Verhext: Roman (German Edition)
meisten Hexenschülern nicht machen kann. Was sag ich, mit den meisten Hexen. Das vermisse ich auch.« Er hob den Blick und sah Lauren an. »Vermisst du die Magie mit ihm?«
Lauren wusste nicht, ob sie ihm die Wahrheit sagen oder ob sie ihn trösten sollte. »Ein bisschen. Aber ehrlich gesagt, war die Woche in Kalifornien ziemlich verrückt. Es ist schön, mal eine Weile nichts zu tun und zu versuchen, wieder Ordnung in mein Leben zu bringen.«
Jamie nickte. »Das kann ganz schön anstrengend sein, selbst wenn man dort aufgewachsen ist. In solchen Momenten bin ich immer mit meinem Motorrad nach Carmel runtergefahren.«
Mist, verdammter, dachte Lauren, wieder etwas, wonach er Heimweh hat. Höchste Zeit, das Thema zu wechseln. »Willst du mit mir heute Abend zum Treffen eines Covens gehen?«
Jamie sah sie an, als hätte sie eine Orgie vorgeschlagen. »Du willst einem Coven beitreten?«
»Eigentlich weiß ich nicht mal genau, was ein Coven ist. In meiner Vorstellung rührt man dort in Kesseln und rezitiert Verse von Shakespeare, aber ich nehme an, das trifft genauso wenig zu wie alles andere, was ich in der Schule über Hexen gelernt habe.«
»In der Theorie ist ein Coven nur eine Gruppe von Hexen, die zusammenarbeiten.« Jamie machte ein gequältes Gesicht.
»Und in der Praxis?«
»In der Praxis hantiert man dort mit vielen Ritualen und wenig echter Magie.«
Lauren dachte an den vollen Kreis auf Ocean’s Reach. »Also kein gemeinsamer Lagerfeuer-Gesang am Meer.« Sie dachte gerne daran zurück, wie sie bis tief in die Nacht Marshmallows geröstet und dann den schlafenden Aervyn zurück zum Wagen getragen hatte.
»In Kalifornien sind wir sehr sparsam mit Ritualen. Moiras Familie ist da ein bisschen traditioneller, etwas mehr verankert in der Geschichte des Handwerks.«
Lauren hatte ein kristallklares Bild vor Augen: von Jamie, als er die Luft gerufen hatte, wie er die Hände gen Himmel streckte und der Wind durch sein Haar fegte. Durch und durch ein Hexer – ganz egal, ob seine Rituale minimalistisch waren oder nicht. »Aber ein Coven ist anders?«
Jamie zögerte. »Vielleicht sollte ich nicht zu voreingenommen sein, aber ich habe zu viele Leute getroffen, die einem Coven beigetreten sind, einen Liebestrank gebraut haben und sich seither eine Hexe nennen.«
Lauren lachte und reichte ihm die Visitenkarte von Witchery . »Bingo.«
Jamie verdrehte die Augen. »Wo hast du das her?«
»Ich habe gestern auf der Gartenausstellung mentales Anschieben geübt. Die Frau, die mir das gegeben hat, hat mich dabei ertappt.«
»Du wurdest erwischt?« Jamie tauchte den Löffel in die Eiscreme.
»Ich weiß nicht, wie viel sie mitbekommen hat, aber irgendetwas sicherlich. Sie hat versucht, mich zu scannen. Jennie hätte ihr ein paar Extraübungen aufgebrummt, weil sie so schlampig dabei vorgegangen ist, aber sie war
ganz eindeutig eine Mentalhexe. Hat sich eine Empathin genannt.«
»Na toll. Das hat Chicago noch gefehlt – eine schlecht ausgebildete Empathin, die frei herumläuft.«
Lauren grinste. »Sie hat mich zu dem Coven-Treffen heute Abend eingeladen. Ich finde, du solltest mitkommen.«
»Bleib besser hier und iss Eis. Glaub mir.«
Wenn es Jamie von Aervyn ablenkte, war es den Ausflug wert. »Ich hole dich nach der Arbeit ab. Du kriegst vorher sogar noch was zu essen.«
»Komm morgen Nachmittag mit mir in Nats Unterricht. Wenn ich mich mit Rückbeugen und Hüftöffnern quälen muss, dann du genauso – Hüftöffner sollten übrigens verboten werden. Wir könnten anschließend alle zusammen zu Abend essen und uns dann hier einen Film ansehen.«
»Netter Versuch, und was die Hüftöffner angeht, bin ich mit dir einer Meinung. Unterricht, Abendessen, und dann schicken wir Nat nach Hause und sehen uns mal diesen Coven an.« Sie zwinkerte Jamie zu. »Sie werden dich lieben. Anscheinend brauchen sie noch eine Lufthexe für ihren Kreis.«
Er stöhnte und hielt den Eisbecher in die Höhe. »Hast du noch mehr davon? Das verdiene ich wohl, wenn ich mich mit Amateuren abgeben soll.«
Lauren ging in die Küche. »Ich habe Karamel-Sutra, Baby.«
Die Nachmittagsstunde für Fortgeschrittene bei Spirit-Yoga war pickepackevoll. Lauren hatte keine Ahnung, wie Nat es schaffte, zwischen den Matten hindurchzugehen. Falls jemand beim Baum das Gleichgewicht verlor, würde er den halben Raum mit sich zu Boden reißen.
Jamie und sie waren in der letzten Reihe, zusammen mit den andern Yoga-Delinquenten. Je weiter
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