Verheißungsvolle Sehnsucht
Wohlergehen von ihm abhängig machte und sich ihm auf Gedeih und Verderb auslieferte. Deshalb hatte sie geschwiegen und ihre Entscheidung immer wieder überdacht.
Sie hatte Angst. Und diese Angst hatte sie davon abgehalten, seinen Vorschlag anzunehmen oder abzulehnen. Sie hasste diese Angst. Sie wollte ihr Leben nicht so führen, wollte ihre Entscheidungen nicht von Angst bestimmt fällen. Sie brauchte einen klaren Kopf, ehe sie diesen gewaltigen Schritt tat und einem Mann ihr Vertrauen schenkte, der sich als genauso schlimm wie Michael erweisen könnte.
Sie seufzte unglücklich und suchte mit der Hand in der Tasche nach ihrem Wohnungsschlüssel. Sie hielt den Kopf immer noch gesenkt, als sie die Treppe erreichte und vor sich auf der Stufe zu ihrer Tür ein teures Paar Schuhe stehen sah.
Verwirrt hob sie den Kopf und erblickte Ash vor sich. Sein Blick glitt über ihr Gesicht, und Zorn flammte in seinen Augen auf, was sie instinktiv einen Schritt zurückweichen ließ.
»Was zum Teufel ist denn mit dir passiert?«, fragte er.
Er kochte vor Wut, und der Zorn strahlte wie in Wellen von ihm aus. Verschwunden war jeder Anflug von Charme oder Gelassenheit. Vor ihr stand der Inbegriff des wütenden Alphatiers.
»Bitte, nicht hier«, flüsterte sie. »Ich will einfach nur rein. Lass mich durch und dann geh.«
Seine wutentbrannte Miene ließ sie zögern, als sie versuchte, sich an ihm vorbeizudrängen. Er packte ihre Schultern mit festem, aber zugleich zartem Griff, ohne seine Finger in ihr Fleisch zu bohren.
»Ich will wissen, wer zum Teufel dir das angetan hat«, knurrte er.
Ihre Schultern sackten nach vorn, und sie hätte beinahe den Schlüsselbund fallen gelassen, der gefährlich locker an ihren Fingerspitzen baumelte. Sie umfasste ihn fester und hob dann das Kinn.
»Lass mich vorbei«, stieß sie hervor.
Sie war überrascht, dass er sie losließ, doch er folgte ihr die Treppe hinunter; sie würde also nicht einfach schnell in ihre Wohnung huschen und die Tür hinter sich schließen können, damit er nicht mit hereinkam.
Seufzend schloss sie die Tür auf. Kaum hatte sie die Wohnung betreten, fühlte sie sich besser. Das war ihr Reich. Es war lächerlich, dass sie sich hier sicher fühlte, nach dem, was mit Michael passiert war. Aber jetzt, wo sie wusste, wozu er fähig war, würde sie ihn nie wieder in ihre Nähe lassen, selbst im Umkreis von einem Kilometer nicht.
Sie stellte ihren Beutel neben der Tür ab und ging in ihr winziges Wohnzimmer. Ash schloss die Tür, schob den Riegel vor und folgte ihr dann. Seine Anwesenheit ließ den Raum plötzlich viel kleiner wirken. Ash stand da und musterte sie eingehend, ließ den Blick über sie gleiten und schließlich wieder bei der Prellung auf ihrer Wange verweilen. Seine Augen hatten einen kalten Ausdruck angenommen, und sie schauderte.
»Du hast dich nicht gemeldet«, begann er die Unterhaltung.
Sie errötete schuldbewusst und senkte den Kopf, weil er nicht sehen sollte, was sie am liebsten verbergen wollte.
»Und jetzt glaube ich, dass es einen Grund gab, warum du mich nicht angerufen hast.«
Sie nickte langsam, wich aber weiter seinem Blick aus.
»Josie, sieh mich an.«
Seine Stimme war leise, fast schon sanft. Trotzdem war es eindeutig keine Bitte, die er da aussprach. Es war ein Befehl. Und sie fühlte sich genötigt, ihm Folge zu leisten.
Langsam hob sie den Kopf, sodass sich ihre Blicke trafen.
»Wer hat dir das angetan?«
Von der Sanftheit war nun nichts mehr zu spüren. Seine Stimme klang stahlhart. Sein gesamter Körper zitterte vor Wut, und das ließ sie zögern, ihm zu erzählen, was passiert war. Ihr war vollkommen schleierhaft, wie sie je auf die Idee hatte kommen können, ihn für ungefährlich zu halten, für charmant und umgänglich. Denn der Mann, der hier und jetzt vor ihr stand, schien zu fürchterlichen Dingen fähig zu sein. Trotzdem hatte sie keine Angst vor ihm. Sie war nach wie vor starr vor Angst angesichts dessen, was man ihr angetan hatte, aber sie wusste instinktiv, dass dieser Mann ihr nichts tun würde. Aber er war wütend, wobei das Wort noch nicht einmal ansatzweise das ausdrückte, was sie in seinen Augen sah. Und er schien zweifelsohne fähig, einen Menschen umzubringen. Sie spürte, dass sie ihm nichts erzählen sollte, nicht etwa aus Angst vor ihm, sondern aus Angst vor dem, was er vielleicht tun könnte.
»Josie, antworte mir«, stieß er hervor. »Wer. Hat. Dir. Das. Angetan?«
Er würde nicht zulassen, dass sie
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