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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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zu unterweisen, war es seine Pflicht, seinen Sohn möglichst bald in die Mannbarkeit einzuführen, und es ihm so zu ermöglichen, Naoka zu heiraten. Das war eigentlich ein geringer Preis für die Sicherheit seiner Sippe. Und so begann er das Gebiet nach Stellen abzusuchen, an denen Elenantilopen grasen konnten.
    Er übernahm jetzt auch die Führung, denn die Sippe kam in Gebiete, in denen sie niemals vorher gewesen war, und schnelle Entscheidungen waren oft vonnöten. Es war wirklich eine seltsame Schar, die da beherzt durch das unfruchtbare Land wanderte, denn die San besaßen vier Besonderheiten, die alle erstaunen würden, die später mit ihnen in Berührung kamen. Ihr Haar wuchs nicht wie das anderer Menschen; es trat in kleinen, verfilzten Büscheln, die durch ziemlich große kahle Stellen voneinander getrennt waren, aus der Kopfhaut.
    Die Frauen hatten Hinterbacken von enormer Größe, von denen manche so weit nach hinten ausladend waren, daß kleine
    Kinder auf ihnen reiten konnten. Dieses Phänomen sollte später Steatopygia (Fettsteiß) genannt werden, und es war so ausgeprägt, daß fremde Beobachter oft ihren Augen nicht trauen wollten.
    Ihre Sprache war einzigartig, denn zusätzlich zu den etwa hundert unterschiedlichen Lauten, aus denen die Sprachen der Welt bestehen - zum Beispiel das »ei« des Deutschen oder das »n« des Spanischen -, kannte das San noch fünf einzigartige Schnalzlaute, die mit Lippe, Zunge und Gaumen gebildet wurden. Ein Schnalzer klang wie ein lauter Kuß, einer wie ein Signal für ein Pferd, einer wie ein Räuspern. So verwendete Gumsto die normale Anzahl von Konsonanten und Vokalen und dazu noch fünf Schnalzlaute, was seine Sprache zu einem auf der Welt einmaligen explosiven Geschnatter machte.
    Der männliche Penis befand sich ständig im Zustand der Erektion. Als die ersten Beobachter dies einer ungläubigen Welt berichteten, beeilten sich Forschungsreisende, diesen erstaunlichen Zustand zu bestätigen, und ein französischer Wissenschaftler sagte: »Sie sind immer schußbereit, wie eine gut ausgebildete Infanterieeinheit.«
    Je weiter sie in die Wüste vorstießen, desto dringlicher wurde die Suche nach Nahrung, so daß sie nicht mehr so schnell vorankamen. Aber dennoch war ihr Zug nach Westen und Süden nicht zu bremsen, und während die Monate verstrichen, drangen sie immer tiefer in die Wüste ein. Es war noch nicht diese endlose Fläche aus weißem Sand, die die Wüste Nordafrikas in historischer Zeit werden sollte, sondern ein hügeliges, unwirtliches Gemisch von alleinstehenden Felsmassiven, von Dornbüschen, die auf der roten, sonnverbrannten Oberfläche wachsen, kleinen Tieren, die nachts umherhuschten, größeren Antilopen und ihren räuberischen Feinden, die tagsüber ständig nach Wasser suchten, aber nie gesehen wurden. Sich auf diese grausame, weite Fläche mit ihrer glühenden Mittagshitze und den bitterkalten Nächten zu wagen, wäre tollkühn gewesen, auch wenn man genügend Nahrung und Wasser besessen hätte; sie so zu durchqueren, wie es diese Buschmänner taten, war einfach heldenhaft.
    Eines Nachmittags sprang Kharu, die ihre hungrigen Augen stets wandern ließ, hoch wie eine Gazelle, schrie »Ooooooooo!« und rannte in ihrem zerrissenen, schmutzigen Umhang durch die Wüste wie eine Antilope. Sie hatte eine Schildkröte erblickt. Als sie sie unter dem Jubel der Gruppe gefangen hatte, blickte sie mit ihrem faltigen Gesicht triumphierend in die Runde, während sie mit ihren winzigen Händen die Köstlichkeit über ihren Kopf hielt. Rasch wurde durch schnelles Aneinanderreihen zweier Stöcke ein Feuer entfacht, und als es richtig brannte, wurde die Schildkröte aufgespießt und brutzelte dort, während ihr herrlicher Duft die Nasen der Sippe erfreute.
    Der Dampf sprengte den Panzer, und als der Körper erkaltet war, verteilte Kharu das Fleisch und den Saft, nicht mehr als einen winzigen Bissen für jeden der fünfundzwanzig, und einen extra Anteil für Kusha, die schwanger war. Obwohl die Portion, die jeder erhielt, kaum genügte, um sie auch nur zu kauen, hatte sie eine wunderbare Wirkung, denn sie erinnerte die kleinen Menschen daran, wie Essen schmeckte. Sie konnte unmöglich einen von ihnen satt gemacht haben, aber sie hielt alle aufrecht. Das Wasserproblem war ebenso akut, denn in der Wüste wurde keines in den Baumgabelungen gefunden, und oft gab es gar keine Bäume. Tsama-Melonen, die überall durchhalten konnten, waren selten und verkümmerten in

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