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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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Türken mit Eugen von Savoyen darüber gesprochen haben und warum sie gesagt haben, dass sie soli soli soli , also ganz allein gekommen sind. Und wir werden auch nicht verstehen, was Danilo uns sagen wollte, bevor er starb.»
    «Einen Moment», sagte Populescu, «ich bin ja noch nicht am Ende.»
    In Wirklichkeit, erklärte er, beginne die Geschichte im Jahr 1529, während der ersten großen Belagerung Wiens durch die Türken. Mir war dieses Datum inzwischen vertraut: In jenem Jahr hatten die Heere Süleymans des Prächtigen ihr Hauptquartier in der Simmeringer Haide aufgeschlagen, wo Maximilian später das Schloss Ohne Namen erbauen ließ.
    «Es ist bekannt», sagte Populescu, «dass Süleymans Armee nach der langen Belagerung auf die Erstürmung der Stadt verzichten und in die Heimat zurückkehren musste, weil ein besonders harter Winter ausgebrochen war und die Osmanen in ihren Zelten die Kälte nicht ertrugen.»
    Da wies Süleyman auf den Turm des Stephansdoms, den man vom türkischen Lager aus deutlich sehen konnte. Er hätte den Befehl geben können, ihn mit Kanonen zu beschießen, doch stattdessen sagte er zu seinen Männern: «Für dieses Mal müssen wir uns versagen, Wien zu erobern. Aber eines Tages wird es uns gelingen! An dem Tag wird der Turm, den ihr dort seht, ein Minarett für das moslemische Gebet werden, und daneben wird eine Moschee stehen. Darum will ich, dass der Turm auch mein Wahrzeichen trägt!»
    Süleyman ließ also eine mächtige Kugel aus massivem Gold anfertigen, so groß, dass sie drei Scheffel Korn enthalten konnte, und er sandte sie den Wienern mit einem Angebot: Wenn sie die Kugel auf die Spitze des Glockenturms von St. Stephan setzten, würde er, Süleyman, darauf verzichten, den Turm mit Kanonen zu zerstören. Der Kaiser willigte ein, und von da an thronte die Kugel auf der Spitze des Turmes.
    «Darum wird Wien seither der Goldene Apfel von Deutschland und Ungarn genannt», schloss Populescu.
    «Aber ich habe noch mehr herausbekommen», versetzte Opalinski. «Ich habe nämlich einen ungläubigen Stallknecht aus Ofen befragt, dem ungarischen Buda also, und der hat mit Yussuf, dem Grenzdolmetscher aus dem Gefolge des Agas, welcher ebenfalls aus Ofen stammt, gesprochen.»
    Ein anerkennendes, aber gleichzeitig banges Gemurmel erhob sich: Einem aus ihrer Gruppe war es gelungen, direkt bei den gefürchteten Osmanen Auskünfte einzuholen.
    «Es war nicht einfach», erläuterte Janitzki, «anfangs war er sehr misstrauisch. Er sprach weder Italienisch noch Deutsch. Nur die lingua franca , das osmanische Kauderwelsch, welches venezianische und genuesische Händler in Konstantinopel eingeführt haben, verstand er ein wenig.»
    Opalinski hatte sich dem ungläubigen Stallknecht genähert und zum Gruße mehrmals «Allah» gerufen, um keinen Verdacht zu erregen. Dann hatte er mit seinen Fragen begonnen, aber sein Gegenüber hatte sich nicht täuschen lassen und sofort seinerseits gefragt:
    «Türke, sagen, wer er ist da? Anabaptista? Zwinglista? Koffita? Hussita? Morista? Fronista? Sein Pagana? Lutherana? Puritana? Bramina? Morina? Zurina?»
    «Mohammedana, Mohammedana!», hatte Jan auf die aufgeregten Fragen des anderen geantwortet, ob er womöglich anderen Glaubens sei.
    «Ili valla! Ili valla!», hatte der Stallknecht erleichtert ausgerufen. «Wie die Nama?»
    «Schordina», hatte Opalinski gelogen.
    «Sein gut Türke, der Schordina?», hatte er darauf mit erhobenem Zeigefinger gefragt, um sich der Treue des Polen zum Sultan zu versichern.
    «Jok, jok», hatte dieser ihn beruhigt.
    «Nicht sein Intriganta? Nicht Maleficanta?»
    «Nein, nein, nein!»
    Darauf hatte der Ungläubige zu singen begonnen:

    Für Schordina , Mahometa ,
    Früh und späta beta , beta !
    Wollen machen Paladina
    Aus Schordina , aus Schordina ,
    Zu beschütza Palästina !
    Kriegen Sabul und Turbanta
    Und Galeera und Briganta .
    Für Schordina , Mahometa ,
    Früh und späta beta , beta !

    Das war der traditionelle Gruß in der lingua franca , mit dem das Vertrauen in den Gesprächspartner erklärt wurde. Von nun an konnte Opalinski den ungläubigen Stallknecht um jeden Gefallen bitten.
    «Uff», murrte Populescu ungeduldig, eine Spur Neid in der Stimme, «wir haben verstanden, wie gelehrt du bist, und alle bewundern dein unendliches Wissen. Aber jetzt komm bitte zur Sache!»
    Von dem Stallknecht hatte Opalinski erfahren, dass Ferdinand I., der Bruder des Kaisers, kaum dass Süleymans Armeen vor Wien abgezogen waren, ein

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