Verheißene Erde
bereiten.
Im sechsten Monat der Belagerung kehrte der junge Willem in einem großen Schiff zur Flotte zurück, das neue Vorräte, Schießpulver und den Befehl brachte, daß die Festung nun erobert werden müsse. So kamen in einer Sonntagnacht im Januar 1641 alle diensttauglichen Holländer an Land, durchwateten die Sümpfe, begannen vor Sonnenaufgang den Angriff und vertrieben die Portugiesen mittels eines wütenden Sperrfeuers mit Handgranaten von den Öffnungen der Mauern. Am selben Morgen um zehn war die Hauptstütze von Portugals Reich im Osten gefallen. Einer der Begeistertsten unter den Siegern war Willem, der feststellte, daß er keine Angst vor Gewehrfeuer und turmhohen Mauern hatte. Tatsächlich war er beherzter als sein älterer Bruder und viel eher bereit vorzustürmen, ob ihn nun andere begleiteten oder nicht. Er war unter den ersten in der Stadt und jubelte, als Kanonen ins Innere gezogen, aufgestellt und durch die schmalen Durchgangsstraßen auf das Stadtinnere gerichtet wurden. Eine Kugel nach der anderen, riesige Dinger aus solidem Eisen, flog aus der Mündung der Kanonen und richtete furchtbare Zerstörungen an. Willem zollte den Feuern, die wüteten, Beifall und befand sich in der ersten Reihe der habgierigen Soldaten, die die mit Schätzen angefüllten Häuser durchstöberten, die vom Feuer verschont geblieben waren. Es war ein blutiger Triumph, aber sobald die Plünderung eingestellt wurde, benahmen sich die Holländer mit ihrer gewohnten Großherzigkeit; dem portugiesischen Kommandanten wurden für seine Tapferkeit Ehrenbezeigungen erwiesen, und er erhielt ein Schiff, in dem er seine Familie, seine Sklaven und Besitztümer transportieren konnte, wohin immer er wollte; die mutigen Hauptleute, die die Türme verteidigt hatten, durften ihn mit allem, was sie besaßen, begleiten; und als ein ahnungsloses portugiesisches Schiff, das mit Stoffen aus Indien beladen war, in den Kanal segelte, wurde es ermutigt, vor Anker zu gehen, gemäß dem Prinzip, daß der Handel mit Portugiesisch-Indien nicht nur gestattet, sondern gefördert werden mußte, da die unter holländischer Kontrolle stehenden Inseln wenig entbehrliche Stoffe herstellten.
Und so löste sich das durch Magellan und Albuquerque gegründete ausgedehnte östliche Reich allmählich auf. Nur das Dorf Macao an der Schwelle Chinas, die winzige Enklave von Goa in Indien und das wilde Hinterland der Insel Mo 9 ambique blieben erhalten - es waren die Überreste. Alles sonst war verloren: Ceylon, Malakka, Java, die wichtigen Gewürzinseln. Der Verlust solch prächtiger Länder konnte einem das Herz brechen.
Während die Feuer noch glimmten, berichteten die Sieger den Direktoren der Kompanie auf Java: »Edle, Tapfere, Weise und Ehrenwerte Herren, Malakka ist gefallen und wird von nun an als Privatgebiet und Dominion der Holländischen Ostindischen Gesellschaft angesehen.« Nun war die westliche Einflußsphäre gesichert und die Zeit für die Holländer reif, ernsthaft über einen sicheren Ruheplatz zwischen Amsterdam und Batavia nachzudenken, wo sich Seeleute vom Skorbut erholen konnten. Die Logik gebot, daß er am Kap der Guten Hoffnung liegen solle, aber seine Gründung hatte mit Logik nichts zu schaffen. Sie war reiner Zufall.
Batavia! Diese winzige Enklave an der Nordwestküste Javas, diese herrliche Hauptstadt eines ausgedehnten, lose zusammengehaltenen Reiches hatte ihren Namen von den Batavern erhalten, den stolzen, widerspenstigen Männern, denen die frühen römischen Kaiser in den Sümpfen begegneten, aus denen später Holland werden sollte.
Es würde immer ein widersprüchlicher Ort sein, eine von Mauern umgebene Festung am Rand eines Urwaldes, völlig niederländisch in Anlage, Aussehen und Brauchtum, zugleich aber tropischer Zufluchtsort von Holland, voller bezaubernder Blumen und seltsamer Früchte in großem Überfluß. Es war ein himmlischer Ort, ein tödlicher Ort, und viele Holländer, die hinkamen, waren in zehn Jahren tot, erledigt durch Trägheit, Freßsucht und Trunkenheit. In dieser Periode erfanden Männer der Kompanie, die nach Zwangsaufenthalten auf den abseits gelegenen Gewürzinseln nach Batavia zurückkehrten, das Festmahl, das immer mit Java in Zusammenhang gebracht werden sollte.
Es konnte am besten in dem geräumigen Speisesaal von Hendrickje van Doorn abgehalten werden, wo fünfzehn oder zwanzig Gäste zur Begleitung des Spieles ihrer Musiker zusammenkamen. Javanische Sklaven in Sarongs reichten riesige Platten
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