Verlangen
hier willkommen zu heißen«, sagte Mrs. Worth, eine süße, kleine Frau, die steif neben ihrem Gatten saß, mit bebender Stimme. Die Teetasse in ihrer Hand zitterte, als sie einen vorsichtigen Schluck nahm. Ab und zu warf sie einen verstohlenen Blick durch den Salon, als könne sie es nicht glauben, daß sie sich im Herrenhaus befand.
»Danke«, sagte Victoria sanft und lächelte die verschüchterte Frau an. »Es war sehr freundlich von Ihnen, so kurzfristig zu kommen.«
»Nein, nein, nicht im geringsten«, stotterte die Frau und verschüttete beinahe ihren Tee. »Wir sind Ihnen so dankbar für Ihr Interesse an den Angelegenheiten des Dorfes.«
Der Pfarrer unternahm den heldenhaften Versuch, dem Blick seines Gastgebers »von Mann zu Mann« zu begegnen. »Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich sage, daß die Ländereien Ihrer Familie allzu lange vernachlässigt worden sind, Sir. Ich hörte, wie man im Dorf von Verbesserungen sprach, die Sie bereits in Angriff genommen haben. Das erleichtert mich sehr.«
»Es freut mich, daß Sie erleichtert sind, Reverend Worth. Ich kann Ihnen hinsichtlich des Zustandes der Ländereien und der Umgebung nur zustimmen.« Lucas stellte seine Tasse heftig ab, und Victoria unterdrückte ein Grinsen. Ihr Gatte versteckte seine Ungeduld gut, aber sie wußte, daß er dieser gesellschaftlichen Verpflichtung liebend gern entronnen wäre.
Er war, wie er ihr deutlich am Morgen erklärt hatte, ein vielbeschäftigter Mann, und er konnte es sich nicht leisten, seine Zeit beim Tee mit dem Pfarrer zu vergeuden. Victoria hatte ihn davon in Kenntnis gesetzt, daß er nicht darum herum komme, und schließlich hatte sie sich durchgesetzt, sehr zur Überraschung von ein oder zwei der neuen Bediensteten, die das Gespräch in der Halle zufällig mitbekommen hatten. Es würde kein Geheimnis bleiben, daß der neue Graf von Stonevale seiner Frau gegenüber zur Nachgiebigkeit neigte.
»Es gibt eine Menge zu tun«, bemerkte Worth. »Die Situation hier in der Gegend wurde allmählich katastrophal.«
»Sie haben großen Eindruck auf die Dorfbewohner gemacht, Mylady«, sagte Mrs. Worth schüchtern. »Als ich heute morgen bei Betsy Hawkins war, um ihr einen Petticoat für ihre Tochter zu bringen, erzählte sie mir voller Stolz, sie brauche keine Almosen mehr. Ihre Tochter hätte eine Anstellung in der Küche, sagte sie, und ihr Mann würde in den Ställen arbeiten. Sie war so glücklich, Madam. Das können Sie sich nicht vorstellen. Die arme Frau hat eine schwere Zeit hinter sich, genau wie viele andere.«
»Wir sind dankbar, so viele willige Arbeitskräfte zu haben. Und wir werden noch viel mehr Menschen brauchen, um diesen
Ort wieder bewohnbar zu machen«, sagte Victoria voller Überzeugung. Es war eine quälende Angelegenheit gewesen, den Salon für den heutigen Besuch in einen halbwegs vernünftigen Zustand zu versetzen. Die neuen Bediensteten hatten bereits bei Sonnenaufgang mit der Reinigung begonnen.
»Nun, ich wage zu behaupten, daß die Leute Sie dank der Gespenstergeschichte dieses Wilderers sehr gern aufgenommen haben.« Der Pfarrer gluckste, riß sich jedoch zusammen, als ihm seine Frau einen entsetzten Blick zuwarf. Eilig griff er nach seiner Teetasse und räusperte sich. »Verzeihung.«
Doch Lucas ließ sich nicht ablenken. »Was für eine Gespenstergeschichte und was für ein Wilderer, Reverend?«
Das anfängliche Unbehagen des Pfarrers kehrte zurück. Es war deutlich, daß er meinte, er habe bereits zuviel gesagt. Er hustete leicht. »Ich fürchte, Sir, daß ein paar der Dorfbewohner in den Wäldern wildern, besonders in schlechten Zeiten wie diesen. Weiß Gott, manchmal riskieren sie dabei Leib und Leben, wenn man an die Fangeisen denkt, die der letzte Graf hat aufstellen lassen.«
»Sie brauchen sich deswegen keine Sorgen mehr zu machen, Pfarrer. Da ich lange Zeit beim Militär gedient habe und demzufolge selbst gelegentlich gezwungen war, von dem zu leben, was ich in der Natur fand, bin ich geneigt, ein bißchen Wildern zu ignorieren, das versichere ich Ihnen. Ich habe bereits Anweisung gegeben, die Fangeisen, die bisher von den Jägern noch nicht entdeckt wurden, zu zerstören.«
Das Lächeln des Pfarrers brach wie Sonne durch die Wolken. »Ich bin überglücklich, das zu hören. Sie müssen nämlich wissen, daß Ihr Onkel da gänzlich anderer Meinung war.«
»Und jetzt zurück zu der Gespenstergeschichte«, drängte Lucas sanft.
Der Pfarrer tauschte einen schnellen Blick mit
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