Verhext: Roman (German Edition)
gelockt.
Außerdem konnte man sich dort gut verstecken, und das vor aller Augen. Vor Erleichterung wurden Lauren die Beine weich.
Jamie stand neben ihr – er wankte. Sie schob ihn in einen Sessel und zog einen Schokoriegel aus der Handtasche. Doch er brauchte mehr zu essen, und das schnell.
Glücklicherweise herrschte daran in der Mile kein Mangel.
Dankbar lächelnd nickte Jamie zu dem wiedervereinigten Duo hinüber. »Das hast du gut gemacht.«
»Das haben wir gut gemacht. Ich hatte ja praktisch einen Röntgenblick.« Lauren musterte Jamie. »Wie viel hast du mir rübergeschoben? Du siehst ganz schön fertig aus.«
Jamie stopfte sich den Rest der Schokolade in den Mund. »Mehr als ich dürfte. Ohne einen Kreis war das eigentlich für uns beide zu gefährlich.« Er zuckte die Achseln. Sie verstand ihn, ohne dass er es aussprach. Manchmal konnte Magie nicht warten.
»Ohne deinen Energieschub hätte ich sie nicht gefunden.«
»Irgendwann hätte jemand sie im Schaufenster entdeckt. Aber wir wussten ja nicht, dass ihr keine Gefahr drohte. Ich hatte die ganze Zeit Aervyn vor Augen, wie er noch vor ein paar Jahren ohne Bescheid zu sagen aus dem Haus spaziert ist.« Jamie grinste. »Außerdem habe ich, seitdem ich hier bin, nicht mehr mit so viel Energie gespielt.«
Lauren nahm sich vor, Jennie zu fragen, wie groß genau das Risiko war, dass Jamie auf sich genommen hatte. Dann lächelte sie zurück. »Ja. Das war cool.«
Zum ersten Mal, seitdem sie aus Kalifornien zurückgekehrt war, vermisste sie die Magie. Es war einfach ein unvergleichliches Gefühl.
Gestärkt von zwei Portionen Pad Thai stapfte Lauren die Treppe zu ihrer Wohnung hoch. Es war ein langer Tag gewesen, und nun rief ihre Couch. Nach einem Abstecher in die Küche, um Eis zu holen, ließ sie sich in die Kissen sinken.
Verzückt schloss sie die Augen, als sie den ersten Löffel »Half Baked« im Mund hatte. Das war zwar keine der Sorten, die sie üblicherweise kaufte, aber alles, wo Brownie-Stückchen drin waren, musste einfach gut sein.
Okay, sie war zwar sehr müde, aber Eisbecher sollten eigentlich nicht von alleine wackeln. Vorsichtig öffnete sie ein Auge und entdeckte einen zweiten Löffel in ihrem Becher. Als sie nach dem Löffel griff, verschwand der Becher.
Der erste Schreck wich schon bald der Freude. Da sie Jamie mit Nat kuschelnd zurückgelassen hatte, war die Liste von möglichen Eisdieben nicht mehr sehr lang. »Gib mir mein Eis zurück, Hexenbengel.«
Hinter der Couch ertönte ein Kichern. Eigentlich sollte sie Aervyn die Leviten lesen, weil er sich quer durchs ganze Land teleportiert hatte. Das konnte auf keinen Fall sicher sein, selbst für Superboy-Wunderhexer. Aber stattdessen beugte sie sich über die Lehne ihrer Couch und wuschelte ihm durchs Haar. Sie hatte den kleinen Ausreißer ernsthaft vermisst.
Nun, ein paar Minuten durften sie sich wohl gönnen, bevor sie sich den Bengel zur Brust nahm. »Dann komm wenigstens her und teil mit mir.«
Aervyn reichte ihr den Becher und kletterte über den Couchrücken. »Kann ich bitte noch mehr haben? Ich habe Hunger.«
Sie drückte ihn an sich. »Es verbraucht bestimmt viel
Energie, sich so weit zu portieren, was? Wie bist du denn hinter der Couch gelandet?«
Den Mund voll mit Eis schüttelte Aervyn den Kopf. »Keine Ahnung. Ich glaube, ich habe ein bisschen daneben gezielt. In deinem Kopf sieht die Couch größer aus.«
Schaudernd dachte Lauren an die drei Stockwerke, die es vom Fenster aus nach unten ging, und hoffte inständig, dass er nie mehr als nur ein bisschen daneben zielte. »Also, warum bist du hier, mein Kleiner? In ein paar Tagen kommen wir doch schon zu Besuch.«
»Ich habe dich vermisst. Als wir heute einen Kreis gemacht haben, hat Mama gesagt, ich sollte mit einem anderen Channeler üben. Das wollte ich aber nicht. Ich muss andauernd mit bösen alten Hexen üben.«
»Ich dachte, Tante Jennie übt mit dir. Sie ist doch keine böse, alte Hexe.«
»Aber mit ihr macht es nicht so viel Spaß wie mit Onkel Jamie. Und sie hat mich gestern in Gedanken angeschrien, weil ich mich im Kreis nicht kon-zer-tiert habe.«
Lauren versuchte streng zu gucken, was angesichts des erbosten und aufmüpfigen kleinen Jungen nicht ganz einfach war. »Es ist sehr wichtig, sich im Kreis zu konzentrieren, Aervyn, vor allem wenn man so viel Magie wirkt wie du. Das weißt du aber auch.«
Das aufmüpfige Stirnrunzeln verschwand, und nun sah Aervyn nur noch traurig aus. Lauren zog ihn
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