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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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vielmehr
davon überzeugt, daß Sie bei Verico waren, und niemand
außer Ihnen und Doktor Stevens weiß, was man Ihnen dort
zur Kenntnis gebracht hat. Ich weiß es jedenfalls nicht. Aber
was es auch sein mag, es macht Sie zu einer potentiellen Belastung
für die Mafiafamilien Gigliotti und Callipare. Das lag
natürlich nicht in Ihrer Absicht. Ein Mann wie Sie macht sich
nicht willentlich zu einer Belastung für solche Leute. Aber das
ist es, was Sie nun einmal sind. Und die Cosa Nostra schafft sich
Belastungen durch Mord vom Hals, denn das sind böse Menschen,
Doktor.
    Ein strenger, unerbittlicher Ausdruck, nicht wahr? Man verwendet
ihn nicht mehr oft. Er ist altmodisch, melodramatisch. Aber es gibt
keinen besseren, Doktor Lederer. Böse Menschen trauen keinem zu,
daß er seine Abmachungen einhält, auch nicht ihren eigenen
Verwandten. Und Sie gehören nicht mal zu deren Verwandten.
Früher oder später werden diese Leute Ihnen und Ihrem
Schweigen nicht mehr trauen. Immerhin haben sie auch Carlo Gigliotti
nicht getraut, und der war ein Familienmitglied. Und nun ist er tot.
Wie sicher sind Sie dann?
    Sie werden Sie umbringen, Doktor Lederer, früher oder
später. Wenn sich alles ein wenig beruhigt hat. Es wird wie ein
Unfall aussehen, aber Sie werden genauso tot sein wie Carlo. Wie
Benjamin Kozinski. Wie Judy Kozinski heute morgen beinahe gewesen
wäre, wenn wir sie nicht bewacht hätten. Diese Leute
können es tun – sie haben Ihnen schon bewiesen, wie leicht
sie sich Ihre Kinder schnappen können, wenn ihnen danach ist.
Das sind keine Steuerhinterzieher oder Kreditbetrüger. Das sind
professionelle Mörder und Kinderpornographen und
Drogenhändler und Leute, die einander Botschaften in Form von
Autobomben schicken.
    Sie erlauben Ihren Töchtern, jedermann die Tür zu
öffnen, Herr Doktor. Molly öffnete sie mir – voller
Vertrauen. Ich hätte mit einem Revolver dort stehen können.
Oder mit einem Messer. Ein Messer ist nicht so laut. Sie hätten
nicht einmal einen Blick auf den Mann werfen können, der Molly
die Kehle durchgeschnitten hätte. Und kein Abkommen, bei dem Sie
sich zum Schweigen verpflichten, kann das verhindern – weil
diese Leute ihre Abkommen nicht einhalten!
    Wir hingegen tun es, Doktor Lederer. Wir sind Ihre einzige
wirkliche Chance, Ihre Familie in Sicherheit zu wissen. Und solange
Sie uns nicht sagen, was Sie wissen, und uns nicht erlauben, Sie zu
beschützen und uns nicht in die Lage versetzen, diese Schweine zu erledigen, solange müssen Sie sich jedesmal, wenn es
an der Tür klingelt, fragen, wer wohl mit einem Messer oder
einem Revolver dort draußen steht. Jedesmal.
    Lassen Sie sich von uns schützen. Und helfen Sie uns, es
richtig zu machen.«
    Cavanaugh hielt inne. Lederer starrte ausdruckslos durch die
Windschutzscheibe. In dicken, trägen Flocken fiel Schnee vom
dunkelgrauen Himmel. Schließlich sagte er: »Ich kann Ihnen
nicht helfen, Mister Cavanaugh.«
    »Aber merken Sie denn nicht…« Das Mobiltelefon
klingelte.
    Er meldete sich, ohne Lederer anzusehen.
    Es war Felders. »Hören Sie zu, Bob…«
    »Ich höre«, sagte er, aber er wußte es
bereits.
    »Unser Mann war zwei Minuten zu spät dran. Sie haben
Julia Garvey in der Damentoilette von Dulles erwischt. Sie ist tot.
Messer.«
    Er hatte das Bild vor Augen: die energische grauhaarige Frau, die
mit fester Hand die Tür der Kabine aufstieß, sie hinter
sich schließen wollte, aber da schob sich der Killer
unmittelbar nach ihr durch die Tür – und mit ihm seine
scharfe Klinge. War es einer dieser langen Räume mit einer
ganzen Reihe von Türen? Hatte Frau Doktor Garvey eine Kabine in
der Mitte oder am Ende der Reihe gewählt?
    Er legte das Gespräch auf den Lautsprecher, damit Lederer
mithören konnte.
    »Zwei Zeuginnen«, sagte Felders, »aber eine davon
ist eine Drogensüchtige, die am Flughafen rumhängt, und die
andere ist hysterisch. Keine verläßliche Beschreibung des
Täters. Männlich, Regenmantel, brauner Hut, tief in die
Stirn gezogen. Keine Hinweise, wie er sich verdrückte.«
    »Wer arbeitet gern mit dem Messer?« fragte Cavanaugh mit
einer Stimme, die nicht wie seine eigene klang.
    »Teufel, die arbeiten alle am liebsten mit dem, was gerade am
günstigsten ist, das wissen Sie. Er nahm ihren Mantel und ihre
Handtasche mit, sie wollte offenbar beides gerade über den Haken
an der Tür hängen, sagte eine Zeugin. Falls Doktor Garvey
irgendwelche Papiere bei sich gehabt hat, dann sind sie
verschwunden.«
    Mark Lederer

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