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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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christliches Kreuz auf der Kugel hatte anbringen lassen. Als Süleyman das erfuhr, geriet er fürchterlich in Harnisch und kündigte einen erneuten Feldzug an. Also wurde unter großen Opfern aus den Kassen des Sultans und seiner (durch die gescheiterte Belagerung fast ruinierten) Geldgeber wieder eine Streitmacht aufgestellt, die im Jahre 1532 in die Steiermark einfiel und sie mit Feuer und Schwert verheerte. Zum Glück gelang es Süleyman auch dieses Mal nicht, in Wien einzumarschieren, im Gegenteil, er kam nicht einmal so weit: Die Festung Gün in der Steiermark und ihr heroischer Kommandant Niklas Jurischitsch leisteten erbitterten Widerstand, obwohl sie genau wussten, dass sie dem sicheren und grausamen Tode entgegengingen. So konnten sie die Hauptstadt um den Preis ihres eigenen Lebens retten. Denn das Kaiserliche Heer, von Karl V. persönlich angeführt, traf rechtzeitig ein, schlug Süleyman in die Flucht und fügte ihm überdies den Verlust von zehntausend Mann zu.
    «Das Jahr 1532 stand wirklich unter einem guten Stern», seufzte der Grieche Simonis, entzückt über die Niederlagen der verhassten Osmanen. «Unter Führung des Genuesers Andrea Doria konnten die Kaiserlichen nämlich auch Patras und andere Städte in Zentralgriechenland von den Türken befreien. Ah, welch gloriose Zeiten! Freue dich, Penicek!»
    Und Penicek, den Befehlen seines Schoristen wie üblich gehorchend, begann zu lachen.
    «So doch nicht!», mäkelte Simonis. «Mehr Zufriedenheit, Genugtuung!»
    Also mimte Penicek Zufriedenheit: Er nickte heftig mit dem Kopf und schwenkte die vorgestreckten Fäuste, eine pathetische Szene, die alle zu spöttischem Gelächter reizte.
    «Mehr!», befahl der Grieche.
    Penicek erhob sich und fuhr stehend mit denselben Gesten fort, bis Opalinski ihm grinsend einen kräftigen Tritt in den Hintern versetzte. Der arme, hüftlahme Pennal, der sich ohnehin schlecht auf den Beinen hielt, stürzte unglücklich zu Boden.
    «Er versteht also auch Italienisch», bemerkte ich.
    «Ja, aber er gehört nicht zu unserer Gruppe aus Bologna. Er hat in Padua studiert, dieser Esel, und das merkt man auch!», lachte Opalinski.
    Den Kaiser aber, fuhr er fort, nachdem Penicek gedemütigt zu seinem Stuhl zurückgekehrt war, dünkte es nun klüger, das Kruzifix von der goldenen Kugel abnehmen zu lassen und einen Friedensvertrag mit dem Sultan zu schließen. Seither blieb die Kugel für die Türken das Symbol Wiens; und ihr Angriffsziel.
    «Moment mal, da stimmt etwas nicht», wandte ich ein. «Du, Simonis, hast mir erzählt, dass der Goldene Apfel für die Osmanen nicht nur Wien, sondern ebenso auch Konstantinopel, Buda und Rom symbolisiert. Aber wenn ich mich recht erinnere, wurde Konstantinopel schon vor vielen Jahrhunderten von den Türken erobert.»
    «Ja, 1453», antworteten Koloman und Dragomir wie aus einem Munde. Offensichtlich hatten die beiden zwischen ihren galanten Abenteuern noch genügend Zeit, das eine oder andere historische Datum zu lernen.
    «Also lange bevor Süleyman 1529 Wien angriff», gab ich zu bedenken. «Warum wird dann auch Konstantinopel als ‹Goldener Apfel› bezeichnet, wenn dieser Name doch erst während der späteren Belagerung Wiens entsteht, als Konstantinopel lang schon erobert war?»
    «Ganz einfach: weil es auch in Konstantinopel eine vergoldete Kugel gab», mischte sich Koloman ein. «Wie Ihr wisst, habe ich mich bei den Mönchen umgehört, die immer über alles unterrichtet sind. Im Augustinerkloster habe ich mit einem italienischen Pater gesprochen, welcher die türkischen Kriegsgefangenen, die zum Wahren Glauben konvertieren wollten, katechisiert und getauft hat.»
    Nach dem, was dieser Mönch Koloman berichtet hatte, ging alles auf eine uralte byzantinische Legende zurück, als in Konstantinopel noch die antike Statue des Kaisers Konstantin stand. Andere behaupten, die Statue stelle den Kaiser Justinian dar. Wie auch immer, die gänzlich vergoldete Statue stand jedenfalls vor der gewaltigen Kirche der Heiligen Sophia auf einer hohen Säule. In der ausgestreckten linken Hand hielt der Kaiser einen ebenfalls goldenen Apfel, mit dem er drohend gen Osten wies.
    «Das war eine Art Warnung für die Völker des Orients. Es sollte bedeuten, dass der Kaiser die Macht in der Hand hatte, symbolisiert durch den Apfel, und dass sie nichts gegen ihn vermöchten. Einige behaupten, auf dem Apfel habe sich das Heilige Kreuz befunden, also war es eher ein Reichsapfel als ein Goldener Apfel.»
    Andere

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