Verhängnisvoll - Felsing, K: Verhängnisvoll
dem Baum. Simba dachte sich nichts dabei und ging ein paar Schritte über das verwilderte Grundstück.
„Neil?“ Hatte sich der Mistkerl wieder unsichtbar gemacht? Blödsinn. Der zog sich doch nicht einfach aus.
Simba lauschte. Der Wind säuselte durch die Blätter, aber kein Rascheln verriet Schritte auf dem teils knöchelhoch mit Laub bedeckten Boden.
Eine leichte Unruhe machte sich breit. Auch nach weiteren Rufen gab Neil keine Antwort. Abrupt versteifte sich Simbas Körper. Ein scharfer Schmerz stach in seinen verletzten Oberarm, ließ ihn schwanken, dann warf er sich zur Seite. Seine Krallen durchbrachen die letzten unbeschädigten Schuhe. Es waren ohnehin nur zwei Paar gewesen, die er besaß. Simba schleuderte sie von den Füßen, horchte angestrengt in die Stille. Etwas hatte ihn gestreift; verletzt, der Wärme nach zu urteilen, die an seinem Arm hinabfloss. Kein Schuss, jedenfalls kein herkömmlicher. Hatte ihn ein Pfeil mit Betäubungsmittel verfehlt? Zumindest wäre das eine Erklärung, warum Neil …
Ein Luftzug streifte ihn von rechts, ein weiterer von links. Er wirbelte herum.
„Neil, bist du das?“
Die Antwort konnte er sich selbst geben. Unsichtbare Hände legten sich von zwei Seiten wie Stahlschellen um seine Arme, doch niemand stand neben ihm. Mutanten!
„Bhenchod!“
Er trat mit Wucht zur Seite aus, spürte, wie seine Krallen durch weiches Fleisch schnitten. Ein Schrei gellte auf und der Druck um seinen linken Arm ließ nach. Dafür packte der andere umso fester zu. Simba hieb mit einer Faust ins Nichts neben sich. Ein dumpfer Ton quittierte seinen Treffer. Sofort schlug er erneut zu und riss sich gleichzeitig in einer Drehung von dem unsichtbaren Gegner los. Zwei Schatten hechteten aus einem Gebüsch. Simba ließ sich fallen und rollte zur Seite, fing sich ab und wollte sich in einem Satz auf den Vorderen werfen, da sah er die Schatten mit der Luft boxen. Er brauchte nur eine Sekunde, um in den Stereogrammblick zu wechseln. Eine Methode, wie man Neil erfassen konnte. So, wie ein Stereogramm in illusorischer Tiefe ein dreidimensionales Objekt aus einem Bild hervorschälte, erlaubte das getrennte Steuern der Augen, Neils Unsichtbarkeit zu enttarnen. Jetzt erkannte er sie. Zwei Nackte, die mit zwei von General Powells Männern kämpften.
Fast hätte er laut gelacht. Arschkarte, Männer. Nur nackt konnte sich Neil unsichtbar machen und die anderen Mutanten offensichtlich auch, indem sie ihre Hautschuppen verschoben oder so etwas. Eine Illusion hervorrufen, die er ihnen austreiben würde.
Simba sprang mit einem kräftigen Satz nach vorn und grub die Krallen ins Fleisch eines Gegners. Der Schwung schleuderte diesen auf den Boden und Simba setzte nach. Der Black Boy konzentrierte sich sofort auf den zweiten Kerl und kam seinem Partner zu Hilfe. Der Kampf endete rasch. Powells Männer hielten den einen in Schach, Simba hatte seine Krallen um den Hals des anderen gelegt, der kaum zu atmen wagte. Besser war das, wollte er nicht seinen Kopf unterm Arm nach Hause tragen.
Auf einen Wink hin folgte er mit seinem Gefangenen den Black Boys, die den anderen die Böschung hinabtrieben und einige Schritte den Bürgersteig hinunter in einen Lieferwagen stießen. Zwei weitere Männer aus General Powells Einheit nahmen die Nackten in Empfang und legten sie in Fesseln.
„Wo ist Neil?“
„Vermutlich sind zwei Mutanten mit ihm weg. Wir haben ihn an der Straßenecke aus den Augen verloren, nachdem unsichtbare Flossen deinem Kumpel die Klamotten vom Leib gerissen haben und er sich ebenfalls in Luft auflöste“, sagte einer aus dem Wagen.
Simba schlug mit der flachen Hand auf das Blech.
„Beruhig dich, Kumpel.“
Er schnellte herum.
„Ich habe ihm den Arsch aufgerissen. War nur einer!“
„Wo …“ Simba brauchte den Stereogrammblick nicht erneut zu proben, aus dem Nichts pellten sich zwei Gestalten. Wade stieß einen Mann in das Fahrzeug.
„Kann mir einer ne Jeans und ein T-Shirt borgen, Jungs?“
An Simbas Oberschenkel vibrierte es.
Ein Geruch nach Eisen steigt Ben in die Nase, reißt ihn aus dem Schlaf. Er schlägt die Bettdecke zurück, tastet über das Oberteil seines Schlafanzugs. Es ist trocken. Zu oft hat er sein Blut gerochen. Ist er diesmal K. O. gegangen und hat sich auf die Matte gelegt? Blutet er am Kopf? An den Beinen? Ihm tut kaum etwas weh, ihm ist nicht einmal mehr kalt. Er schielt zur Seite. Der Wecker auf seinem Nachtschränkchen wirft ein diffuses rotes Licht in den
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