Verhext
gefangen. »Ja, das haben Sie, Mylord, aber ich ziehe es vor, mir meine eigene Meinung zu bilden.«
»Vielleicht wäre es gut, wenn Sie lernen würden, hin und wieder einen vernünftigen Rat anzunehmen.«
Iphiginia runzelte die Stirn, zog es aber vor, nichts zu sagen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, daß dies nicht der geeignete Augenblick war, um ihn davon in Kenntnis zu setzen, daß sie nur noch höchst selten auf den Rat anderer Leute hörte. Zu Hause in Deepford war sie viel zu häufig gezwungen gewesen, das zu tun, was andere für richtig gehalten hatten.
»Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen.« Lartmore glitt zwischen zwei kopulierenden Statuen hindurch und wandte sich zur Tür. »Ich muß mich wieder um meine Gäste kümmern.«
Iphiginia starrte dem flüchtenden Lartmore wütend hinterher. Als er verschwunden war, fuhr sie zu Marcus herum.
»Ich erinnere mich nicht daran, daß Sie mir nur gesagt hätten, die Sammlung sei nicht von Interesse, Mylord. Ich glaube, Sie haben es etwas anders ausgedrückt. Man könnte vielleicht sogar so weit gehen zu sagen, Ihr gutgemeinter Hinweis sei eher so etwas wie ein Befehl gewesen.«
Marcus machte einen Schritt auf sie zu. Sein Blick war unergründlich. »Es war doch Ihre Idee, sich als meine Mätresse auszugeben, oder?«
Iphiginia machte einen Schritt zurück. »Ja, nun, ich nehme an, man könnte sagen, daß es ursprünglich meine Idee war. Trotzdem -«
»Lassen Sie mich Ihnen eins ganz klar sagen. Solange Sie sich in der Stadt herumtreiben und sich als meine Mätresse ausgeben, spielen Sie diese Rolle gefälligst auch.«
Beunruhigt durch die gefährliche Sanftheit seiner Stimme, trat Iphiginia noch einen Schritt zurück. »Also hören Sie, Mylord, Sie müssen verstehen, daß dies schließlich nur eine Rolle ist. Man könnte sagen, daß ich nur dem Namen nach Ihre Mätresse bin.«
»Wenn Sie erwarten, daß ich Ihnen erlaube, diese Rolle weiterzuspielen, dann befolgen Sie meine Ratschläge aufs Wort.«
Sie reckte trotzig das Kinn. »Sie meinen, Ihre Befehle, nicht wahr?«
»In der Tat, Madam. Meine Befehle.«
Iphiginia zog sich vorsichtig weiter zurück, bis ihr Bein gegen die kalte Marmorstatue zweier sich windender Gestalten stieß. »Ich bin es nicht gewohnt, die Befehle irgendeines Mannes zu befolgen, Sir.«
»Das ist mir klar. Der bedauernswerte verstorbene Mr. Bright hat Ihnen offensichtlich alles durchgehen lassen. Aber wenn Sie meinen, daß ich zulassen werde, daß Sie mich vor der gesamten besseren Gesellschaft zum Narren halten, dann irren Sie sich.«
Iphiginia verspürte plötzlich gewisse Schuldgefühle. »Mylord, es läßt sich leider nicht leugnen, daß meine Maskerade Sie in eine etwas unglückliche Position gebracht hat, aber ich versichere Ihnen, daß ich niemals die Absicht hatte, Sie in irgendeiner Weise zu erniedrigen.«
»Das liegt ja wohl nur daran, daß Sie irrtümlich davon ausgingen, ich sei tot.«
»Ja, nun, das gebe ich zu. Trotzdem -«
»Gestern abend fand ich Ihre Kühnheit noch recht unterhaltsam, aber heute abend sind Sie eindeutig zu weit gegangen, und ich bin nicht mehr auch nur im geringsten amüsiert.«
Iphiginias Schuldgefühle verflogen, und an ihrer Stelle wallte Zorn in ihr auf. »Ich hatte auch niemals die Absicht, Sie mit meiner Maskerade zu amüsieren, Mylord.«
Marcus machte einen erneuten drohenden Schritt in ihre Richtung. »Solange Sie die Rolle meiner Mätresse spielen, werden Sie meine Anweisungen befolgen, Madam.«
»Ihre Anweisungen?« Sie konnte sich nicht weiter zurückziehen, da sie zwischen den steinernen Gliedern des Paares, das hinter ihr kopulierte, gefangen war. »Sir, ich werde diese Rolle spielen, wie es mir paßt.«
»Nein, Madam, das werden Sie nicht.« Marcus streckte die Arme aus und umfaßte einen Fuß und eine Schulter der Statue hinter ihr, so daß sie zwischen seinen Armen festsaß. »Ich weiß am besten, wie sich meine Mätressen normalerweise verhalten. Ohne mich gäbe es diese Rolle schließlich gar nicht. Habe ich recht?«
»Ich nehme an, daß Sie in gewisser Weise recht haben, aber -«
»Ich habe recht. Ich habe diese Rolle geschaffen, und aus diesem Grund werde ich Ihnen zeigen, wie Sie sie zu spielen haben.«
Er neigte den Kopf, legte seinen Mund auf ihre Lippen und preßte sie gegen einen steinernen Schenkel.
Was Iphiginia als leises, atemloses Keuchen gedacht hatte, wurde zu einem stummen Seufzer. Sie klammerte sich an seine Schultern, mehr um die Balance zu
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