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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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nahmen wir in den Bänken auf der linken Seite Platz.
    «Heute feiern wir den ersten Sonntag nach dem Hochheiligen Osterfeste, welchselbiger auch der ‹Weiße Sonntag› oder Quasi Modo Geniti genannt wird», hub der Zelebrant an. «Das Evangelium, welches wir hören werden, ist dasjenige des Johannes 20 von des Thomae Unglauben.»
    Aber meine Gedanken kreisten immer noch unaufhörlich um den Tod Danilos, den ich Cloridia noch in derselbigen Nacht nach meiner Rückkehr in die Himmelpforte ausführlich beschrieben hatte. Ich muss kaum erwähnen, dass jenes Geschehen uns beide in den Zustand allergrößter Sorge versetzt hatte. Die letzten Worte des Studenten ließen vermuten, dass der Mord von den Türken verübt worden war. Zudem wollte Danilo uns ja treffen, um uns die ersten Ergebnisse seiner Nachforschungen über den Goldenen Apfel mitzuteilen.
    «Mit dem heutigen Tage», fuhr der Priester fort, «endigen die Feiern der Heiligen Passion, des Todes und der Auferstehung unseres Herren Jesu Christi, welche vor drei Wochen mit dem Schwarzen Sonntage, auch Judica genannt, begannen, als die Juden Jesu steinigten, wie im Johannesevangelium 8 berichtet. Es folgte sodann der Palmsonntag, als, wie man im Matthäusevangelium 21 liest, Jesus in Jerusalem einzog. Am vergangenen Sonntage, dem Hochheiligen Osterfeste, lasen wir den Bericht von der Auferstehung Unseres Herrn, so uns der Evangeliste Markus hinterlassen hat, am Ostermontage dann Lukas 24, den Gang nach Emmaus; am Dienstag idem , nämlich Jesu Segnung der Kinder. All dieses sind Kunden von Freude und Seligkeit.»
    Doch was hatten die dunklen Worte zu bedeuten, die Danilo im Sterben gestammelt hatte? Waren es nur vage Erinnerungen an das, was er erfahren hatte? Oder finstere Drohungen, die seine Mörder gegen ihn ausgesprochen hatten, bevor sie ihn töteten? Cloridia und ich waren zudem höchst besorgt, dass jemand den Tod Danilos mit mir und Simonis in Verbindung bringen könne und wir in einen Prozess verwickelt würden.
    «Aus diesem Grunde nun werden die vier folgenden Sonntage mit Worten des Jubeins und Hoffens bezeichnet: Misericordia , Jubilate , Cantate und Rogate . Und vergesset nicht des Wunders der Liebe und Vergebung, welches sich vor Jahrhunderten in ebendiesem Kloster ereignete, dahero es seinen Namen erhielt: Himmelpforte, lateinisch Porta Coeli : Es begab sich nämlich, dass die Schwester Pförtnerin auf Abwege geriet und mit ihrem Beichtvater floh. Da nahm die Muttergottes ihren Platz ein und verwandelte sich in die Gestalt jener Verderbten. Und erst als die Sünderin reuig zurückkehrte, gewahrte die Äbtissin jenen Ersatz, und die Heilige Jungfrau offenbarte sich und segnete die Sünderin, um sodann vor den bestürzten Augen aller Nonnen zu verschwinden. Also freuet Euch und hoffet auf die Barmherzigkeit des Allerhöchsten», schloss der Priester.
    O ja, zum Hoffen bestand wahrlich Anlass, sagte ich mir bei den Worten, die da von der Kanzel kamen. Vorerst war noch niemand gekommen, uns daheim oder woanders zu suchen. Wenn alles gutging, wie mein Gehilfe vorhergesagt hatte, würde man den Tod von Danilo Danilowitsch zum traurigen Ausgang eines Streites zwischen Betrunkenen oder kleinen Kriminellen erklären. Für die Exequien würde eine mitleidige, wohltätige Bruderschaft sorgen.
    Während der Messfeier hieß Atto seinen Neffen mal in diese, mal in jene Richtung blicken. Er suchte jemanden, und ich wusste genau, wen. Schließlich fragte er mich direkt nach der Person.
    «Ist sie gekommen?»
    «Wer?», stellte ich mich ahnungslos.
    «Wer wohl? Die Pállfy, verdammt nochmal. Domenico hat sie sich unter einem Vorwand von einer der Ordensfrauen beschreiben lassen. Angeblich besucht sie oft hier in der Kirche die Frühmesse. Aber es ist niemand da, auf den die Beschreibung passt.»
    «Da kann ich Euch nicht helfen, Signor Atto», antwortete ich, während uns aus der hinteren Bank jemand Schweigen gebot und böse Bemerkungen gegen die üblichen italienischen Schwätzer brummelte.
    Ich richtete den Blick nach oben. Auf der Empore saßen die Nonnen, während die Laienschwestern vorne im Seitenschiff versammelt waren. Ich entdeckte auch die Chormeisterin: Über die Kniebank gebeugt, betete sie inbrünstig, das Gesicht mal zum Gekreuzigten, mal zur Statue der Heiligen Jungfrau der Himmelpforte aufrichtend. Ich spähte genauer hin: Camillas Schultern zitterten, mir schien gar, als weinte sie. Schon am gestrigen Abend hatte ich sie angespannt erlebt. Nun

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