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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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kehrte Cloridia in großer Aufregung von einem kurzen Rundgang in der Umgebung zurück:
    «Die Kutsche des Durchlauchtigsten Prinzen ist aus dem Palais gefahren! Er bricht zur Reise an die Front auf», verkündete sie mit ernster Miene.
    Der Mann, der unsere Gedanken über eine Woche lang beschäftigt hatte, kehrte zu seiner eigentlichen Tätigkeit zurück: dem äußeren Kampf gegen den französischen Feind und dem inneren gegen Hundenase und Madame L’Ancienne.
    Doch auch wir hatten zu tun. Es war kurz vor sieben Uhr, das Treffen mit Opalinski stand bevor.

    Kaum hatten wir uns auf den Weg gemacht, wurden wir von einer unerwarteten Begegnung aufgehalten.
    «Heast, Raupfangkehra, italienischa! Bleib stehn, woat!», rief mir eine bekannte Stimme hinterher.
    Erst erkannte ich ihn fast nicht wieder. Sein Kopf war verbunden, und er stützte sich auf einen Stock. Als er uns in diesem Zustand entgegenkam, glaubte ich, ein Gespenst zu erblicken.
    «Frosch!», rief ich aus.

    Wenn es auch kein Geist war, so wäre der Wächter des Ortes Ohne Namen doch fast einer geworden. Unablässig rieb er sich den verbundenen Kopf, während er uns erzählte, was im Ort Ohne Namen geschehen war. Zu dem Zeitpunkt, da wir im Schloss bei der Arbeit waren, befand Frosch sich in der Nähe der Gehege. Wie es häufig bei plötzlichen Angriffen der Fall ist, erinnerte er sich an nichts. Er wusste nur noch, dass jemand (unmöglich zu sagen, ob einer oder mehrere Männer) ihn hinterrücks angegriffen und mit Stockhieben niedergestreckt hatte; darauf war er eine unbestimmte Zeit lang ohne Bewusstsein gewesen. Er sei erst wieder erwacht, als Bübchen ihm das ganze Gesicht mit seinem Rüssel abgeleckt habe.
    «Bübchen?»
    «Ee kloa», antwortete Frosch, als wäre dieser zarte Name für einen Elefanten die natürlichste Sache der Welt. Wahrscheinlich hoffte er, wir würden ihm keine Fragen nach dem Geheimnis stellen, das er schon so lange hinter den Mauern des Schlosses hütete.
    Als er wieder bei Sinnen war, erkannte Frosch das ganze Ausmaß der verheerenden Situation, die nur vorsätzlich herbeigeführt sein konnte. Wie durch ein Wunder gelang es ihm, zwischen den tollwütigen Bestien hindurchzuschlüpfen, und nachdem er mit stark blutendem Kopfe unter strömendem Regen alle Ausgänge des Ortes Ohne Namen verbarrikadiert hatte, suchte er im nächsten Bauernhof Hilfe.
    Frosch erstattete uns ausführlich Bericht von den Ereignissen, seine Rede war langatmig und mit zahlreichen Flüchen durchsetzt: Er litt immer noch Schmerzen und schien überdies bei seiner Flasche Schnaps Trost gesucht zu haben. Wir würden uns verspäten, aber es war unmöglich, den Tierwärter des Ortes Ohne Namen zu einer knapperen Darstellung zu bewegen.
    Anfangs weigerten sich die Bauern der Umgebung, ihm zu helfen, fuhr Frosch mit seiner Erzählung fort, und behaupteten, der Geist Rudolfs sei ins Schloss zurückgekehrt, das Neugebäu verhext, und nicht von ungefähr habe man vor kurzem sogar ein Schiff am Himmel gesehen. Bei diesen Worten musterte der Wächter uns mit fragendem Blick, doch da wir nicht wegen des Elefanten in ihn gedrungen waren, fragte er uns auch nicht nach dem Fliegenden Schiff.
    Trotz seiner Bemühungen waren einige Tiere schon aus dem Ort Ohne Namen geflohen, und die Treibjagd auf die Flüchtigen, die schließlich in der ganzen Umgebung ausgebrochen war, würde bis in die nächsten Tage andauern. Ich sagte Frosch, auch wir hätten keine Ahnung, wer die Tiere befreit und ebenso wenig, wer ihn angegriffen haben könnte. Wir seien sofort aus dem Neugebäu geflohen, als wir einige der wilden Tiere frei herumstreifen sahen. Bei unserer Ankunft in Wien hätte ich den Behörden den Vorfall gemeldet und schon heute Morgen eine Einberufung erhalten.
    «Mocht nix, oba i kaun ned weg vaun do fir a Zeit», sagte er, indem er seinen Kopf massierte und auf das Bürgerspital zeigte, das er soeben für einen kurzen Spaziergang verlassen hatte.
    Dann ging er dazu über, seine Verletzungen und die entsprechenden Suturen aufzuzählen, die er habe erdulden müssen. Er hoffe, nach seiner Entlassung nie mehr einen Fuß ins Spital setzen zu müssen, denn er habe dort so viele Unglücksfälle gesehen und sei doch ein empfindsamer Mensch, der gewisse Dinge einfach nicht ertrage, et coetera et coetera . Und so fuhr er fort, bis das übermäßige Quantum Slibowitz, das in seinem Blute floss, sich in Form von Tränen Bahn brach. Wie man es bei Alkoholikern häufig erlebt, ging Froschs

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