Verirrte Herzen
und wählte Nadines Nummer.
»Holtmann«, meldete diese sich bereits beim zweiten Klingeln.
»Ich bin es«, schluchzte Anne ins Telefon. Mehr bekam sie nicht mehr heraus, bevor sie endgültig in Tränen ausbrach. Anne ließ ihren Tränen freien Lauf, während sie Nadine in abgerissenen Wortfetzen zu erklären versuchte, was vorgefallen war.
»Bestimmt ist ihr etwas Unaufschiebbares dazwischengekommen«, versuchte Nadine sie zu trösten.
»Und wenn schon, sie hätte sich doch wenigstens kurz melden können«, machte Anne mit zitternder Stimme ihrem Ärger Luft.
Nadine wusste nichts Passendes zu erwidern und hörte statt dessen aufmerksam Annes Beschwerden zu.
»Es ist ja nicht das erste Mal. Ständig macht sie so etwas. Bin ich ihr denn überhaupt nicht wichtig? Immer nur ihre Arbeit. Mich scheint sie einfach zu vergessen.« Natürlich wusste Anne selbst, dass sie etwas übertrieb, aber in diesem Moment war sie einfach zu tief getroffen. Ihre Gefühle fuhren Achterbahn, sie konnte sich nicht dagegen wehren.
»Sie wird sicherlich gleich auftauchen, und sie hat bestimmt auch eine gute Erklärung«, schaffte es Nadine schließlich doch noch, Anne nach einiger Zeit ein wenig zu beruhigen, und gerade, als sie ihr Gespräch beendet hatten, öffnete sich die Wohnungstür.
Eine bedrückte Caro betrat mit gesenkten Schultern und schuldbewusstem Blick die Wohnung. Sie wusste, dass sie einen nur schwer wiedergutzumachenden Fehler begangen hatte.
Noch bevor sie ansetzen konnte, etwas zu ihrer Verteidigung zu sagen, herrschte Anne sie wutentbrannt an: »Schön, dass du auch noch nach Hause kommst. Ich wünsche dir einen guten Appetit, dein Kotelett musst du dir selbst braten. Ich bin im Schlafzimmer.« Sie stampfte davon.
Jeder Schritt hallte bedrohlich laut in Caros Ohren. Sie erkannte, dass es sinnlos war, wenn sie versuchen wollte, Anne aufzuhalten. Erst jetzt bemerkte sie den hübsch dekorierten Esstisch und das kleine Schächtelchen an ihrem Platz.
Manchmal nervte es Caro ungeheuerlich, dass Anne immer so emotional und manchmal auch völlig übertrieben reagieren musste. Aber sie konnte ihre Freundin ja auch verstehen. Es war wirklich nicht nett von ihr gewesen, nicht einmal Bescheid zu geben. Immerhin wusste sie, wie empfindlich Anne sein konnte.
Caro bereute zutiefst, und obwohl sie befürchtete, Anne würde eine Entschuldigung nicht so schnell akzeptieren, eilte sie hinter Anne her zum Schlafzimmer.
Als sie Anne eingeholt hatte, legte sie ihr die Hand auf die Schulter, um sie zum Stehenbleiben zu bewegen.
Anne hielt in ihrer Bewegung inne und drehte sich zu ihrer Freundin um. Aus roten, geschwollenen Augen betrachtete sie Caro verletzt. Die Hände in die Hüften gestemmt wartete sie, was Caro zu ihrer Verteidigung zu sagen hatte.
»Bitte sei mir nicht böse. Es tut mir wirklich leid, dass ich nicht angerufen habe. Es ist ein verdammt wichtiger Termin dazwischengekommen und es ging alles so schnell, da habe ich es einfach vergessen. Ich weiß, das ist eine dumme Entschuldigung, und du hast jedes Recht, wütend auf mich zu sein. Vor allem, weil du hier alles so wunderschön . . .« Ihre Stimme brach plötzlich ab, und sie merkte, dass sie selbst den Tränen nahe war. Sie vermasselte aber auch immer alles. Anne hatte sich offensichtlich so sehr bemüht, den perfekten Abend für sie vorzubereiten.
Die Tischdekoration sah einfach hinreißend aus, und Annes Anblick in ihrem Cocktailkleid war unwiderstehlich. Und dann noch dieses kleine Kästchen an ihrem Platz.
Annes Wut war einer großen Trauer gewichen. Sie versteckte ihr Gesicht hinter den Händen, um die erneut aufkommenden Tränen vor Caro zu verbergen.
Dieser Anblick zerriss Caro das Herz. Mit langsamen Schritten ging sie auf Anne zu und nahm sie behutsam in die Arme.
Anne machte keine Anstalten sich zu wehren, sondern ließ es einfach geschehen. Sie schmiegte ihren Kopf an Caros weiche Brust. Dicke Tränen quollen aus ihren Augen und durchnässten Caros Bluse. Lange schwiegen sie. Anne genoss das Gefühl der Nähe, auch wenn sie immer noch von Caros Verhalten enttäuscht war. Caros Wärme durchströmte sie angenehm. Ihr Herzschlag beruhigte sich langsam.
»Ich hatte eigentlich eine Kleinigkeit für dich«, schluchzte Anne und deutete mit dem Finger auf das kleine Päckchen. »Vielleicht willst du es ja auspacken.« Anne versuchte zu lächeln, doch es wollte ihr nicht recht gelingen. Ihr Gesicht verzog sich statt dessen zu einer Grimasse.
Caro
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