Veritas
wird die Kapelle, die als Lager für Kinofilmrollen gedient hatte, durch ein großes Feuer im Ostflügel des Neugebäudes unrettbar zerstört. Immer wieder gibt es Vorschläge für einen Wiederaufbau, doch unsichtbare Kräfte scheinen diese Initiativen um jeden Preis behindern zu wollen. Niemandem, außer den einfachen Wiener Bürgern, die ihre Stadt lieben, scheint an der Erhaltung der einzigen Renaissancevilla, die es nördlich der Alpen noch gibt, gelegen zu sein. 1974 wird ein großes Restaurierungsprojekt angekündigt, das nie ausgeführt wird. 1982 taucht der Vorschlag auf, das Schloss für die historische Waffensammlung der Stadt Wien zu nutzen; zwei Jahre später ist wieder von Restaurierung die Rede. 1986 verkünden die Zeitungen begeistert, dass archäologische Grabungen auf dem Gelände stattgefunden haben, aus denen man neue wichtige Erkenntnisse über den Bau und die Geschichte des Komplexes gewinnen kann. Doch 1993 stürzt durch eine neue, schwere Feuersbrunst ein großer Teil des Daches ein. Bei den Wienern geht das Gerücht um, die Haltestelle Stubentor der U-Bahn U3 sei mit Steinen aus dem Neugebäude gebaut worden (statt mit Material, das vor Ort gefunden wurde, wie ein Schild im Inneren des U-Bahnhofs vermeldet). Vor wenigen Jahren hörte man sogar den unglaublichen Vorschlag, das ganze Schloss abzureißen. Aber ist es nicht genau das, was ohnehin seit Jahren geschieht? Zum Glück findet das Neugebäude endlich einen Fürsprecher: Othmar Brix, Vorsitzender des 11. Wiener Bezirks, in dessen Zuständigkeitsbereich das Schloss Maximilians II. fällt, sammelt und unterstützt großzügig Initiativen für den Wiederaufbau. Doch fast scheint es, als würde er, wie sein Schützling, von geheimnisvollen Feinden verfolgt, denn 2003 stirbt Brix plötzlich mit nur 59 Jahren, ohne die Verwirklichung seiner Pläne zu erleben. Heute trägt die Straße, die zu dem alten Schloss führt, seinen Namen. Erst in unseren Tagen haben endlich ernsthafte Restaurierungsarbeiten am Ort Ohne Namen begonnen, allerdings ohne dass bis jetzt über seine zukünftige Nutzung (als Kulturzentrum, Museum oder anderes) entschieden wäre. Die Finanzierung unterliegt jedoch weiterhin der undurchschaubaren Logik der Politik, und im Hintergrund droht unvermindert das Gespenst des Abrisses. Seit einigen Jahren schützt darum eine Vereinigung von Bürgern im noblen Geist freiwilligen Engagements die alten Mauern, indem sie Führungen und ein sommerliches Film- und Musikfestival in dem großen Innenhof veranstaltet. Vielleicht wird es nur so gelingen, die geheimnisvollen Kräfte in Schach zu halten, die offenbar seit Jahrhunderten gewillt sind, den Traum Maximilians II. und die ruhmreiche Geschichte, die ihn umgibt, zum Vergessen zu verdammen.
Die Mythen aber, die um den Ort Ohne Namen kreisen, sind keine Erfindung der Autoren. Immer wieder tauchen in den Wiener Zeitungen Zeugnisse auf, die über Gespenster im Neugebäude und über die alchemistischen Experimente Rudolfs II. berichten, von denen Simonis erzählt. So zum Beispiel im Neuen Wiener Tageblatt vom 4. April 1940, S. 6 («Ein Besuch in Wiens Gespensterschloß»), und in der Volkszeitung vom 28. Januar 1940, S. 7, oder der Neuen Freien Presse vom 7. September 1937, S. 6. Vorfalle, bei denen Gespenster die Soldaten der Nachtwache erschreckten, als das Schloss ein Militärdepot war, wurden bis ins 19. Jahrhundert gemeldet. Die Bewohner der umliegenden Simmeringer Haide haben das Neugebäude aus Angst vor unliebsamen Begegnungen mindestens bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts gemieden.
Und der Elefant? Es ist bekannt, dass Maximilian II. tatsächlich einen Elefanten von Spanien nach Wien bringen ließ. Nach ihm wurde übrigens auch ein berühmtes Gasthaus am Graben benannt (das ist eine der Straßen, die den ältesten Stadtkern Wiens bilden). Das Gasthaus blieb fast dreihundert Jahre lang erhalten und wurde dann leider abgerissen. Es ist also durchaus denkbar, dass der Dickhäuter, wie unser Schornsteinfeger berichtet, an dem Ort aufgenommen wurde, den Maximilian für seine kostbare Menagerie ausgesucht hatte.
EUGEN VON SAVOYEN
Zuerst zu dem Papier des Agas. In den Akten über Eugens Feldzüge wird ein Bericht wiedergegeben, den der Prinz an Karl schrieb (Feldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen . Nach den Feld-Acten u . anderen authentischen Quellen hrsg . von der Abtheilung für Kriegsgeschichte desk . k . Kriegs-Archives , Wien 1876-1892, Bd. XIII, Suppl. S. 14, Kap. 7,
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