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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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Leichnams einer jungen Krankenschwester, der Blut aus den Augen und dem geöffneten Mund floss – sie starb in den 70er Jahren in Wiesbaden an ebenfalls durch Impfung ausgelöster, hämorrhagischer Variola –, fiel uns buchstäblich der Federhalter aus der Hand.

    Zu dem Zeitpunkt, an dem dieses Buch in Druck geht, hat das Denkmalamt in Wien auf den eingeschriebenen Brief mit dem Antrag auf Exhumierung der Leiche Josephs I. und auf eine nachfolgende Erinnerung noch nicht geantwortet.

DAS FLIEGENDE SCHIFF UND SEIN ERFINDER

    Die von Frosch aufbewahrte Gazette vom 24. Juni 1709 mit der Nachricht von der Ankunft des Fliegenden Schiffes in Wien ist echt. In der Wiener Stadt- und Landesbibliothek kann man ein Exemplar besichtigen. Dies ist nicht das einzige Zeugnis vom Fliegenden Schiff. Andere, ähnliche Gazetten berichteten von dem Flug der außergewöhnlichen Apparatur. Moderne Historiker wissen genau, wer ihr Erfinder und Steuermann war: nicht der geheimnisvolle Violinist Albicastro, wie der Schornsteinfeger vermutet, sondern Bartolomeo de Gusmão (1685-1724), eine außergewöhnliche Persönlichkeit: Jesuit, Wissenschaftler, Abenteurer, Erfinder, vielleicht auch ein Scharlatan, doch sicherlich ein genialer Kopf, der in die Geschichte eingegangen ist, weil er vermutlich Jahrzehnte vor den Gebrüdern Montgolfière den ersten aerostatischen Fesselballon fliegen ließ.
    Der Flug seines hölzernen Schiffes (wenn er denn wirklich stattgefunden hat) sorgte unmittelbar danach in ganz Europa für großes Aufsehen. Außer der Wiener Gazette wurden gleichzeitig in London und Portugal gedruckte Blätter mit Nachrichten über das Ereignis verbreitet.
    Hat sich das von Gusmäo entworfene Schiff wirklich in die Luft erhoben? Die Meinungen gehen auseinander. Der Fachmann für die Geschichte des Fliegens Bernd Lukasch schließt es keineswegs aus. Nach Meinung des Historikers Fernando Reis war die «Passarola» (so nannte Gusmão sein Schiff) hingegen nur ein Märchen, mit dem sein Erfinder die Aufmerksamkeit der Neugierigen und Verleumder von seinen eigentlichen Experimenten ablenken wollte, die sich auf Heißluftballons konzentrierten. Aber was ist dann mit den Gazetten? Zeitgenossen behaupten, Gusmão selbst und ein Kamerad, der Graf von Penaguilão, seien die Verfasser, und Freunde hätten den beiden geholfen, diesen spektakulären Streich durchzuführen. Doch auch darüber gibt es keine gesicherten Informationen. Zudem enthalten, recht besehen, auch Gusmãos Leben und sein Tod einige Geheimnisse.
    Zwischen 1713 und 1716 reist der exzentrische Portugiese durch Europa und erlangt Bekanntheit durch Erfindungen aller Art: ein System von Linsen, um Fleisch mit Sonnenlicht zu braten; eine Mühle, die sehr viel schneller funktioniert als alle existierenden Mühlen; eine Maschine zur Erforschung von Torfgruben und andere ungewöhnliche Dinge. Er lässt sich in Paris nieder, wo er seinen Lebensunterhalt zunächst als Verkäufer von Heilpflanzen bestreitet, um dann mit Hilfe seines Bruders Sekretär des portugiesischen Botschafters beim Sonnenkönig zu werden. Zurück in Portugal, wird er dank seiner herausragenden Fähigkeiten als Wissenschaftler und Redner in die Königliche Akademie für Geschichte aufgenommen und tritt später ein Amt als Hofkaplan an. Doch nun beginnen die Schwierigkeiten: Er wird von der Inquisition angeklagt, mit den Krypto-Juden zu sympathisieren. Außerdem verwickelt man ihn – Saramago erinnert daran in seinem Buch Das Memorial – in einen Skandalprozess, bei dem sogar der König von Portugal und ein Bruder des Königs sowie deren Geliebte nebst Hexen und Prostituierten auf der Anklagebank sitzen. Einige vermuten, hinter dem Eifer, mit dem die kirchlichen Autoritäten gegen Gusmão vorgehen, stecke der Versuch, seine Forschungen mit Fluggeräten zu sabotieren. Einer seiner Brüder erklärt Gusmão für verrückt, vielleicht will er ihn vor den Klauen der Inquisitoren retten. Um einer wahrscheinlichen Anklage zu entgehen, verlässt der Jesuit heimlich Portugal und flieht nach Spanien, von wo aus er Paris zu erreichen versucht. Doch in Toledo befallt ihn ein bösartiges Fieber, und er wird ins Krankenhaus eingeliefert, wo er einen Monat später mit nur 39 Jahren stirbt. Bis zum letzten Moment war er rastlos tätig: Noch kurz vor seinem Tod hatte er sich zum Judentum bekehrt. Die Wahrheit über das Fliegende Schiff liegt für immer in Gusmãos Grab.
    Man wundere sich nicht, dass der Pilot, der 1709 an Bord des

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