Vergraben
Geräusch zu machen. Dann holte er ein kleines Plastiktütchen aus seiner Tasche, das vier Gramm Kokain in vier Briefchen enthielt. Er hatte sein Sparbuch leer geräumt, um es zu kaufen. Sein Dealer war Howard, der grauhaarige Ex-Journalist, der Mark Derbyshires Lösung produzierte.
Nathan schob sich zwei dicke Lines auf dem Spülkasten zurecht, nahm dann den kleinen Kokslöffel aus Zinn, den er in einem inzwischen geschlossenen Headshop in Cornwall gekauft hatte, in einem wunderbaren Sommer, der nun eine Million Jahre zurückzuliegen schien, und schnupfte rasch und geübt. Dann richtete er sich auf und schaute schniefend zur Decke. Sein Rotz schmeckte chemisch. Er lächelte vor Freude über die Erinnerung daran und merkte, dass es schon wirkte.
Er steckte den Löffel in die eine Hosentasche und die Briefchen in die andere, öffnete die Badezimmertür und trat schniefend hinaus.
In ihrem Partykleid stand Sara allein in der Mitte des Zimmers. Mit der einen Hand umfasste sie ihren Ellbogen, in der anderen hielt sie ein großes Glas Gin Tonic – als sei sie die Gastgeberin, die darauf wartete, dass die Party begann.
Am Bahnhof standen sie nach Tickets an. Sie mussten zwanzig Minuten herumkriegen. Sie tranken etwas in der uralten Bahnhofskneipe. Nathan ging auf die Toilette. Dann beeilten sie sich, um den Zug noch zu erreichen. Er stand an einem winterlich kalten Bahnsteig. Sie stiegen ein und setzten sich schweigend. Sara starrte scheinbar nachdenklich auf den leeren Blick ihres Spiegelbildes im Zugfenster und hindurch auf die Fahrgäste am Bahnsteig, die gespenstisch vorbeizogen.
»O Mann. Für eine Zigarette würde ich alles geben«, seufzte Nathan.
Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu.
»Komm schon«, sagte er. »Nur heute Abend. Das sind die Nerven vor der Party.«
Sie ließ sich zu einem gutmütigen Lächeln herab. »Na gut. Es ist ja nur ein Abend.«
Es ist ja nur Krebs, dachte er und holte ein Päckchen Marlboro Lights aus seiner Manteltasche – eines von vieren, die er für diesen langen Abend gekauft hatte. Er stellte sich zwischen die Abteile des ratternden Zuges und blies den Rauch zum Fenster hinaus.
Eine halbe Stunde später erreichten sie Sutton Parkway. Der Bahnhof bestand nur aus einem dunklen, bitterkalten Betonbahnsteig.
Nathan nahm sich zusammen und dachte ein wenig traurig, dass für Sara der schönste Teil des Abends, die Vorfreude, nun beinahe vorbei war. Es war fast sicher, dass der Abend von jetzt an nur noch schlimmer werden würde.
Vor dem Bahnhof nahmen sie ein Taxi.
4
Nathan bezahlte den Fahrer, und das Taxi fuhr davon; seine Rücklichter verschwanden in der dichten weißen Abgaswolke.
Ihre Abendschuhe scharrten über die kalten Kieselsteine in der langen Einfahrt. Aus dem großen Haus drang ein leises, dumpfes Dröhnen, die Fenster vibrierten im Takt.
Mark Derbyshire hatte diese Villa in den späten Siebzigern gebaut, als er sie sich noch leisten konnte. Dahinter befand sich ein Helikopter-Landeplatz, der längst überwuchert war.
Nathan bot Sara den Arm und zusammen gingen sie auf die Tür zu. Sie wurde von einem Mann mit schütterem Haar geöffnet, der wie ein Butler gekleidet war. Nathan hoffte, dass er nur für diesen Abend angestellt worden war.
Sara streifte sich ihren Mantel auf eine Weise von den schmalen weißen Schultern, die ihn einen Augenblick lang daran erinnerte, warum er einst geglaubt hatte, sie zu lieben.
In der elfenbeinfarbenen Eingangshalle hingen goldene und silberne Schallplatten von vergessenen Bands und Sängern, deren Alben Mark Derbyshire einst zum Aufstieg in die Charts verholfen hatte. Außerdem viele gerahmte Fotos. Darauf legte ein jüngerer und schlankerer Mark Derbyshire – jedoch mit demselben säuberlich gestutzten Bart, demselben verschmitzten Blick – den Arm um die Schultern eines sich windenden Stars: Da war eine junge Madonna und David Bowie zeigte seine David-Bowie-Zähne. Elton John sah altmodisch und unglücklich aus mit seinem Strohhut und einer Komikerbrille. Die Bilder stimmten Nathan melancholisch.
»Wollen wir?«, fragte Sara, und als er sie durch die Flügeltür in den Ballsaal führte, kam er sich einen Moment lang wie Cary Grant vor.
Am anderen Ende stand der Hochzeits-DJ am Mischpult. Ein paar Gäste tanzten, hauptsächlich junge Mädchen aus der Gegend.
Sara zupfte ihn am Ärmel.
»Was ist los?«
»Promi-Dichte?«
»Noch zu früh. Es ist noch nicht mal neun.«
Sie blickte ihn vertrauensvoll an. Sie
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