Verheißene Erde
den Kämpfen zurück sein. Wir werden zumindest ein Jahr lang nicht angreifen. Und vergiß nicht, daß es deine Aufgabe ist, all unseren Nachbarn zu versichern, daß wir, wenn wir Malakka einnehmen, kein Territorium für uns selbst erstreben werden.«
Ein anderer Beamter sagte: »Wir bestehen nur auf
Handelsrechten. Wir werden das Fort einnehmen, das Land aber unberührt lassen.« Und dann fügte ein sehr beleibter Mann, dessen Stimme vom vielen Predigen geübt war, hinzu: »Erkläre ihnen allen, daß es, wenn sie mit uns Geschäfte machen, bei Handelsbeziehungen bleiben wird. Ein gerechter Handel für alle. Wir werden nicht versuchen, sie zu christianisieren, wie es die Portugiesen mit ihrem tyrannischen Katholizismus taten. Merk dir, van Doorn, deine stärkste Waffe könnte die Religion sein. Sag ihnen, sie sollen unser Verhalten beobachten, sobald wir Malakka erobern.«
» Wenn wir es erobern«, korrigierte jemand.
»Nein!« riefen ein Dutzend Stimmen. »Dr. Steyn hat recht. Sobald wir es erobern.«
Der Prediger hustete und fuhr fort: »Wenn wir Malakka besetzen, wird nichts geändert. Der Sultan bleibt weiter an der Macht, befreit von portugiesischem Einfluß. Mohammed bleibt weiter ihr Prophet, befreit vom Druck der Katholiken. Die Chinesen, Araber, Perser, Ceylonesen, Engländer - und sogar die portugiesischen Händler selbst -, jeder, der ein Geschäft in Malakka hat, wird es weiter behalten und führen, wie er will. Was wir erstreben, ist das Recht für alle Menschen, Handel zu treiben. Sag das den Herrschern.«
Vier Tage lang wurde dieser Punkt in konzentrierter Beweisführung ausgearbeitet, bis van Doorn besser als die meisten der »Siebzehn Herren« daheim in Amsterdam
verstand, was die praktische Politik der Jan Compagnie war.
Die »Siebzehn«, die alle Regionen und Aspekte des
holländischen Lebens vertraten, mußten vorsichtig sein und immer daran denken, daß alles, was sie verkündeten,
Gesetzeskraft besaß; in Wirklichkeit waren ihre
Entscheidungen sogar wirkungsvoller als das gewöhnliche Gesetz, weil es gegen sie keine Berufung gab. Aber die Gouverneure im Ausland, die zwei Jahre brauchten, um eine Frage abzuschicken und eine Antwort zu erhalten, mußten wagemutig sein. Sie konnten selbständig den Krieg erklären, eine Insel annektieren oder Verhandlungen mit einer fremden Macht führen. Der Generalgouverneur auf Java konnte die Hinrichtung jedes beliebigen Menschen, ob Sklave oder freier Mann, Engländer oder Chinese, anordnen: »Wegen Diebstahls von Besitz, der der Kompanie gehört, soll er zum Hafen von Batavia gebracht und dreimal unter dem größten Schiff kielgeholt werden. Wenn er dann noch lebt, soll er verbrannt und seine Asche verstreut werden.«
Der Generalgouverneur, der an die Ausübung dieser Macht gewöhnt war, sah Karel durchdringend an und sagte: »Wir erwarten von Ihnen, daß Sie diese Mächte davon überzeugen, daß sie keinen Grund haben, sich uns zu widersetzen, wenn wir angreifen.«
»Das werde ich tun«, versicherte ihm van Doorn.
Zu dieser Zeit lag im Hafen von Batavia ein Handelsschiff, das mit Gütern für China, Kambodscha und die holländische Niederlassung auf Formosa schwer beladen war und noch freien Raum für das Verstauen von Gewürzen und Metallen hatte, die im Lauf einer langen Reise möglicherweise noch aufgenommen werden konnten. Bei diesem Schiff meldeten sich Karel, sein Bruder Willem und ihre sechzehn Diener. Wegen der Bedeutung dieser Mission hatte der Kapitän seine Kabine geräumt und sie den Brüdern überlassen. So begannen sie, umgeben von Büchern und Seekarten, die lange Reise zu den alten Häfen des Ostens; sie segelten durch Gewässer, die Marco Polo gekannt hatte, vorbei an Inseln, die noch ein weiteres Jahrhundert lang kein weißer Mann betreten sollte.
Wo immer sie Station machten, versicherten sie den lokalen Führern, daß die Holländer keine Ansprüche auf ihr Gebiet anmeldeten und daß man in Java ihre Neutralität erwartet, sobald es zum Angriff auf Malakka kommen würde. »Werden diese Leute die Portugiesen nicht warnen?« fragte Willem.
»Die Portugiesen wissen es. Wir haben Malakka alle zehn Jahre angegriffen. Sicherlich erwarten sie uns.«
»Werden sie ihre Verteidigungsstellungen nicht ausbauen?«
»Natürlich. Das tun sie bereits.«
»Warum greifen wir sie dann nicht jetzt an?« fragte der Junge. »Das wird im nächsten Jahr genausogut gehen.
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