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Vergraben

Vergraben

Titel: Vergraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Cross
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… Sie wissen schon, meine geistige Verfassung. Aber es haben mehrere Leute mitbekommen, wie ich versucht habe, Mark zu schlagen, also …«
    »Ja, das haben sie.«
    »Ach so. Okay. Um wie viel Uhr war das?«
    »Kurz nach zwei.«
    »Aha. Autsch. Dann haben es wohl viele Leute gesehen.«
    »Einige. Es klang nach: Besoffener will dem Gastgeber eine reinhauen, trifft nicht, fällt fast in den Pool – das ist schon ein ziemliches Highlight. Daran erinnern sich die Leute. Also benutzen wir das als eine Art Ankerpunkt. Um damit die zeitliche Abfolge zu rekonstruieren.«
    »Verstehe. Es war kein besonders guter Schlag.«
    »Was ich gehört habe, klang eher nach Charlie Chaplin.«
    »Ah.«
    »War’s das? Sie sind gegen Mitternacht gegangen. Bob nimmt Sie mit. Sie pfeifen sich was rein. Führen ein tiefgründiges, bedeutungsvolles Gespräch. Sie gehen zurück zur Party. Versuchen Ihrem Boss eine runterzuhauen …«
    »Ich blamiere mich schrecklich. Bob fährt mich nach Hause. Ich wache auf und will sterben. Fröhliche Weihnachten.«
    Holloway blieb noch eine ganze Weile sitzen und sah Nathan aus seinen türkisblauen Augen prüfend an. Dann seufzte er und warf Hadley einen Blick zu. Sie schaute noch immer aus dem Fenster, als wartete sie darauf, dass noch ein Bus vorbeifuhr.
    »Vielleicht melden wir uns noch mal«, sagte Holloway.
    »Okay. Glauben Sie, es geht ihr gut? Dem Mädchen?«
    »Ich weiß nicht. Ich hoffe es.«
    »Aber glauben Sie, sie taucht wieder auf?«
    »Wahrscheinlich schon.«
    »Gut«, sagte Nathan. »Gut. Es ist schrecklich. Es ist schrecklich für alle.«
    Holloway nickte höflich. Hadley blickte ihn schweigend an. Dann waren sie weg, und Nathan schloss hinter ihnen die Tür.
    Er setzte sich hin und ließ den Kopf in die Hände fallen.
    Dann ging er zum Küchenschrank und holte eine Flasche Wodka heraus.
    Er füllte die Tasse, aus der Holloway getrunken hatte.
    Der Wodka brannte auf dem Weg nach unten in seiner Kehle und lag ihm wie geschmolzenes Glas im Magen. Er leerte die Flasche. Aber es genügte nicht.

    Sara rief an.
    »Hast du schon eine Wohnung gefunden?«
    »Nein«, antwortete Nathan. In ihre zähneknirschende Stille sagte er: »Es war eine krasse Woche. Hast du Zeitung gelesen?«
    Mit leiser Stimme fragte sie: »Was hältst du davon? Du kennst ihn doch. Ist da … könnte da was dran sein?«
    Tödlich beleidigt unterbrach er sie: »Das Letzte, was Mark jetzt gebrauchen kann, ist, dass auch noch seine Freunde über ihn herziehen.«
    Sie schämte sich und ließ Nathan deshalb noch eine Woche in der Wohnung bleiben. Eine Woche, mehr nicht. Wenn er dann nicht weg war, würde sie ihn rauswerfen lassen.
    Sie hatte Brüder.
    Er bedankte sich und sagte, er würde sich so schnell wie möglich was suchen.
    Er legte auf.
    Das Telefon klingelte sofort wieder.
    Er nahm ab.
    »Was denn noch?«
    Es war nicht Sara. Es war ein Journalist der Boulevardpresse namens Keith. Keith bot Nathan eine Summe in Höhe seines halben Jahresgehalts dafür, dass er über Mark Derbyshire redete.
    Nathan schaute den Hörer an, als sei er ein fester, warmer, feuchter, halb erigierter Penis.
    Er fragte: »Woher haben Sie meine Nummer?«, und ohne eine Antwort abzuwarten, knallte er den Hörer auf.
    Er rollte sich auf dem Sofa zusammen und versuchte zu schlafen.
    Er erwachte in der Dämmerung und ging zur Arbeit. Er wurde gefeuert.

    Howard und er, nun beide arbeitslos, gingen etwas trinken.
    »O Mann«, stöhnte Howard. »Was für eine Woche.«
    Nathan stieß mit ihm an.
    »Scheiß drauf«, meinte er.

    Mark Derbyshires Festnetzanschluss war abgeschaltet worden. Deshalb rief Nathan ihn am frühen Nachmittag auf seinem neuen Handy an. Nur vier Leute kannten die Nummer. Mark ging fast augenblicklich dran.
    »Ich bin’s, Nathan«, sagte Nathan.
    Er wusste nicht, von wo aus Mark Derbyshire mit ihm sprach, aber er hatte den Eindruck, er war allein in einem Hotelzimmer, sah Sky Sport und wartete nur darauf, dass das Telefon klingelte.
    »Was fällt dir denn ein?«, fragte Mark. »Ich versuche, diese Leitung freizuhalten, verdammt noch mal.«
    »Ich wurde gefeuert.«
    »Das weiß ich. Es ist noch immer meine beschissene Sendung. Das weiß ich.«
    »Es ist deine Sendung. Aber ich habe keinen Job mehr. Howard auch nicht.«
    »Howard wird schon was finden. Wahrscheinlich hat er schon was Neues.«
    »Howard ist mir egal.«
    »Sobald ich wieder auf Sendung bin«, sagte Mark, »hole ich Howard zurück. Er wird schon was finden.«
    »Howard

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