Vergraben
so ergangen?«
»Wie soll’s mir denn ergangen sein, nach der Scheiße?«
»Keine Ahnung. Deshalb frage ich ja.«
Nathan befühlte seine Taschen und holte eine Zigarette heraus. Er zündete sie an. »Worum geht’s?«
Bob nippte am kochend heißen Kaffee. »Komisch, was?«
Nathan schaute weg, zu den mit Büchern bedeckten Wänden.
»Wie die Dinge sich entwickeln«, fuhr Bob fort. »Hast du das von Kommissar Holloway gehört?«
Das hatte Nathan. Vor ein paar Jahren hatte Holloway sich angeblich mit einer Summe Lösegeld abgesetzt. Nathan und Holly hatten Jacki darüber ausgefragt, aber Jacki wollte nichts sagen. Holloway war gefasst worden und saß, soweit Nathan wusste, noch immer im Gefängnis.
Nathan sah zum Tonbandgerät.
Bob folgte seinem Blick. »Keine Sorge, ich nehme das hier nicht auf oder so.«
»Was ist das für ein Kram?«
»Recherchen.«
Nathan drehte den Kopf weg von all dem. Es lief ihm eiskalt den Rücken hinunter. Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und stöhnte: »O Mann, was mache ich hier bloß?«
»Wer ist Holly?«
»Meine Frau.«
»Du weißt schon, was ich meine. Ich hab die ganze Nacht darüber nachgedacht. Hab kein Auge zugetan. Ich konnte es mir einfach nicht zusammenreimen. Weißt du, wie das ist? Wenn man wach liegt, weil man sich wegen etwas Sorgen macht?«
»Ja, das kommt mir ziemlich bekannt vor, Bob.«
»Sie kennt sie, stimmt’s?«
»Wen?«
»Deine Frau kennt Elise.«
Ihr Name auf seinen Lippen.
Nathan gestikulierte mit den Händen wie jemand, der sich Mücken aus dem Gesicht wedelt, und bedeutete Bob damit, ihn in Ruhe zu lassen.
Bob sprang auf, scheinbar begeistert. »Ich wusste es! Ich wusste, es muss irgend so was sein. Krass. Du bist krank . Ich glaub’s nicht. Krass. Und sie ähnelt ihr auch noch.«
Draußen fuhr ein Auto vorbei.
Bob fragte: »Geht es um Sex ? Törnt dich das an? «
Nathan wollte schreien, aber alle Kraft hatte ihn verlassen.
Er sagte: »O Gott, nein.«
»Sieht sie aus wie sie? Ich meine, nackt?«
Er konnte es nicht ertragen, dass Bob über Hollys Nacktheit auch nur nachdachte.
Er wandte sich zum Gehen. Das Gewicht von Bobs Blicken lastete auf seinen Schultern.
»Im Ernst«, meinte Bob, »du musst bleiben.«
Nathan blieb stehen. Schließlich drehte er sich um.
»Erwähne meine Frau nie wieder.«
»Na schön. Von mir aus.«
»Und damit meine ich: nie wieder.«
»Ist ja gut. Aber du musst schon zugeben, es ist ziemlich krank.«
Sie sahen sich in die Augen. Nathan blinzelte zuerst.
Er blickte auf seine Schuhe, dann auf einen Haufen schmutzige Unterwäsche, der mitten auf dem Küchenlinoleum lag.
»Das würdest du nicht verstehen.«
Bob schien etwas sagen zu wollen. Aber stattdessen schlürfte er Kaffee und schlenderte zu dem Tisch, auf dem das Tonbandgerät stand. Das Plastik war mit der Zeit vergilbt und brüchig geworden. Ein Sprung verlief quer hindurch wie eine Verwerfungslinie.
Bob schob einen Bürostuhl heran wie jenen, den Nathan auch bei der Arbeit hatte. Er war abgewetzt, fusselig und schmierig.
Nathan fragte: »Also?«
»Also. Der Wald, in dem wir sie vergraben haben, wurde an einen Bauunternehmer verkauft. Dort wird eine neue Wohnsiedlung gebaut – oder eine Wohnsiedlung erweitert, die schon vor ein paar Jahren gebaut wurde. Wie man’s nimmt.«
Nathan streckte die Hand nach dem Sofa aus, als würde er gleich umfallen.
»Es ist ziemlich sicher«, erklärte Bob, »dass man sie während der Bauarbeiten findet. Es ist ja nicht so, als wäre das Grab besonders tief gewesen, oder so.«
»Ich hab nie verstanden, warum man sie nicht längst gefunden hat«, bemerkte Nathan. »Ich hab darauf gewartet. Ich hab jeden Tag damit gerechnet.«
»Wer weiß? Es gab ja einen Verdächtigen. Und der hat die Party die ganze Nacht lang nicht verlassen. Also hat man vielleicht am falschen Ort gesucht. Vielleicht hatte sich einer der Spürhunde erkältet. Keine Ahnung, Mann.«
Nathan hatte ein Gefühl, als ob er zu schnell mit einem Lift nach unten fuhr.
»Wenn man sie findet«, fuhr Bob fort, »was bestimmt passiert, dann wird man Spermaspuren von zwei verschiedenen Männern sicherstellen. Man wird verständlicherweise annehmen, dass sie vergewaltigt und ermordet wurde. Und man wird jedem Mann, der auf Mark Derbyshires Party war, eine freiwillige DNA-Probe abnehmen. Man wird uns identifizieren, und wir kommen für den Rest unseres Lebens in den Knast.«
Nathan dachte an Holly, und er dachte an Graham, und er dachte an
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