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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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’ne feste Arbeit und legst jeden
Dollar zur Seite, bloß um deine Kinder wiederzukriegen,
richtig?«
    »Richtig.«
    »Na ja, deine Dollars dem Anwalt in den fetten Arsch zu
schieben, hat dir auch nicht geholfen, hab ich recht? Du hast deine
Kinder immer noch nicht.«
    »Richtig.« Das Wort schmerzte, wie ein Messer, das in
seiner Brust steckte. Penny. David. Saralinda…
    »Na ja, vielleicht«, sagte Grady, »vielleicht ist
es höchste Zeit, deine Dollars besser anzulegen.«
    Er hatte Saralinda so sehr geliebt. So verdammt geliebt! Niemand
hatte je eine Frau so geliebt, wie er Saralinda. Und sie hatte ihm
alles vor die Füße geworfen, hatte auf seine Liebe
gespuckt, sich abgewendet von ihm und war zurückgegangen in die
stinkende Siedlung…
    »Wendell?« sagte Grady. »Hörst du mir
zu?«
    »Wie?«
    »Ich sagte…«
    Es klopfte an der Tür.
    Charlie setzte sich gerade auf, sein großer Körper war
angespannt, sein zerbeultes Gesicht grinste. Er griff in die
Hosentasche. Grady legte eine Hand auf Charlies Arm.
    »Wendell? Wendell, bist du da?« Lewis R, Gerichtsdiener,
Wendells verdammter A.A.-Bürge. Und was, zum Teufel, hatten die
A.A. je für Lewis getan? Sie hatten ihn in einen neugierigen
Blindgänger verwandelt. Und was hatten sie für Wendell
getan?
    Nichts, rein absolut gar nichts.
    »Mach nicht auf!« flüsterte Grady. Seine Augen
wandten sich keinen Moment von Wendells Gesicht ab. »Mach nicht
auf, Mann. Du bist nicht in der Verfassung dazu.«
    Wendell starrte Grady böse an, sprang vom Sofa hoch und fiel
über den Couchtisch. »Was für ’n Idiot hat denn
den da herbestellt!« Schwankend kam er hoch und stolperte zur
Tür.
    »Machen wir ihn fertig!« grinste Charlie.
    Wendell riß die Tür auf. Lewis stand im leise fallenden
Schnee draußen, ein dicker, wabbeliger Mann in einem braunen
Mantel. Kein Hut, keine Handschuhe. Seine Augen blickten ernst.
»Hallo, Wendell. Kann ich reinkommen?«
    »Nee, kannst du nicht.«
    »Also gut.« Lewis rührte sich nicht von der Stelle.
»Willst du mitkommen auf einen Kaffee?«
    »Hab Besuch.«
    »Das sehe ich.« Lewis warf einen Blick an Wendell vorbei
in den Raum. Eine Sekunde lang – eine verdammt unheimliche
Sekunde lang – konnte Wendell sehen, was Lewis sah: den
grinsenden Charlie, der aufrecht und riesig wie ein Haus auf dem Sofa
hockte, gekleidet in ausgebeulte Jeans und Stiefel und ein blaues
Hemd, und daneben Grady, schlank und angespannt, eine Hand auf
Charlies Arm, in der anderen ein Glas. Die Flasche auf dem
Couchtisch. Den zertrümmerten Stuhl, den Charlie beim
Demonstrieren irgendwelcher Kampfsporttritte zertrampelt hatte. Die
schmutzigen Gläser und die leeren Pizzakartons und die
Bierflaschen und Decken auf dem Boden. Na und? Sollte Lewis es doch
alles sehen! Was machte das schon aus? Hatten denn die verdammten
Anonymen Alkoholiker je irgend was für Wendell getan?
    »Wendell, ein Ausrutscher ist nicht das Ende des Programms.
Der bedeutet nicht, daß du nicht weitermachen kannst. Du bist
schon so weit gekommen, hast solchen Mut bewiesen im Kampf
gegen…«
    »Klar, ich bin ein verdammter Held!« lallte Wendell, und
hinter ihm lachte Charlie.
    »Wendell…«
    »Hau ab, zum Geier!« brüllte Wendell und schlug die
Tür vor Lewis keifendem Maul zu. Genau wie Saralinda immer
gekeift hatte! Nein, nein, nicht wie Saralinda, überhaupt nicht
wie Saralinda… Saralinda…
    Er faßte sich an den Magen und taumelte gegen die
geschlossene Tür. Grady sprang auf. »Wendell, Mann, ist dir
schlecht? Soll ich dich aufs Klo führen?«
    »Laß mich in Ruhe«, keuchte Wendell.
    Nach einer Minute war es wieder vorbei, und er torkelte
zurück und ließ sich neben Charlie aufs Sofa fallen.
    »He, kleiner Wendell«, sagte Charlie leise, fast
zärtlich.
    Grady sah mit zusammengekniffenen Augen zu. Nach einer Weile schob
er den Couchtisch zur Seite und hockte sich vor Wendell hin.
    »Hör zu, Mann, du willst deine Kinder wiederhaben. Das
zeigt, daß du ein guter Vater bist. Ein Vater hat ein Recht auf
seine Kinder, besonders, wenn er sie so liebt wie du. Und wenn sie an
so ’nem gefährlichen Ort sind. Ist ganz logisch. Wendell,
Menschenskind, nichts, was du bisher versucht hast, hat was gebracht.
Du hast es auf legale Weise versucht, und es hat nichts gebracht.
Vielleicht ist es an der Zeit, mal was anderes zu
versuchen.«
    »Vielleicht«, sagte Wendell langsam.
    Von allein geht gar nichts.
    Grady lächelte. Seine Stimme wurde noch sanfter; er klang
überhaupt nicht

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