Verirrte Herzen
nickte und hob das Geschenk vorsichtig hoch. Langsam öffnete sie den Deckel, und als sie den einzigartigen Ring erblickte, stockte ihr der Atem. »Anne, der ist wirklich wunderschön. Danke.« Sie hauchte Anne einen Kuss auf die Wange.
»Steck ihn dir einmal an, ob er auch wirklich passt.« Annes Stimme klang wieder etwas gefasster.
Caro kam dieser Aufforderung sofort nach, und der Ring saß wie angegossen. Sie lächelte Anne zu und hoffte wenigstens einen halbwegs glücklichen Gesichtsausdruck zurückzubekommen. Ein zaghaftes Lächeln ließ sich tatsächlich auf Annes Lippen erahnen.
Anne umarmte Caro zögerlich. Sicherlich würde sie ihr verzeihen können, aber sie brauchte etwas Zeit dazu. Sie hatte sich diesen Abend in den schönsten Farben ausgemalt. Aber am Ende war alles ganz anders gekommen.
Caro verstand, was in ihrer Freundin vorging.
»Frau Stegner, kommen Sie bitte mit.« Anne hatte die Akte einer neuen Patientin in der Hand. Nora Stegner. Vor acht Wochen Kreuzbandriss im rechten Knie. Heute war ihr erster Termin.
Eine große, schlanke Frau stand auf und folgte ihr in den engen, fensterlosen Raum. Sie musste etwa in Annes Alter sein, vielleicht ein paar Jahre älter.
»Ziehen Sie bitte Ihre Hose und Ihre Schuhe aus und nehmen Sie dann dort Platz.« Anne deutete auf eine Liege, die an der Wand gegenüber der Tür stand.
»Gern doch«, raunte die Fremde mit rauchiger, durchdringender Stimme. Dabei zog sie ihre rechte Augenbraue kokett hoch.
Erst jetzt betrachtete Anne ihre Patientin genauer. Lange, schwarze Haare umrandeten ein blasses Gesicht. Der Blick, den sie Anne aus ihren dunklen Augen zuwarf, hatte etwas Geheimnisvolles. Anne konnte ihre Empfindungen nicht in Worte fassen. Zweifellos, diese Nora Stegner besaß eine eigenartige Ausstrahlung.
Sie streckte sich auf der Liege aus und schlug ihre schlanken Beine übereinander.
»Ich werde mir zunächst ein Bild von ihrem Zustand machen«, erklärte Anne ihr Vorgehen. Zu ihrer eigenen Verwunderung klang ihre Stimme viel zu hoch.
»Bitte. Ich habe nichts dagegen, wenn Sie mich berühren.« Nora löste ihre Beine voneinander und spreizte sie ein wenig. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
Anne betastete das operierte Knie. Als sie die samtige Haut viel zu zaghaft berührte, überkam sie eine Gänsehaut. Annes Atem beschleunigt sich, ihr wurde heiß.
Um Professionalität bemüht führte sie einige kurze Tests durch, damit sie sehen konnte, wie beweglich die Patientin war und worin ihre Arbeit bestehen würde. Schnell hatte Anne einen Übungsplan erstellt.
»Zweimal pro Woche sollten wir uns schon sehen«, riet Anne in angestrengt ruhigem Ton. »Auf jeden Fall. Das ist das Mindeste. Je öfter wir uns sehen können, desto besser.«
Nora Stegner warf ihr einen vielsagenden Blick zu und schenkte Anne ein verführerisches Lächeln. Ihre strahlend weißen Zähne blitzten.
Anne erschrak angesichts dieses offensichtlichen Flirtversuchs. Sie wurde verlegen, und eine leichte Röte stieg ihr ins Gesicht. Unweigerlich fiel ihr Blick auf den schwarzen Spitzenslip, der Noras runden Po verhüllte, in den die atemberaubend langen Beine mündeten.
Schnell wandte sie ihre Augen ab und räusperte sich. Was war los mit ihr? Frau Stegner war nur eine Patientin von vielen, allerdings eine, die offensichtlich gern etwas Verwirrung stiftete.
»Jetzt müssen wir noch einige Übungen machen«, stotterte Anne. Sie spürte einen Kloß in ihrem Hals. Ihr Herz stolperte.
Verunsichert setzte Anne die Sitzung fort und erklärte einige Übungen. Noras betörender Duft stieg ihr in die Nase und störte ihre Konzentration gewaltig. Sie fühlte sich unwohl in Gegenwart dieser Frau, die etwas Unheimliches an sich hatte.
»Bis zum nächsten Mal. Es hat mich sehr gefreut«, verabschiedete sich Nora am Ende der Therapiestunde und streckte Anne ihre schlanke Hand entgegen. Wieder zog sie dabei ihre Augenbraue verführerisch nach oben.
Alles an ihr machte Anne nervös. Ihre Hände schwitzten, und sie wischte sie notdürftig an ihrer Jeans ab, bevor sie der Patientin die Hand reichte.
»Ja, mich hat es auch gefreut«, entgegnete Anne. Sie strich sich eine Strähne aus der Stirn.
Als Nora endlich weg war, schloss Anne die Tür und setzte sich auf die Liege. Ihre Lunge füllte sich viel zu hastig mit Luft. Diese Fremde hatte sie ziemlich verwirrt.
Anne versuchte sich Caros Gesicht vor Augen zu rufen, aber es wollte ihr nicht gelingen. Immer tauchte
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