Verlangen - unbezähmbar wie ein Sturm (German Edition)
ermahnte sie sich. „Spielt das eine Rolle? Ich bin hier, weil ich gebraucht werde. Ich würde Großvater nie im Stich lassen. Und ich werde nicht dulden, dass jemand seine Gutmütigkeit ausnutzt.“
„Was würdest du denn tun, wenn er den Gasthof verkauft?“
Erschrocken sah sie ihn an. „Das würde er nie tun. Er weiß doch, wie sehr ich am Snowberry Inn hänge.“
„Und wenn du nun jemanden heiratest, der woanders wohnt?“
„Das wird nicht geschehen.“
„Bist du da so sicher?“
„Ja.“ Diese Erfahrung hatte sie bereits gemacht. Während der vier Jahre ihrer Ehe war Russell in North Carolina stationiert gewesen, und in dieser Zeit hatte sie weder den Gasthof noch die Großeltern gesehen. Der Weg nach Aspen war zu weit gewesen, als dass sie ihn mit ihrem alten Auto hätte bewältigen können. Und aus Stolz hatte sie den Großeltern nicht gestehen wollen, dass sie kein Geld für einen Flug hatte. In der Zeit war ihre Großmutter gestorben, und Sabrina hatte sich nicht einmal von ihr verabschieden können.
Doch genug davon. „Warum hast du Aspen denn verlassen?“
Gavin stieß ein kurzes bitteres Lachen aus. „Weil mein Vater uns zu Ebenbildern seiner selbst machen wollte.“
„Und das war etwas Schlechtes?“
„Ja. Er wollte alles und jeden beherrschen. Aber ich bin ihm entkommen. Wir alle sind geflohen. Und mussten dann zurückkommen.“
Fordernde Eltern und der Wunsch zu fliehen, das war etwas, was sie gemeinsam hatten. Ihre perfektionistischen Eltern hatten ihr nie verziehen, dass sie unter ihrem Niveau geheiratet hatte. Sie schämten sich ihrer Tochter, und Sabrina hatte schon jahrelang nicht mehr mit ihnen gesprochen. „Und was ist mit deiner Mutter?“
Blicklos starrte er in seinen Kaffeebecher. „Sie hatte Krebs und starb, als ich vier war. Ich kann mich kaum an sie erinnern.“
„Wie traurig.“ Ihre eigene Mutter war zwar auch nicht gerade ein mütterlicher Typ, aber sie war zumindest noch da, wenn auch nicht für Sabrina. Vor allem war sie es damals nicht gewesen, als ihreTochter sie am nötigsten gebraucht hätte.
„So was passiert.“ Er hob den Kopf. „Wenn wir uns mit den Reparaturen beeilen, hast du noch ein paar Tage, bevor die ersten Gäste kommen. Was wirst du mit deiner freien Zeit anfangen?“
Freizeit? Was ist das? fragte Sabrina sich. Seit sie die Führung des Gasthofs übernommen hatte, hatte sie keinen einzigen freien Tag gehabt. „Ich weiß noch nicht. Früher bin ich gern ausgeritten …“
„Aber habt ihr denn noch Pferde?“
„Nein. Großvater hat sie verkauft, als Großmutter starb. Sie hat sich immer um die Pferde gekümmert. Und nach ihrem Tod wurde ihm die Arbeit zu viel, außerdem haben ihn die Pferde zu sehr an Colleen erinnert.“
„Wir haben Pferde …“
Klar hatten sie Pferde. Was gab es nicht auf Jarrod Ridge ! „Wie schön für euch.“
„Ich wollte nicht angeben, sondern nur sagen, dass du gern dort reiten kannst, wenn du möchtest.“
Das hörte sich sehr verlockend an – wenn sie nicht davon überzeugt wäre, dass er darauf bestehen würde, sie zu begleiten. „Danke, nein.“ Sie musste unbedingt raus hier und weg von ihm. Als die Kellnerin vorbeikam, hob Sabrina schnell die Hand. „Kann ich bitte die Rechnung haben?“
„Selbstverständlich.“ Die Frau riss einen Zettel von ihrem Block ab und legte ihn auf den Tisch.
Sabrina griff nach der Rechnung, aber Gavin war um den Bruchteil einer Sekunde schneller, sodass sie nur noch seinen Handrücken berührte. Sie zuckte zurück, als habe sie einen elektrischen Schlag bekommen, und spürte, wie sie erschauerte. „Gib her, ich wollte das zahlen“, stieß sie atemlos hervor.
„Nein, kommt nicht infrage. Wenigstens den Kaffee muss ich zahlen, wenn ich mich schon drei Wochen lang von dir durchfüttern lasse.“
Das konnte ja wohl nicht wahr sein. „Wieso denn das? Wer hat das gesagt?“
„Henry. Er hat mir sogar angeboten, bei euch zu wohnen, aber das ist nicht nötig.“
„Ich bin sicher, dass dir das Essen bei euch viel besser schmeckt“, warf Sabrina leicht verärgert ein.
„Das glaube ich nicht. Allmählich habe ich dieses Gourmetessen satt und freue mich auf einfache, leckere Hausmannskost.“
Irgendwie war sie momentan nicht besonders gut auf ihren Großvater zu sprechen. Was hatte er sich nur dabei gedacht, Gavin anzubieten, bei ihnen zu wohnen?
5. KAPITEL
Henrys alte Knochen haben recht, musste Gavin zugeben, als ihn ein eiskalter Windstoß traf. Er fuhr
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