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Vergraben

Vergraben

Titel: Vergraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Cross
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anderem.«
    »Nathan, mein Junge«, unterbrach Mark. »Tu uns einen Gefallen und hol uns was zu trinken.«
    Das war eine gleichermaßen joviale wie giftige Erinnerung daran, wer hier der Boss war. Bob fing Nathans Blick auf und zwinkerte verständnisvoll. Nathan stellte seinen Drink ab und machte sich auf zur Theke, bestellte die Getränke, blickte sich nach Sara um, sah, dass sie noch immer von Howard bezaubert war, und ging dann zurück zum Pool. Er reichte Mark Derbyshire einen Whisky und Bob einen Wodka Tonic.
    Sie sagten cheers und stießen miteinander an. Dann packte ein tatteriger, weißhaariger Gast Mark am Arm. Unsicher, ob er sich an Nathan oder Bob wenden sollte, blickte er zwischen beiden hin und her. »Darf ich den Gastgeber kurz entführen?«
    »Klar«, antwortete Bob und erhob seinen Wodka Tonic. Der Gast führte Mark Derbyshire zurück zur Party.
    Bob sah ihm nach.
    »Herrgott«, sagte er.
    Nathan lächelte, nicht ohne Schuldgefühle.
    »Wirklich. Was für ein Schwanzlutscher.«
    Nathan lachte, aber er fühlte sich unwohl.
    Bob wechselte das Thema. »Und, hast du irgendwelchen Stoff dabei?«

    Sie machten Halt an der Bar. Sara unterhielt sich noch immer mit Howard, aber mehrere Partygäste hatten sich zu ihnen gesellt. Sie schien sich gut zu amüsieren, Freunde zu finden. Sie fand überall Freunde.
    Mit einer Flasche Gin in der einen und drei Weingläsern in der anderen Hand – ein Glas war mit Eiswürfeln gefüllt – schlängelte sich Bob neben Nathan her.
    »Ist das deine Freundin?«
    »Ja. Zumindest offiziell.«
    »Glückwunsch.«
    Nathan ignorierte das – es bedeutete ihm kaum noch etwas, dass Sara gut aussah.
    Er gewann vielmehr den Eindruck, dass Sara Bob auf den ersten Blick unsympathisch gewesen war. Das ging nicht vielen Männern so, und Bob stieg deswegen irgendwie in seinem Ansehen. In gewisser Weise machte sie das zu Verbündeten.
    Sie stiegen rasch die Haupttreppe hinauf. Im ersten Stock angelangt, gingen sie durch einen halbdunklen Flur, von dem viele Türen abgingen.
    »Warst du schon mal hier?«, fragte Nathan.
    »Nee. Ich folge den Schwingungen.«
    »Ja, klar.«
    »Ich weiß, dass es wie Verarsche klingt. Aber wenn du so viele Spukerlebnisse hattest wie ich, lernst du, ein Haus einzuschätzen.«
    Er drückte auf eine Türklinke, ging weiter. Versuchte noch eine; die Tür ging auf. Er tastete durch die Dunkelheit und ein Licht ging an. Sie betraten den Raum und Nathan schloss die Tür.
    Es war ein Gästezimmer, so unpersönlich wie ein Holiday Inn . Ein Doppelbett, ein Nachttisch, ein Spiegelschrank.
    Nathan schaltete eine Stehlampe ein, die in einer Ecke stand. Sie verbreitete ein angenehmeres Licht, also löschte er die Deckenleuchte.
    »Glaubst du echt an so was?«, fragte er.
    »Ja.«
    Nathan nahm einen quadratischen Spiegel von der Wand, der etwa die Größe einer Schallplatte hatte, und legte ihn mit der verspiegelten Seite nach oben auf die Bettdecke. Dann kniete er sich hin und legte vier Lines Kokain zurecht, die wie die Kratzspur einer Katze durch sein Spiegelbild liefen.
    Bob durchforstete sein dickes, speckiges Portemonnaie. Er zog eine Zehn-Pfund-Note heraus. Zwei Lines für jeden.
    Anschließend saßen sie ans Bett gelehnt auf dem Boden und schnieften.
    »Und«, fragte Nathan, »hast du schon mal einen Geist gesehen?«
    »Nicht direkt.«
    »Was soll das heißen, nicht direkt?«
    »Das heißt, ich habe die Auswirkungen gesehen.«
    »Was für Auswirkungen?«
    »Anomalien in Spukhäusern. Elektrische Störungen. Kalte Stellen. Poltergeister.«
    »Ach Quatsch.«
    »Doch.«
    »Du willst also gesehen haben, wie ein Geist Sachen herumwirft?«
    »Das dachte man früher. Heute geht man davon aus, dass es sich um eine Art geothermische Reaktion handelt – wie ein starkes, auf einen Ort beschränktes, elektrisches Feld. Es lädt die Dinge irgendwie auf – und ja, es wirft auch Sachen herum.«
    »Ohne Scheiß jetzt?«
    »Ja. Ich kenne einen Professor in Kopenhagen, der eine Poltergeist-Maschine konstruiert hat. Ich schwör’s dir. Er hat ein Zimmer in irgend so einer elektromagnetischen Kabine gebaut und Alltagsgegenstände hineingestellt: Stühle, andere Möbel, Zeitungen, Tassen. Dann lässt er die Ladung durchfließen, eine sehr starke Ladung. Und was passiert? Er erschafft einen Poltergeist, mitten im Labor: Dinge schweben, fliegen durch den Raum und so was.«
    »Hast du das gesehen?«
    »Ja.«
    »Und wie fühlt es sich an?«
    »Verdammt gruselig.«
    Nathan war begeistert.

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