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Verirrte Herzen

Verirrte Herzen

Titel: Verirrte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Schoening
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an.
    Anne unterzeichnete und nahm dann den Strauß. Sie schob ihre Nase mitten in die Blüten und atmete einmal tief ein. Die Rosen dufteten herrlich.
    Ihr Blick fiel auf einen kleinen, himmelblauen Umschlag, auf dem in Druckbuchstaben ihr Name stand. Sie wunderte sich, wer ihr wohl Blumen auf die Arbeit schickte. Caro würde so etwas sicherlich nie machen. Sie trennte strikt Privatleben und Beruf. Außerdem schenkte sie ihr immer nur Blumen, um sich zu entschuldigen. Doch dazu gab es momentan keinen Grund. Ihr letzter Streit war schon einige Tage her. Sie hatten sich wieder versöhnt, zumindest hatte Anne Caro gegenüber behauptet, alles sei wieder in Ordnung.
    Ganz plötzlich kam ihr eine Idee: Nora. Die Rosen mussten von Nora sein.
    Aufgeregt fischte sie den Umschlag aus den Blumen und zog mit zitternden Fingern die Karte heraus. Auf der Vorderseite waren zwei weiße Schwäne, deren Hälse ein Herz bildeten. Sie drehte die Karte um und begann zu lesen.
    Die makellosesten Rosen, die ich finden konnte. Für eine wunderschöne Traumfrau. Ich warte heute Abend vor dem Schauspielhaus auf Dich. Ich hoffe, ich sehe Dich. Nora.
    Zwei Theaterkarten für Endstation Sehnsucht fielen Anne in die Hände, als sie den Umschlag noch einmal genauer untersuchte. Heute Abend, zwanzig Uhr.
    Anne war sprachlos, ein Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Ihre Augen begannen zu leuchten. Sie fühlte sich sehr geschmeichelt durch die wenigen Zeilen, die Nora geschrieben hatte. Ihr Herz pochte wild in ihrer Brust.
    Sie konnte sich nicht erinnern, wann ihr das letzte Mal jemand eine romantische Nachricht geschickt hatte. In den ersten Monaten ihrer Beziehung hatte Caro sie mit Liebesbriefen überhäuft, aber seit sie zusammenwohnten, schrieb sie nur noch nüchterne Notizen.
    Mit geröteten Wangen las Anne die Nachricht ein zweites Mal und genoss in Gedanken jedes Wort.
    Es war nun beinahe zwei Wochen her, seit sie mit Nora zum Essen verabredet gewesen war. Doch ihr Bild geisterte lebhaft durch ihren Kopf, jeden Tag und jede Nacht aufs neue. Es verging kaum eine Stunde, in der sie nicht sehnsuchtsvoll an sie dachte. Sie stellte sich vor, Nora zu berühren, ihre sanften, vollen Lippen zu küssen.
    Anne musste sie heute Abend unbedingt sehen. Daran bestand keinerlei Zweifel.
    Sie dachte darüber nach, wie sie das Caro erklären sollte. Ihr kam die Idee zu erzählen, dass sie heute nun endlich die neue Sportgruppe besuchen würde, in der sie schon seit Wochen mittrainieren wollte. Caro würde Lilly sicherlich ins Bett bringen, und ihre Tochter war von Caros Geschichten und Liedern immer so begeistert, dass sie ohnehin oft genug bettelte, dass Caro sie schlafen legen sollte. Das würde klappen. Caro käme niemals auf die Idee, dass Anne sie belügen oder gar betrügen würde.
    Und das würde sie auch nicht tun. Sie gingen nur ins Theater.
    Voller Vorfreude sah Anne dem Abend entgegen.
    Wie erwartet nahm Caro ihr die Lüge ohne weiteres ab. Erstaunlicherweise fühlte Anne sich dieses Mal nicht schlecht dabei, ihre Schuldgefühle waren wie weggeblasen.
    Zehn Minuten wartete sie nun schon auf Nora, trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Sie war wieder einmal viel zu früh losgegangen. Zahlreiche Menschen hetzten mit gesenkten Köpfen über den großen Platz vor dem Schauspielhaus.
    Der Abend war sternenklar. Anne beobachtete das Funkeln am Himmelszelt, suchte die wenigen ihr vertrauten Sternbilder, um sich abzulenken. Ihre Hände hatte sie in den Taschen vergraben, die Theaterkarten hielt sie dabei fest umschlossen. Es war sehr kalt, und der stürmische Wind zerwühlte ihre Haare. Aber nichts konnte Anne in diesen Minuten etwas anhaben.
    Hoffentlich kommt sie auch wirklich, dachte sie.
    Endlich schwebte Nora die Treppe aus dem Parkhaus herauf, geradewegs auf Anne zu. »Ich wusste, du würdest kommen.«
    Ihre rauchige Stimme klang in Annes Ohren wie Musik. Sofort machte ihr Herz einen kleinen Freudensprung. Sie suchte Noras Augen, und als sich ihre Blicke trafen, versank sie in dem dunklen Braun, das ihr entgegenfunkelte. »Danke für die wunderschönen Blumen«, sagte sie und errötete leicht.
    »Es freut mich, dass sie dir gefallen haben.« Nora zog verführerisch ihre Augenbraue hoch.
    Annes Knie wurden weich. An diesem Abend sah Nora noch schöner aus als sonst. Jeder Blick, jede Geste versprühte eine ungeheure Erotik. Anne konnte das Knistern, das in der Luft lag, förmlich hören. Noras Ausstrahlung zog sie magisch in ihren Bann.

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