Vergraben
worden. Er durfte nicht bei der Marketingabteilung sitzen.
Die Familie Fox war am Abend wieder im Fernsehen, und am Morgen war sie in den Zeitungen.
Während der folgenden zwei Wochen gewöhnte er sich beinahe daran, sie in den Nachrichten oder in Zeitschriften und Zeitungen zu sehen: das fein geschnittene Gesicht des Vaters, der Ausdruck verwirrter Tüchtigkeit der Mutter. Und die scharfsichtige Geradlinigkeit von Elises Schwester, die in vielen Zeitungen interviewt wurde.
Sie hieß Holly.
Nathan las die Interviews wieder und wieder, bis er sie auswendig kannte.
Er wusste nicht, warum er das tat. Die Gewöhnung an Elises Namen in den Zeitungen befreite Nathan nicht von der Furcht, ihn wieder zu lesen – und machte es auch nicht möglich, ohne Licht zu schlafen.
Aber er fühlte sich mit irgendetwas in Holly Fox’ scharfsichtigem Blick verbunden und war tief bewegt. Es fühlte sich an wie eine Art Liebe, als seien sie aus dem gleichen Holz geschnitzt.
Er wünschte, dass es ihr besser ginge – dass Holly Fox glücklich sein könnte.
Nathan wünschte, dass auch er glücklich sein könnte.
Schließlich fragte er sich, ob sein und Hollys mögliches Glück, genau wie die Ursache ihres Unglücks, nicht vielleicht miteinander verbunden waren.
Das war der Zeitpunkt, als er beschloss, sie zu suchen.
13
Er musste bis nach Weihnachten warten.
Es war die schlimmste Zeit des Jahres. Selbst wenn er nach irgendeiner Firmenfeier betrunken nach Hause kam – Nathans Sozialleben bestand ausschließlich aus Firmenfeiern –, musste er eine Flasche Wein trinken und alle Lampen überprüfen, bevor er versuchen konnte, einzuschlafen. Er musste außerdem überprüfen, ob die Reservebirnen mit extralanger Brenndauer pyramidenförmig in der Küche neben dem Wasserkocher gestapelt waren.
Den Badezimmerspiegel bedeckte er jeden Abend mit einem dicken blauen Handtuch – er brachte es fest an Nägel an, die er extra zu diesem Zweck in die Wand geschlagen hatte, sodass sich das Handtuch unmöglich in der Nacht lösen und herunterfallen konnte. Wenn doch – wenn Nathan dieses plötzliche Rutschgeräusch hinter der geschlossenen Tür in der leeren Wohnung hörte – würde er ganz einfach auf der Stelle den Verstand verlieren. Der zweite Spiegel, in dem er sich ganz sehen konnte, befand sich an der Innenseite der Kleiderschranktür. Diese befestigte er mit zwei einfachen Riegeln, einem unten und einem oben. Er würde nicht riskieren, dass sie während der Nachtstunden aufschwang.
In jedem Zimmer lag eine 30 Zentimeter lange Maglite -Taschenlampe mit Aluminiumgehäuse. Obwohl er diese Taschenlampen nie benutzt hatte, wechselte er an jedem ersten Montag im Monat die Batterien und lagerte zusätzlich eine Packung Ersatzbatterien pro Taschenlampe in jedem Zimmer. Diese ungeöffnete Packung ersetzte er ebenfalls alle sechs Monate. Manchmal wachte er auf, weil er von einem Stromausfall geträumt hatte, und griff nach der kühlen Metallröhre unter seinem Kissen. Manchmal schlief er mit einer Maglite im Arm wie mit einem Teddybären.
Am Fußende lag für den Notfall ein Stapel gefalteter Kleidung bereit: ein Pulli, Jeans, Turnschuhe zum Hineinschlüpfen – falls er sich schnell anziehen und die Wohnung verlassen musste, wenn zum Beispiel das Handtuch im Bad herunterfiel oder die Schranktür knarrend aufging. Aus demselben Grund ließ er seine Schlüssel von innen in der Wohnungstür stecken.
Mit der Zeit hatte er gelernt, mit sanfterem, matterem Licht zu schlafen, was die Möglichkeit einer einzigen durchgebrannten Glühbirne weniger katastrophal erscheinen ließ. In jeder Ecke des Schlafzimmers stand eine Stehlampe, die beunruhigende Schatten vertrieb, außerdem hatte er eine Lampe auf dem Nachttisch, die er erreichen konnte, sollten die vier Stehlampen aus irgendeinem Grund gleichzeitig ausgehen.
Die Fassung für die Deckenleuchte hatte er leer gelassen, denn wenn er diese aus Versehen ein- und dann, um sich zu korrigieren, gleich wieder ausgeschaltet hätte, würde das Zimmer einen Augenblick lang etwas dunkler aussehen, selbst wenn alle vier Stehlampen brannten. Kein Grad von Dunkelheit kam in Frage.
Er hatte es mit einer Schlafmaske versucht, aber das hatte sich als unpraktisch erwiesen. Wenn Nathan ein Geräusch vernahm, ein Knacken oder Knarren oder Seufzen, hatte er erst umständlich am Rand der Maske herumfingern und das ganze Ding auf seine Stirn umklappen müssen. Stattdessen schlief er auf dem Rücken mit einem
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