Verhängnisvolles Gold
Verwandlung.
»Master Astley, wir haben Sie erwartet.« Er spricht mit britischem Akzent und sehr formell. »Bitte folgen Sie mir.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch und hoffe, dass ich damit wie ein böses Mädchen rüberkomme.
»Bentley, der Butler meiner Mutter«, flüstert Astley.
Ich lasse die Augenbraue wieder sinken. Im Haus ist es warm und irgendwie stickig. Der Duft von Dove-Seife erfüllt die Luft zusammen mit dem Duft von Rosen und Flieder. Von der Etage über uns sind leise Schritte zu hören. Das Wasser von Astleys Schirm tropft mit leisem Plopp auf einen vornehmen weißen Teppich, der teilweise den dunklen Holzfußboden bedeckt.
Das rechte Ohr des Butlers zuckt: »Oh, Sir. Es tut mir schrecklich leid. Darf ich Ihnen den Schirm abnehmen?«
Bevor Astley antworten kann, schnappt der Typ den Schirm. Er schaut ihn an, als wäre er eine pestverseuchte Ratte. Weit von sich gestreckt, bringt er ihn zu einem Schirmständer in der Nähe der Eingangstür und stellt ihn hinein. Sobald er mit dem anstößigen Regenschirm fertig ist, zeigt er auf einen Durchgang: »Nach Ihnen.«
Ich folge Astley, und es ist mir sofort sonnenklar, dass dies ein Zuhause ist, in dem nichts herumliegen darf. Hier stehen keine schmutzigen Spaghetti-Kochtöpfe oder Siebe in der Spüle und unter dem Sofa verstecken sich keine zusammengeknüllten Tempos. Ich frage mich, ob es überhaupt einen Fernseher oder einen Computer hier gibt. Sieht eher nicht so aus.
»Bist du hier aufgewachsen?«, frage ich Astley.
»Hier und an ähnlichen Orten.«
»Es ist schön hier.« Ich will höflich sein, während ich mir ähnliche Häuser in anderen Städten vorstelle. Vielleicht eine Eigentumswohnung in einem Ski-Gebiet, ein Haus in den Bergen, ein Anwesen in England. Ich weiß so wenig von Astley oder darüber, wie Elfen leben und arbeiten. Sind alle Elfen reich? Oder nur die Könige? Bekomme ich jetzt als Königin automatisch irgendwelche Bezüge? An sich spielt das ja keine Rolle, aber …
Astley führt uns in einen großen Salon mit einem hohen Fenster. Auch hier sind die Wände gebrochen weiß und die Verkleidung des Kamins ist passend gestrichen. Afghanische Teppiche mit kräftigen Farben bedecken den Hartholz-Fußboden. Sofas und Sessel stehen einander gegenüber. Ich bewege mich wegen meiner Verletzung möglichst wenig und habe ein schlechtes Gewissen, weil ich den Boden volltropfe. Hoffentlich nimmt mir Astleys Mutter das nicht übel und hilft uns dann nicht, Nick zu finden.
»Ihre Mutter wird in Kürze hier sein. Soll ich Ihnen etwas bringen, das die Kälte vertreibt? Tee? Oder Brandy?«, bietet Bentley an. Er bleibt stehen, während Astley und ich uns auf einer vornehmen Samtcouch niederlassen. Wenn ich mich ganz nach hinten setze, reichen meine Füße nicht bis zum Boden, deshalb rutsche ich vor und hocke mich vorn auf die Kante. Dann wird auch die Couch nicht ganz so nass, richtig?
»Nein, danke«, antwortet Astley für uns beide. Wahrscheinlich hat er meine entsetzte Miene angesichts des Brandy-Angebots gesehen. Können Elfen sich betrinken? Das muss ich bei Gelegenheit mal fragen, vielleicht, wenn sich die Lage ein bisschen entspannt hat … wenn sie sich je entspannt.
»Wie Sie wünschen.« Bentley macht diese knappe, vornehme Verbeugung, indem er sich steif nur oberhalb der Taille nach vorn beugt.
Ich versuche mir vorzustellen, wie Astley hier aufgewachsen ist. Bestimmt hatte er eine Kinderfrau und einen Hauslehrer. Und bestimmt durfte er nicht das lange Mahagonigeländer hinunterrutschen oder Milch (oder vielleicht doch Brandy?) verschütten oder seine nassen Handtücher auf dem Schlafzimmerboden auf einem Haufen liegen lassen.
»War es schlimm?«, frage ich ihn, als Bentley den Raum verlassen hat.
»War was schlimm?« Seine Augen schauen verwirrt.
»Hier aufzuwachsen? Warte. Wohnst du jetzt auch noch hier?«, frage ich. »Ich meine … wenn du nicht versuchst, in Bedford, Maine, einem verbrecherischen Elfenkönig das Handwerk zu legen.«
Er schaudert. »Nein, ich hab mein eigenes Haus.«
Wow. Sein eigenes Haus? Wahnsinn. Dann fällt mir ein, dass ich ja seine Königin bin, und das ist noch viel irrer. Er beantwortet meine ursprüngliche Frage nicht, was wahrscheinlich heißt, dass es wirklich schrecklich schwierig war, hier aufzuwachsen. Mitgefühl wallt in mir auf. Wir sitzen in einer Art kameradschaftlichem Schweigen nebeneinander.
»Bis du nervös?«, fragt er mich.
Ich nicke.
»Sie hat versprochen zu helfen.« Er
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