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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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gezähmt.
    Nichtsdestoweniger war in der zweiten Märzhälfte ein Bote aus Konstantinopel eingetroffen und hatte dem Durchlauchtigsten Prinz Eugen eine außerordentliche Ambassade des Türkischen Agas avisiert, welche noch vor Ende dieses Monats in Wien eintreffen werde. Ein Entschluss, den der Großwesir Mehmet Pascha im letzten Moment erst getroffen haben konnte, da er nicht einmal die Gelegenheit hatte, den Boten mit dem geziemenden zeitlichen Abstand vorauszuschicken. Die Sache hatte die Pläne des Savoyers einigermaßen durcheinandergebracht: Schon seit der Monatsmitte war nämlich alles bereit für seine Abreise nach Den Haag, dem Kriegsschauplatz.
    Die Entscheidung dürfte dem Großwesir im Übrigen keineswegs leichtgefallen sein: Wie nämlich in einem Fliegenden Blatte bemerkt wurde, auf das ich zufällig gestoßen war, werden für die Fahrt von Konstantinopel nach Wien im Winter bis zu vier Monate benötigt, und es ist dies eine überaus beschwerliche und gefährliche Reise, da man nicht nur offene Städte wie Hadrianopolis, Philippopolis und Nikopolis durchqueren muss, zu denen gleichwohl auch so schmutzige Orte wie Sophia gehören, wo den Pferden in allen Straßen der Schlamm bis zu den Knien steht, oder durch elende Ortschaften in brachen, unbewohnten Ebenen kommt, wie das osmanische Selivrea oder Kinigli, das bulgarische Hisardschik, Dragoman und Calcali, und vorbei an befestigten Palisadengewerken, wie Pascha Palanka, Lexinza und Raschin, verfallene Kastelle am Grenzlauf, wo der Sultan Truppen türkischer Soldaten, die von der Welt seit wer weiß wie langer Zeit vergessen waren, vor sich hin vegetieren ließ.
    Nein, die eigentliche Schwierigkeit der Reise bestand darin, die Schluchten der bulgarischen Gebirge zu überwinden, engste Schlünde, wo nur jeweils ein Karren hindurchkommt; sie bestand darin, den nicht weniger furchterregenden Pass der Trajanspforte zu bezwingen und sich über äußerst schlechte Straßen voll zähen, häufig mit Steinen vermischten Schlammes zu quälen, Schnee und Eis und heftigen Winden zu trotzen, die sogar große Wagen umwerfen konnten. Und es galt, die Save und die Morava zu überqueren, die acht Reisestunden südlich von Belgrad bei Semendria in die Donau fließt: Flüsse, die im Winter keine Brücken haben, weder aus Holz noch aus Booten, weil diese gewöhnlich den herbstlichen Überschwemmungen zum Opfer fallen. Schließlich musste man sich, erschöpft von der Reise, an Bord der türkischen Schaluppen den eiskalten Wassern der Donau anvertrauen, wo man fortwährend Gefahr lief, dass die Boote vom Eis zerschmettert wurden, im allerschlimmsten Falle womöglich am schrecklichen Engpass des Eisernen Tores, welcher maxime bei Niedrigwasser überaus grässlich ist.
    Nicht zufällig war es seit den ersten osmanischen Gesandtschaften Brauch, die lange Reise während der schönen Jahreszeit zu unternehmen und in Wien zu überwintern, um dann im folgenden Frühling wieder aufzubrechen. Niemals hatte es auf osmanischer Seite Ausnahmen von dieser Regel gegeben. Und in Wien entsann man sich noch mit Entsetzen der Unbilden, welche die Mission des Staatsrates, Kammerherren und Präsidenten des Reichshofsrates Graf Wolfgang zu Oettingen-Wallerstein erleiden musste, der nach dem Friedensschluss zu Karlowitz am 26. Januar 1699 von Ihrer Kaiserlichen Majestät Leopold I. als Großbotschafter zur Hohen Osmanischen Pforte entsandt worden war. Oettingen-Wallerstein hatte die Vorbereitungen für die Abreise zu lange hinausgezögert und sich erst am 20. Oktober entschlossen, mit seinem Gefolge aus 280 Personen auf der Donau gen Konstantinopel zu fahren – und als er um Weihnachten auf den unwirtlichen Bergen Bulgariens angekommen war, musste er fürwahr, wie man so sagt, sein blaues Wunder erleben.

    Des ungeachtet und wider alle Tradition hatte der Türkische Aga sich mitten im Winter in Marsch gesetzt. Der Großwesir musste eine wirklich dringliche Sendung für Prinz Eugen haben, was die Kaiserlichen und alle Wiener in nicht geringes Zittern versetzte. Täglich richtete man besorgte Blicke auf die Ufer der Donau, in Erwartung, von ferne schon die Fanfare der Janitscharen zu vernehmen und alsbald die siebzig oder mehr Schiffe zu erblicken, mit denen der Aga und sein zahlreiches Gefolge eintreffen würden. Man rechnete mit der Ankunft etwa eines halben Tausends Menschen; auf jeden Fall aber mit nicht weniger als dreihundert, wie seit fast einem Jahrhundert üblich.

    Der Türkische Aga war

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