Vergraben
Hast du dir was eingefangen?«
»Ich weiß nicht.«
Sie berührte seine glühende Stirn. »Gott. Du bist ja richtig krank .«
Sie stand auf und brachte ihn nach oben und ließ ihn sich ausziehen. Sie schlug die Decke zurück und er, verdorben und schwitzend, legte sich in das saubere Bett. Er behielt seine Boxershorts an; er konnte seine Genitalien riechen. Er umfasste seine pulsierenden Hoden und fiel in einen fiebrigen Schlaf. Der Hodenschmerz breitete sich bis zu seinem Kreuz aus, wie eine Prellung über seinen Nieren.
Elises Geist legte eine kühle Hand auf seine Stirn, und er erwachte mit einem Schrei. Dann sah er, dass es bloß Holly war, seine Frau. Sie steckte ihm ein Thermometer in den Mundwinkel. Es war dasselbe Instrument, mit dem sie einst ihren Eisprung bestimmt hatte. Sie wartete, dann zog sie es heraus und hielt es ins Licht, das aus der Diele ins Zimmer fiel.
»Du glühst.«
Er streckte die Hand aus und griff nach ihren Fingerspitzen.
Sie sagte: »Schlaf jetzt. Ich fahr zur Apotheke und hol dir was gegen das Fieber.«
Er setzte sich auf. Packte sie am Handgelenk.
»Geh nicht.«
»Wir müssen das Fieber senken. Ich bin in zwanzig Minuten wieder da.«
»Bitte geh nicht.«
Sie sah ihn an – von hinten beleuchtet, mit erhobenem Thermometer in der Hand.
Er sagte: »Lass mich nicht allein im Haus.«
Langsam senkte sie das Thermometer.
»Du hast Angst im Dunkeln, stimmt’s?«
»Ja.«
Sie setzte sich auf die Bettkante und nahm seine Hand.
»Du sprichst nie darüber.«
»Würdest du über so was sprechen?«
»Glaubst du, ich würde dich auslachen?«
»Ja.«
Sie lachte.
»Siehst du«, sagte er.
Sie beugte sich ein wenig näher zu ihm. »Was ist passiert, dass du dich so fürchtest?«
Er drehte sich auf die Seite.
»Nichts.«
Er spürte, wie sie ihn ansah.
Sie fragte: »Soll ich das Licht anmachen?«
»Ja, bitte. Und lass die Tür offen.«
Sie küsste ihn auf die Stirn und schaltete die Leselampe ein. Sie ließ die Schlafzimmertür angelehnt. Er hörte, wie sie die Treppe hinunterging, nach dem Telefon griff und es mit ins Wohnzimmer nahm. Sie würde ihre Mutter anrufen und sie um Rat bitten, wie man einen Mann behandelte, der nie krank wurde und der sie nicht aus dem Haus gehen ließ, um Medikamente zu holen.
Er erwachte von einem kühlen Flanelltuch auf seiner Stirn.
Holly drückte ihm eine Tasse in die Hand: Lemsip Cold & Flu .
Er fragte: »Wo hast du das her?«
»Pst«, machte Holly.
Er bekam Panik. »Bist du weggegangen ?«
Dann sah er June im Türrahmen stehen. Sie war zu einer vierundzwanzig Stunden geöffneten Apotheke in der Innenstadt gefahren. Nathan schaute sie an. Dann schaute er Holly an. Sie strich ihm das schweißnasse Haar zurück.
»Jetzt werd gesund.«
Später das Geräusch der sich schließenden Haustür: June ging nach Hause. Er stellte sie sich am Steuer vor, ein Lichtkreis in der Dunkelheit, wie sie an der Erde vorbeirauschte, in der ihre Tochter lag.
25
Am Morgen weckte Holly ihn mit einem weiteren Lemsip und einem Abschiedskuss.
Er trank das Lemsip , zog dann einen Jogginganzug, dicke Socken und einen Bademantel an und humpelte ins Heimbüro.
Hollys Arbeitsplatz bestand aus einem Schreibtisch aus Chrom und Glas, einem Compaq Desktop-PC, der alle paar Jahre ausgetauscht wurde, einem Aktenschrank, einem billigen Plastik-Bleistiftsammler, übereinander gestapelten Ein- und Ausgangsablagen, einem Tischkalender und einem Handyladegerät. Nathan hatte sich einen kleineren Arbeitsplatz eingerichtet: ein Eckschreibtisch, ein Laptop, sonst nichts.
Er loggte sich ein und überflog seine geschäftlichen E-Mails. Später würde er die wichtigeren davon beantworten, weil er wollte, dass seine Chefs und Kollegen ihn für einen Märtyrer und Workaholic hielten. Dann loggte er sich ins Internet ein und suchte nach Cabot Green , der geplanten Wohnsiedlung.
Die Suche ergab Dutzende Treffer. Cabot Green war schon seit Jahren ein örtliches Streitthema. Den veröffentlichten Einträgen der Sutton Down Action Group zufolge hatten Graham und June Fox die Einladung abgelehnt, Vorsitzende des Aktionsbündnisses zu werden. (Wahrscheinlich hatten sie es in Anbetracht von Hollys Berufswahl nicht korrekt gefunden, anzunehmen.)
Holly musste etwas von dieser geplanten Erschließung wissen – alle örtlichen Bauunternehmer schienen Bescheid zu wissen und genüsslich über einander zu tratschen. Vielleicht hatte sie sie sogar einmal erwähnt, beim Frühstück oder
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