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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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Lektion zurück, und erst als Ollendorf endlich gegangen war, konnte ich Cloridia von den Neuigkeiten berichten, in primis vom Tod Ugonios.
    Die Nachricht betrübte sie, wenngleich, was verständlich war, weniger als mich. Für sie war der Heiligenfledderer nur eine Bedrohung gewesen, kein Wesen, zu dem man Zuneigung fassen konnte. Wir sprachen nur kurz darüber, um den Kleinen nicht zu ängstigen.
    Darauf widmete ich mich der Zeitungslektüre und griff natürlich zum Corriere Ordinario . Ich musste mir eingestehen, dass ich, seit die Probleme begonnen hatten, immer weniger Neigung verspürte, mich den Gepflogenheiten meiner Wahlheimat anzupassen, und das deutsche Idiom gehörte zu den ersten Opfern.
    Cloridia hatte unterdessen aus der Klosterküche etwas zu essen besorgt, denn da ich noch nicht zu Abend gespeist hatte, knurrte mir tatsächlich der Magen.
    «Mein Kleiner», sagte sie zu unserem Söhnchen, als sie mit dem Tablett in der Hand zurückkam, «komm, hilf der Mama, den Tisch für den Papa zu decken.»
    « Ich gehorsambe », antwortete mein kleiner Lehrjunge lustig auf Deutsch und deckte meinen Platz sogleich gewissenhaft mit Besteck, Serviette und Glas.
    Wieder einmal war das gesamte Mahl auf der Basis des gestrengen Dinkelkorns zubereitet, und ich wusste natürlich, wem ich das zu verdanken hatte. Wie hätte ich mich weigern können? Die fixe Idee der Chormeisterin, dass es nichts Gesünderes gebe als den Dinkel, wurde in jeder Hinsicht von Cloridia geteilt, die sie wiederum von ihrer Mutter geerbt hatte. In all den Jahren in Rom hatte meine Frau im Grunde recht wenig Gebrauch von den mütterlichen Rezepten gemacht; doch jetzt, von Camilla angesteckt, war auch sie zur fanatischen Anhängerin dieser Diät geworden. Anfangs ließ ich es mir gerne gefallen, umso mehr, als das lebenspendende Korn, die Lieblingsspeise der alten Römer, meinen Kleinen im Handumdrehen von allen Krankheiten befreit hatte. Doch im Laufe der Zeit war ich seiner überdrüssig geworden. Lustlos in diesem Mahl für Wiederkäuer herumstochernd, machte ich mich an die Lektüre des Corriere Ordinario , den Cloridia mir wie immer aus der Druckerei van Gehlens besorgt hatte.
    Die Depeschen aus Madrid, daselbst am 9. März abgesandt, berichteten, dass man sich in Portugal (wo Josephs Schwester Königin war) zur Kampagne gegen den Herzog von Anjou rüstete. So musste ich wieder an den Goldenen Apfel und das Fliegende Schiff denken, das die Königin von Portugal nach Wien geschickt hatte. Sodann las ich über den Zank zwischen dem Herzog von Vendôme und der Fürstin Orsini, «welcher mit jedem Tage ärger wird, sintemal der Herzog zürnt, er könne nicht verstehen, dass man den Rath einer Frau in Angelegenheiten befolge, so ihrem Geschlechte nicht einmal zu Ohren kommen dürfften.» Dass der Herzog von Vendôme sich gegen das schöne Geschlecht empörte, war durchaus verständlich, dachte ich: Gehörte er, nach dem, was Atto erzählte, nicht auch zur großen Schar der Frau-Männer? Der Name der Orsini, der berühmten, allseits bekannten Intrigantin, erinnerte mich hingegen an ihren nichtadeligen Namensvetter, den Kastraten, den ich einen Augenblick lang für den Mörder des armen Ugonio gehalten hatte …
    Welch eine sonderbare Lektüre des Corriere war das heute Abend!, sagte ich mir verdrossen: Statt mich abzulenken, erinnerte mich jede Nachricht an etwas, was ich soeben erlebt hatte. Wenn solche Zufälle überhaupt einen Sinn haben, was wollten sie mir dann sagen? Ich ging zu den Depeschen aus Rom über, welche ebenfalls nicht gerade brandaktuell waren, vom 28. März, doch hier war der erste Name, auf den mein Blick fiel, der des Konnetabel Colonna. Er hatte mit Seiner Heiligkeit, Papst Clemens XL Albani, am Fest der Allerheiligsten Verkündigung teilgenommen. Der Konnetabel war der Sohn von Maria Mancini. Kurzum, wohin mein Auge auch fiel, diese Gazette berichtete mir überall von mir selbst.
    Ich warf sie verärgert auf den Boden und nahm das beigefügte Fliegende Blatt zur Hand, das jedoch nur Nachrichten von sehr weit entfernten und mir vollkommen unbekannten Orten brachte, wie Mitau, der Hauptstadt eines gewissen Herzogtums Kurland. Unten auf der Seite gab es endlich die neuesten Nachrichten aus Wien:

    Da Ihre Kayserl . Majestät schon seit dem Mittwoch an den Blattern leidend ist , werden bis zum Sonntage öffentliche und allgemeine Gebete angeordnet …

    Das alles wusste ich schon. Ich las weiter:

    Der Kayserliche General

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