Verhext: Roman (German Edition)
dass sie im nächsten Sommer wiederkommen konnte, dieses Mal für längere Zeit, um mehr über Pflanzen zu lernen.
Wann sie selbst realisiert hatte, dass sie eine Hexe war, wusste Sophie nicht mehr. Für sie hatten Magie und Pflanzen schon immer zusammengehört. Sommer für Sommer war sie zurückgekommen und hatte alles über Kräuter und Blumen und ihre Anwendung gelernt. Und auch weitere kurze Reime – um Wachstum zu fördern, Wirksamkeit zu steigern und schließlich auch, um zu heilen.
Irgendwie schien es, als hätte sie immer gewusst, dass Moira eine Hexe ist. Mit acht Jahren ist das nicht allzu schwer zu glauben. Auch nicht, dass man selber magische Kräfte haben könnte. Das Reimen hatte so viel Spaß gemacht. Sie wusste nicht mehr, wann genau daraus
Zaubersprüche geworden waren und die Pflanzen ein Mittel, um ihre Macht zu channeln.
Vielleicht war es einfacher, wenn man über eher stille Gaben verfügte wie Kräuterwissen oder Heilkräfte. Sophie hatte genug Zeit mit Tante Moiras Familie verbracht, um zu wissen, dass nicht alle magischen Fähigkeiten so sanft waren.
Sie musste an Mary Margaret denken, die über so starke Elementarmagie verfügte, dass sie selbst im Schlaf Feuer entfachte. Als ihre Kräfte sich entwickelten, musste mehr als einen Monat lang jemand mit magischen Fähigkeiten und einem großen Eimer Wasser neben ihrem Bett sitzen, wenn sie schlief.
Oder Niall, der Gedanken hören konnte und sich immer in der Scheune versteckte, weil sich die vielen Stimmen in seinem Kopf nicht zum Schweigen bringen ließen. Er hatte fast zwei Jahre gebraucht, um Barrieren aufzubauen, die stark genug waren, dass er ein Abendessen mit der Familie durchstehen konnte, ohne vor Anstrengung ganz blass zu werden.
Dass Laurens Gaben so stark waren, war eher unwahrscheinlich – es war wohl kaum möglich, Stimmen im Kopf zu überhören oder ein Feuer im Schlafzimmer nicht zu bemerken. Vermutlich hatte sie weniger auffällige Kräfte, bei denen man nicht sofort an Hexenwerk dachte. Das war ein Vorteil. In einer modernen Welt, die nicht an Hexen glaubte, war es nicht einfach, mit aufsehenerregenden Gaben gesegnet zu sein.
Nun, sobald Jamie Lauren getestet hatte, würden sie mehr wissen. Bis dahin konnte Sophie ihre Suppe genießen
und sich wieder an die Arbeit machen. Einige der Lotionen und Heilsalben wurden langsam knapp, und der Kräuterraum quoll über von der Ernte der Wintersonnenwende. Die Pflanzen waren gut durchgetrocknet, es war Zeit, sie in neue Produkte für ihren Webshop zu verwandeln.
Nicht zu vergessen die Kamillenlotion, die sie Tante Moira schicken wollte. So modern sie auch in vielerlei Hinsicht war, vergaß Sophie nach bester Hexentradition nie diejenigen zu ehren, von denen sie gelernt hatte.
Als Lauren das leise Summen hörte, wusste sie, dass der Portier die Greenleys hinaufgelassen hatte. Sie überließ ihnen diesen gemeinsamen Weg als Paar, damit sie ein Gefühl dafür bekamen, wie es war, gemeinsam nach Hause zu kommen. Heute spielte auch das Wetter mit: Ein strahlend frischer und sonniger Morgen brachte den Seeblick und die großen Fenster hervorragend zur Geltung.
»Kate, Mitch, willkommen zurück.« Lauren öffnete ihren Klienten die Tür. »Ich hoffe, Sie fühlen sich heute besser, Kate. Hat Mitch Ihnen Frühstück ans Bett gebracht?«
»Glauben Sie, ich lasse ihn in die Küche?« Kate lachte strahlend und übermütig. »Ich bin zwar kein kulinarisches Genie, aber er ist gefährlich. Immerhin hat er gute Bagels gekauft. Wir sind also gut vorbereitet.«
»Dann machen wir da weiter, wo wir gestern aufgehört haben, und gehen zurück ins Schlafzimmer und das angrenzende Badezimmer. Von der Badewanne aus hat
man tatsächlich einen Blick, der Ihnen gefallen wird, Kate.«
Lauren führte sie in den einfachen, aber überraschend warmen Raum: ein Boden aus Bambusholz, ein ruhiger Grünton an den Wänden und japanische Schiebtüren vor dem Schrank und dem Eingang zum Badezimmer. »Der Stil ist ein wenig Zen, finde ich, was aber dennoch zum modernen Look der Wohnung passt. Macht es gemütlicher.«
Kate ließ sich mitten im Zimmer auf den Boden sinken. Lauren, die schon lange verstanden hatte, dass ihre Klientin auf diese Weise den Raum im Kopf »ausprobierte«, war nicht überrascht. Was sie nicht erwartet hatte, war, dass Mitch sich zu seiner Frau auf den Boden gesellte, Rücken an Rücken, mit gekreuzten Beinen, den Computer im Schoß. »Lauren, lassen Sie uns einen Moment
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