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Verheißene Erde

Verheißene Erde

Titel: Verheißene Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Michener
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und das ist ein bleibender Vorteil. Er hat aber nie dort gedient, und die >Siebzehn Herren< kennen seine Talente nicht.«
    »Karel wird Erfolg haben, wo immer er eingesetzt wird«, erklärte seine Mutter. »Er braucht keine spezielle Empfehlung aus Amsterdam.«
    »Das stimmt, ein bewundernswerter Sohn, der sicherlich bedeutende Positionen erreichen wird.« Er senkte die Stimme und griff nach ihrer Hand. »Hervorragende Positionen, wie ich unter ähnlichen Bedingungen.«
    »Jan Pieterszoon Coen sagte uns oft, daß Sie zu den ganz Großen gehören. Und Sie wissen, daß Karel ein Mann Ihres Schlages ist.«
    »Aber denken Sie an den Rat kluger Männer, wenn es sich um Autorität handelt: >Man muß nah genug am Feuer stehen, um gewärmt zu werden, aber nicht so nah, daß man sich verbrennt.< Karel muß sich wirklich im Hauptquartier der Kompanie sehen lassen. Da gibt es keine Alternative.« Sie dachte eine Weile über seinen Rat nach und erkannte, daß er richtig war. Die Jan Compagnie war ein seltsames Ungeheuer, siebzehn allmächtige Männer, die den Osten nicht aus erster Hand kannten und Entscheidungen trafen, die die halbe Welt lenkten. Sie hätte nie gewollt, daß ihre Söhne Mitglieder dieser strengen, boshaften Bande geworden wären, wohl aber, daß sie Stellungen auf Java oder Ceylon bekamen, die nur die »Siebzehn« zu vergeben hatten. Es war wirklich an der Zeit für Karel, dort zu erscheinen. »Aber Willem?« fragte sie leise, ihre Liebe zu dem kraushaarigen Jungen verratend. »Er ist zu jung. Wirklich, er sollte bei mir bleiben.« Der Gouverneur lachte herzlich. »Hendrickje, Sie versetzen mich tatsächlich in Staunen. Er war schon auf Formosa und in Kambodscha. Er kämpfte tapfer in Malakka. Er ist ein Mann, kein Junge mehr.« Dann wurde er ernst und gab den Dienern einen Wink, sich zurückzuziehen. »Die Fächerboys können bleiben. Sie sprechen nicht Holländisch.«
    »Hendrickje, für Karel ist es eine Frage der Politik, in Amsterdam gesehen zu werden. Für Willem bedeutet es das Überleben, sich dort zu melden. Sein ganzes künftiges Leben kann davon abhängen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Was Sie besser wissen als ich. Kaum ein junger Mann, der außerhalb Hollands geboren wurde, kann jemals hoffen, innerhalb der Kompanie eine Machtposition zu erreichen. Und vor allem kein Junge, der auf Java geboren ist.«
    Mevrouw van Doorn erhob sich ungestüm und befahl den Fächerboys, den Raum zu verlassen, dann ging sie erregt auf und ab. »Schändlich!« rief sie. »Mein Mann und ich kamen in den schlimmsten Tagen hierher. Wir halfen mit, Djakarta zu verbrennen, und bauten dieses neue Batavia auf. Und jetzt sagen Sie mir, weil mein Sohn geboren wurde, als wir hier waren.«
    »Nicht ich sage es Ihnen, Hendrickje. Die Kompanie sagt es. Jeder auf Java geborene Junge trägt ein schreckliches Stigma.«
    Er sprach nicht weiter, denn es war nicht notwendig. Obwohl Mevrouw van Doorn über seine taktlose Andeutung zornig wurde, daß ihr Sohn Willem unter einer Benachteiligung litt, die sich als verhängnisvoll für die Politik in der Kompanie erweisen konnte, wußte sie doch, daß er recht hatte, denn die holländische Kolonie im Osten barg kaum zu lösende Widersprüche. Die Holländer waren ehrliche Calvinisten, die ihre Religion ernst nahmen, und in den verschlafenen Räumen in Batavia gab es viele Menschen, deren Vorfahren gestorben waren, weil sie ihre Religion verteidigten. Sie waren die Nachkommen von Helden, bereit, ebenfalls zu sterben, wenn der Calvinismus bedroht würde.
    Aber sie waren eine sonderbare Gesellschaft. Sie glaubten, daß Gott in seiner Barmherzigkeit die Geretteten von den Verdammten trennte, und waren überzeugt, daß die Holländer gerettet wurden, zwar nicht alle, aber die meisten. Sie glaubten fest an das Gebot der Mäßigkeit, betranken sich aber an fünf von sieben Tagen bis zur Bewußtlosigkeit. Sie glaubten, strenges Sexualverhalten, viel strenger als das der Portugiesen und Engländer, sei notwendig; sie sprachen oft darüber, sie lasen die Stellen in der Bibel, die unkeusches Leben verdammten, und ihre Prediger brüllten sich von der Kanzel darüber heiser. Sie glaubten an Keuschheit.
    Und das war die Schwierigkeit. Denn sie waren eine lüsterne Gesellschaft; nur wenige Männer in Europa hatten ein rascheres Auge für einen blitzenden Rock als die Holländer von Amsterdam. Sie durchstöberten und stürmten Bordelle, machten Jagd auf Mädchen aus Brasilien und Bali und Gott weiß

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