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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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abstreift.»
    «Komm zur Sache, Pennal. Wir haben keine Zeit zu verlieren, du Idiot. Richtig, Herr Meister?»
    Gerne hätte ich mich noch in den Hafnersteig begeben, um den Rauchfang Anton de’ Rossis auszubessern, des ehemaligen Kammerherrn von Kardinal Collonitz und Freundes von Gaetano Orsini. Stattdessen hatte ich kaum Zeit gefunden, mein Tagespensum für heute zu erfüllen, denn nach knapp drei Stunden Arbeit hatte Cloridia mich rufen lassen. Sie benötigte meine Hilfe. Die Frau des Kammerherrn aus der Dienerschaft des Prinzen Eugen stand kurz vor der Entbindung, und als gute Gevatterin überprüfte meine Frau ihren Zustand so oft wie möglich. Da sie Abbé Meiani natürlich nicht mitnehmen konnte, hatte sie ihn uns für kurze Zeit anvertraut.
    So saßen Simonis, mein kleiner Lehrjunge und ich in Gesellschaft von Atto und Penicek zu dieser frühen Morgenstunde im Gelben Adler, einem Bierhäusl im Griechenviertel unweit der Himmelpforte. Gerade stellte der arme Hinkefuß uns die Früchte seiner Arbeit vor: Wie mein Geselle ihm am Vorabend aufgetragen, hatte der böhmische Student schon in der Nacht andere Studenten um Material gebeten und morgens, sobald die Bibliotheken öffneten, unermüdlich nach Büchern gesucht, die uns über das Geheimnis des Fliegens aufklären konnten. Simonis und ich waren ganz sicher, dass wir nicht geträumt hatten. Das Fliegende Schiff hatte uns tatsächlich in die Lüfte gehoben und hoch hinauf in den Himmel über Wien getragen. Jetzt wollten wir wissen, ob wir den Flug nutzen konnten, wie Cloridia vorgeschlagen hatte. Peniceks gesammelte Informationen würden uns eine Antwort geben, hoffte ich.
    Nicht nur dem Böhmen, auch Abbé Melani hatten wir unser Erlebnis auf dem Fliegenden Schiff verschwiegen. Zu groß war die Gefahr, für verrückt erklärt zu werden. Außerdem misstraute ich Atto.
    Um indiskrete Zuhörer zu vermeiden, hatte Simonis den Goldenen Adler im Griechenviertel in der Nähe des Fleischmarkts gewählt. Da sie häufig von Landsleuten meines Gehilfen frequentiert wurde, hieß jene Schänke auch Griechenbeisl. Ungeachtet seiner Blindheit gewahrte Abbé Melani, dass wir in einem für seinen Stand recht unüblichen Lokal saßen.
    «Ins Bierhäusl», erklärte ich, «geht nur das gemeine Volk, niemand sonst.»
    «Und warum?»
    «Auf nichts legen die Wiener größeren Wert als auf die Scheidung der gesellschaftlichen Klassen. Darum gibt es hier auch kein Billardspiel. Und auf den Spieltischen sieht man nur Würfel und deutsche Karten.»
    Ich erklärte ihm, dass jedes Spiel – wie alles in Wien – den Reichtum desjenigen offenbare, der es spielt. Das Billardspiel galt als überaus vornehm, darum wurde ihm in den Häusern der Reichen sogar ein eigenes Zimmer eingerichtet. Ebenso gab es in den Kaffeehäusern, die nur von gesitteten Herrschaften besucht werden, Billardtische, während es verboten war, mit Karten und Würfeln zu spielen, die als typische Spiele des Pöbels galten und immer von Schimpfworten und Flüchen begleitet waren. In diesem Bierhäusl indes (das konnte auch Atto hören) spielte man mit Karten und Würfeln: der Zeitvertreib grober Gesellen.
    «Aber wenn in Paris sogar der König Karten spielt!», warf Abbé Melani belustigt ein.
    «Auch in Wien, um die Wahrheit zu sagen», bemerkte Simonis. Doch französische Karten seien dem Adel und den Wohlhabenden vorbehalten, deutsche hingegen dem gemeinen Volk.
    Um die französischen Karten wertvoller zu machen, hatte man sogar ihre Herstellung verboten. Sie mussten importiert werden, und die Wiener Zeichner durften nur deutsche Karten herstellen, mit denen sich jedoch sehr wenig verdienen ließ. Durch den Krieg gegen den Allerchristhchsten König waren französische Karten nun nirgendwo mehr zu finden.
    «Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich einen schönen Batzen Karten mitgenommen, um sie hier zu verkaufen!», lachte Atto.
    «Gut, kehren wir zum Thema des Fliegens zurück», sagte ich zu Penicek gewandt.
    «Ich verstehe das nicht. Warum habt ihr diesen wackeren jungen Mann gebeten, euch über eine so kuriose Sache zu belehren?», fragte Atto.
    «Oh, nun ja … damit hat es nichts Besonderes auf sich, Herr Abbé», antwortete Simonis. «Ich brauche die Informationen, um mich auf eine Prüfung vorzubereiten. Fahr Er fort, Pennal.»

    Die süße Sehnsucht nach dem Fliegen, begann Penicek erneut, wohnte schon den epischen Dichtungen der alten Griechen inne. Wer kennt nicht den Mythos von Dädalus und seinem Sohn

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