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Vergraben

Vergraben

Titel: Vergraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Cross
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möglicherweise Blasen bekam.
    Er und Bob blickten geradeaus durch die schwarze Windschutzscheibe.
    »Fuck«, fluchte Nathan.
    Seine Stimme, so laut in dem engen Raum des Autos, schien Bob zu elektrisieren, der sich daraufhin auf die Schenkel klopfte und die Tür aufmachte. Er ging zum Kofferraum. Nathan stellte sich neben ihn. Im Kofferraum lagen zwei Schaufeln und eine große Rolle transparente Plastikfolie. Außerdem zwei Rollen Klebeband und zwei Paar Gartenhandschuhe.
    Sie lauschten dem Wind. Die Wolken zogen schnell über sie hinweg, silbern angestrahlt vom Mond.
    »Packen wir’s an«, meinte Bob.
    Er griff hinein und nahm beide Schaufeln mit einer Hand. Er reichte sie Nathan. Bob hob die sperrige Rolle Plastikfolie heraus. Er stützte das Kinn darauf ab. »Dann mal los«, sagte er.
    Nathan betrachtete die Bäume: die Eichen, die silbrigen Eschen, die wogenden Farne und das weiche Moos. Der Geruch.
    »Bist du sicher, dass es hier ist?«
    »Ziemlich sicher.«
    Das war Nathan auch. Er folgte Bob in den Wald hinein. Nach einem einzigen Schritt unter die Bäume verabschiedete sich das Mondlicht und die Dunkelheit war vollkommen. Er konnte Bobs angestrengten Atem hören, das Rascheln ihrer Kleider. Aber er konnte nichts sehen. Der Baldachin aus Ästen bildete eine rauschende, wogende Membran über seinem Kopf.
    Bobs heiseres Flüstern:
    »Bist du noch da?«
    »Ja. Ich sehe gar nichts, verdammte Scheiße.«
    »Noch ein paar Schritte. Ich mach die Taschenlampe an, sobald es sicher ist.«
    »Aber ich sehe verdammt noch mal nichts!«
    »Dann pass auf, wo du hintrittst.«
    Nathan bewegte sich mit großer Vorsicht. Aber trotzdem blieb er mit seinem Fuß in einer verschlungenen Baumwurzel hängen. Einen schrecklichen Moment lang glaubte er, eine menschliche Hand habe sich ausgestreckt und ihn am Knöchel gepackt.
    Er war hingefallen, bevor er schreien konnte.
    Ein kalter Lichtkegel leuchtete auf und bewegte sich über ihn hinweg. Bobs Taschenlampe. Nathan stand auf, klopfte seine Kleider ab und griff nach den Schaufeln. Im Lichtschein sah Bobs Gesicht bleich aus.
    Er gab Nathan eine Taschenlampe. Nathan nahm die Schaufeln unter den Arm und folgte dem zitternden Lichtstrahl tiefer in den Wald.
    Schließlich fanden sie den Bach. Sein Wasser floss schwarz zwischen weißen Gesteinsbrocken dahin. Sie blieben nah beieinander, sprachen nicht und begannen den Boden abzusuchen. Keine halbe Stunde später hatten sie die Stelle gefunden. Sie hatten Elise in der Nähe der Astgabelung eines gewaltigen, alten Baumes am Bach vergraben. Das Ufer war in der Zwischenzeit abgebröckelt und hatte die Baumwurzeln freigelegt.
    Weiter oben, wo das Ufer eben wurde, breiteten sie die Plastikfolie aus und beschwerten sie an den Ecken mit Ästen und Steinen. Sie blähte sich auf und glättete sich im Wind wie etwas Atmendes.
    Bob legte seine Taschenlampe auf den Boden. Dann rammte er das Blatt seiner Schaufel in die Erde. Sie machte ein schneidendes Geräusch. Er sah Nathan an, schaltete dann die Taschenlampe aus. Nathan schien es, als wäre er plötzlich verschwunden, er strahlte mit seiner Taschenlampe umher, bis er auf Bobs Gestalt stieß und ihn einen Augenblick lang aufleuchten ließ wie den Mond. Bob hielt mit dem Spaten in der Hand inne und flüsterte: »Jetzt mach die Scheißtaschenlampe aus und hilf mir.«
    Es war schwere Arbeit, viel schwerer, als sie zu vergraben. Nathan zog sich den Fleecepullover und die Windjacke aus und arbeitete im T-Shirt. Seine Hose und seine Schuhe waren bis zu den Knien verdreckt und mit Schlamm und Erdklumpen verklebt.
    Sie bereuten, dass sie vergessen hatten, das Wasser mitzunehmen. Es war im Kofferraum. Die Arbeit machte durstig.

    Sie gruben eine Stunde oder länger. Dann zischte Bob, dass sie aufhören sollten.
    Sie knieten sich hin und schoben die Erde mit ihren groben Handschuhen beiseite. Bob war an eine weiße Verdickung von etwas gestoßen.
    Nathan stand auf. Er ging an den Rand des Wassers und atmete heftig durch die Nasenlöcher. Auf die Schaufel gestützt, sah er in die dahinziehenden Wolken am Himmel. Dann sah er aufs Wasser.
    Er ging zu Bob zurück.
    »Was ist es?«
    »Keine Ahnung. Ein Ellbogen?«
    »Oder ein Knöchel.«
    »Was auch immer.«
    In der schwarzen Erde sah es aus wie der Hut eines Pilzes.
    Sie knieten sich hin und begannen, die Erde mit ihren Handschuhen umzugraben und zu durchsieben. Die Kälte drang durch die Handschuhe, sodass ihre Finger schmerzten.
    Bob bedeutete Nathan,

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