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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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…»
    «Einen Augenblick! Kann es sein, dass ich mich nicht recht erinnert habe?», überlegte Simonis, als wir in den Wagen stiegen. «Vielleicht heißt der Ort, wo Dragomir sich immer aufhält, auch Goldener Mond oder so ähnlich … Pennal, denk Er nach!»
    «Meint der Herr Schorist etwa den Golden Mondschein in Wieden?», stammelte Penicek ehrerbietig.
    «Ja, genau den», rief mein Gehilfe aus.
    Nachdem wir Peniceks armes Pferd zu einem mörderischen Galopp angetrieben hatten, besichtigten wir also die siebzehn kurzen Bahnen im Golden Mondschein, die fünfzehn kurzen und eine lange im Guldenen Hirschen auf der Leopoldinsel hinter der Schlagbrücke, wo die Reisenden aus Leipzig und Nürnberg ankamen; sodann das Gasthaus Zum Goldenen Oxen, wo die Nürnberger, die Schlackwalter, die Planner und die Neuhauser logierten; den Gulden Adler, die Endstation der Postillione aus Schlesien; den Gulden Strauß, das Ziel der Fiaker aus Breslau sowie der Neuser und Iglauer; das Haus Zum Golden Pfauen, die Herberge der Polen; ja, sogar das Golden Lämbl, wo die Landsleute des Pennals, also die Kutscher aus Prag, abstiegen, sowie eine unbestimmte Anzahl anderer Bahnen mit güldenen Namen. Auch Penicek schöpfte seine Kenntnisse als Schwager bis auf den Grund aus und brachte uns zu allen ihm bekannten Orten: Im Süden, in der Vorstadt Wieden hinter dem Kärntnertor, besichtigten wir die Herberge Zum Golden Kapaun, wo die Droschken aus Venedig ankamen, und das Golden Bern, das Ziel der Kutscher aus Villach. Umsonst: Der Name des richtigen Lokals lag offenbar in Simonis’ Gedächtnis vergraben, und er wollte ihm einfach nicht einfallen.
    Mein Herz war schwer wie Blei, ich zitterte vor Angst um Populescus Leben. Wenn man ihn umgebracht hatte, wäre das schon die dritte Leiche auf meinem Gewissen. War ich mir doch mittlerweile sicher, dass Danilo Danilowitsch und Hristo Hadji-Tanjov ihr Leben lassen mussten, weil sie nach dem Goldenen Apfel geforscht hatten.
    Schließlich gewann die Müdigkeit Oberhand über diese düsteren Gedanken. Ich schloss die Augen. Zum Glück konnte ich während der Fahrt von einem Ort zum anderen etwas schlafen. Nachdem wir alle Plätze aufgesucht hatten, die Penicek eingefallen waren, fuhren wir weitere Herbergen ab, wo Reisende von außerhalb Wiens sich einquartierten, sind doch die Fremden seit jeher die leichtesten Opfer für Betrüger wie Populescu. Also kehrten wir nach Wieden zurück, um den Kohlkreuntzen zu inspizieren, wo die Grazer, Marburger und Neustätter Kutscher Station machten; dann fuhren wir auf der Landstraße zum Schwartzen Bock, dem Treffpunkt der Ochsenhändler aus Ungarn; weiter suchten wir in Rossau, der Vorstadt hinter dem Schottentor, wo Penicek selbst seine Remise besaß, im Schwartzen Bern, dem Ziel der Kutscher aus Niederösterreich, aus Passau, Crems, der Wachau und anderen; dann im Weißen Lamm, wo die Fährleute aus St. Johann und Greifenstein anlegten, et coetera et coetera .
    Bei den letzten Stationen ließ ich Simonis sogar alleine perlustrieren, während ich in der Kalesche weiterschlummerte.
    «Bist du denn gar nicht müde?», fragte ich meinen Gehilfen, da sogar Penicek friedlich auf dem Kutschbock schnarchte.
    «Ich habe meine Fledermaus bei mir, Herr Meister», antwortete er, auf seine kleine Umhängetasche weisend.
    «Wie? Ach ja.» Nun erinnerte ich mich an das wunderliche Mittel gegen die Müdigkeit, dessen mein Gehilfe sich schon in der Nacht der Deposition bedient hatte.
    «Erstickt sie nicht, wenn sie immer dort eingesperrt ist?»
    «Sie ist es gewöhnt. Und außerdem schläft sie jetzt.»
    «Aha.»

    « Lupus in fabula !», rief Dragomir aus, als er uns erblickte.
    Erleichtert seufzte ich auf. In der Gulden Cron auf der Leopoldinsel hatten wir den Rumänen endlich gefunden. Er hatte die Kugeln und den Boden der Bahn präpariert und schickte sich gerade an, das Feld zu räumen. Ich wollte ihm von der Gefahr berichten, in welcher er sich befand, doch Populescu kam mir zuvor: Er habe wichtige Neuigkeiten über den Goldenen Apfel. Das einzige Problem sei, dass sein Informant zu dem vereinbarten Treffpunkt nicht erschienen sei. Dragomir sprang auf Peniceks Kalesche und forderte uns auf, mit ihm zu einer nahe gelegenen Adresse zu fahren.
    «Wir müssen zum Hetzhaus, Pennal. Und beeil dich, zum Donnerwetter!», befahl er fröhlich und wandte sich dann an uns: «Keine Angst, beim letzten Mal habe ich ihn sofort gefunden. Der Junge kommt aus Rumänien, genau wie ich,

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