Umbauten im Chalet, vorausgesetzt, ich verzichtete auf das Angebot des Verräters. Am Ende brachte ich es auf viertausend, und als Zugabe den gebrauchten Ford, nachdem ich ihr klargemacht hatte, dass der Assessor eines Bundesabgeordneten nicht weniger verdiente. Ich ging zu meinem künftigen Schwiegervater, dankte ihm für sein Angebot, gab aber zu bedenken, dass meine Wurzeln im konservativen Lager mir nicht erlaubten, für einen liberalen Parlamentarier zu arbeiten. Er antwortete, dass er meine Überzeugung respektiere, dass er aber auch die Hand seiner Tochter, fast noch ein Kind, nicht einem wankelmütigen Mann anvertrauen könne. Da griff Matilde zu dem entscheidenden Argument, sie teilte ihren Eltern mit, sie sei schwanger. Das stimmte nicht, Matilde war niemals von ihrer Absicht abgerückt, als Jungfrau in die Ehe zu gehen. Aber für einen Abgeordneten des Bundesparlaments, mochte er noch so liberal sein, gehörte es sich nicht, eine Tochter mit unehelichem Kind zu haben. Also gab der Abgeordnete seine Tochter her, und seine Wähler haben nie erfahren, dass er sie im selben Augenblick enterbte. So wie auch niemand von der Hochzeit erfuhr, die Trauung fand diskret in der Villa statt, wir ließen keine Einladungen drucken, das Aufgebot wurde in einer der Zeitungen veröffentlicht, die achtbare Leute nicht lasen. Auf Bitten meiner Mutter machte sich der Priester der Kathedrale Candelária von seiner Pfarrei auf den Weg, und ich hatte den Eindruck, dass er errötete, als ich vor ihm stand. Er hielt seine Predigt mit gesenktem Kopf, und er sah bekümmerter aus als bei der Trauerfeier für meinen Vater, vielleicht war er durch Matildes zwanglose Aufmachung in einem rotgeblümten Kleid gekränkt. Trauzeugen auf meiner Seite waren Mama und Auguste, der Chauffeur, den mein Vater noch vor dem Krieg mit seinem ersten Peugeot aus Frankreich importiert hatte. Auf Matildes Seite behalf man sich mit Onkel Badeco, einem Bruder von Mama, der sich gerade auf der Durchreise in Rio de Janeiro befand. Und die vierte Trauzeugin sollte eigentlich die Waschfrau sein, doch trat an deren Stelle Matildes Mutter, die überraschend erschien, als die Zeremonie schon in vollem Gang war. Sie trug denselben Hut wie zur Messe für meinen Vater, mit einem dunklen Schleier, der ihr Gesicht bedeckte, und sie war die Einzige, die neben Mama das Abendmahl nahm. Seitdem freundeten die beiden sich näher an, und es gab regelmäßig in der Villa Tee mit Brioche und Austausch von Klagen. Und eines Tages rückte Matildes dicke Mutter damit heraus, dass diese nicht ihre Tochter sei, sondern die Frucht eines Abenteuers des Abgeordneten da oben in Bahia. Mama bestellte mich sogleich in die Villa und eröffnete mir die Sache in der Bibliothek meines Vaters, wo ernste Angelegenheiten behandelt wurden. Er hat bestimmt noch mehr, sagte sie, dieser Verräter hat bestimmt noch andere Familien da oben. Und nach einem Seufzer fügte sie hinzu, oh, diese Leute aus dem Norden. Ich für mein Teil denke, dass es eine reine Erfindung war, Matildes Mutter wollte sich von jeder Schuld freisprechen, weil sie ihre Tochter nicht gegen die väterliche Ablehnung in Schutz genommen hatte. Ich bin der Sache nicht weiter nachgegangen, und Matilde hätte bestimmt darüber gelacht. So wie ich mich heute darüber amüsiere, wie kindlich empört ich war, als in meiner Schule verbreitet wurde, ich sei adoptiert. Ein banaler Scherz, jedes Kind erlebt so etwas, selbst Mama lachte etwas, als ich davon berichtete. Aber sie muss gemerkt haben, dass mich der üble Scherz getroffen hatte, denn noch am selben Tag, als sie wütend war, benutzte sie ihn, um mich zu strafen. Damals hatte mein Vater den Vorsitz im Agrarausschuss des Senats, und im Süden fand ein Aufstand von fanatischen
Caboclos
statt. Und jeden Abend rief eine Assistentin an, Mama solle nicht auf ihn warten, der Senator werde bis zum Morgen in einer ständigen Sitzung festgehalten oder in einer Konferenz mit dem Generalstab der Armee oder in einer geheimen Besprechung mit dem Präsidenten Venceslau. Mama musste das eigentlich schon gewohnt sein, mein Vater blieb oft über Nacht weg, das Land brauchte nur in eine Krise zu geraten. Aber sie wurde immer nervös, lief wie verrückt durchs Haus, stieg grundlos die Treppen hinauf und hinunter, was ich ausnutzte, um sie noch nervöser zu machen. Ich gab den Hausmädchen Fußtritte, tat, als wäre ich in Ohnmacht gefallen, und an
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