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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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so qualvoll, dass es fast außerirdisch klang. Ich merkte, wie der Arm des riesigen perdus , der mich bis dahin fest im Griff gehabt hatte, heruntersank und im nächsten Moment sackte der ganze Vampir kreischend unter der Macht der digitalisierten Sonnenstrahlen in sich zusammen. Das Licht war so grell, dass selbst ich Angst hatte, die Augen zu öffnen. Deshalb stolperte ich zu dem Konferenztisch und warf mich blind mit dem Bauch darauf. In der Hoffnung, dass die Richtung stimmte, zog ich mich hinüber.
    Ich rammte in eine nahezu reglose Masse und merkte sofort, dass es der gekrümmte Körper des gedrungenen Vampirs mit der Narbe auf der Nase war. Derjenige, den Moreau mit Bastien angesprochen hatte. Ich schob ihn aus dem Weg und wagte es, meine Augen ein Stück weit zu öffnen; Sonnenlicht brannte mir ins Hirn und zwang mich, die Lider sofort wieder zu schließen. Doch ich hatte genug gesehen: Moreau entfernte sich kriechend vom Tisch. Wie sehr er litt, war offensichtlich. Nur die Vampirin schien noch einigermaßen bei Sinnen zu sein und griff in die Richtung, in der sie Sagan vermutete.
    Doch ich war schneller und zog seinen langen Körper unter ihren Klauen weg. Lilli kreischte vor Zorn. Ich wollte Sagan gerade schultern, als er sagte: »Nein, ich kann sehen, ich führe.«
    Noch einmal wagte ich einen kurzen Blick, dann griff ich nach der Tischkante, drückte mich ab und versetzte der Vampirin einen Tritt in den Nacken. Sie flog in mehrere nebeneinanderstehende Computerbildschirme. Sagan griff nach meiner Hand und lenkte mich durch die sich windenden perdus hindurch in den Gang hinaus, wo ich die Augen wieder öffnen konnte.
    Er stolperte vor mir den langen Korridor entlang. Blut lief ihm über den Hals bis in sein Hemd. Sein Kragen war rot gesprenkelt.
    »Ich stütze dich!«, rief ich und legte einen Arm um seine Hüfte. Alle drei Meter stieß er sich mit einem Bein ab. Auf diese Weise kamen wir recht gut voran.
    »Was meinst du, wie lange sie lahmgelegt sind?«, fragte ich, während wir auf die Schleuse zueilten.
    »Nicht lange«, antwortete Sagan. »Ist nicht dasselbe. Kein natürliches Licht.«
    Ich hob ihn auf den Beifahrersitz des Jeeps.
    »Nein, lass mich, du hast nicht einmal …«, begann er.
    Ich hörte nicht auf ihn und sprang auf den Fahrersitz.
    »Schlüssel!«
    Sagan wühlte in der Hosentasche seiner Jeans, während ich die Tür des Observatoriums beobachtete und mir das Herz bis zum Hals klopfte. Beeil dich, nun mach schon! Noch war niemand zu sehen. Endlich hatte er den Schlüssel gefunden, ich griff danach, legte den ersten Gang ein und preschte aus der Einfahrt hinaus in den Wald.
    »Was?«, fragte Sagan.
    »Licht! Wo schaltet man die Scheinwerfer ein?«
    Hektisch tastete ich das Armaturenbrett ab. Ich brauchte sie nicht, um zu sehen, aber um gesehen zu werden. Ich wollte, dass die perdus sie sahen.
    »Hier.« Sagan nahm meine Hand und führte sie.
    Die Scheinwerfer leuchteten auf, doch jetzt war der Wald zu hell; ich musste den Arm über die Augen legen, um nicht geblendet zu werden. Wir holperten und rumpelten über den unebenen Boden. Die Lichtkegel hüpften ebenfalls, immer wieder tauchten junge Bäumchen darin auf.
    Auf dem Weg zum Turm begann Sagan zu husten und es klang, als würde er Flüssigkeit spucken. Plötzlich bekam ich Angst, dass er innere Blutungen erlitten und Moreau womöglich seine Halsschlagader verletzt haben könnte. Oh nein.
    Ich zog an seinem Hemd, aber das Blut am Kragen schien nicht viel mehr geworden zu sein.
    »Drück deine Hand darauf«, sagte ich und versuchte ruhig zu bleiben. »Wie einen Druckverband.«
    Im Fahren schob ich seine Hand auf die Wunde am Hals. So schnell, wie ich mich traute, fuhren wir um die Lichtung mit der verminten Wiese herum. Zu beiden Seiten streiften Äste und Zweige am Wagen entlang.
    »Halt durch.«
    Auf dem langen Gefälle zum Bunker hinunter wurden wir hin und her geschleudert. Unten angekommen trat ich auf die Bremse und kam schlingernd auf dem Schotter zum Stehen. Ich sprang heraus und schleppte Sagan hinein.
    »Mir geht es gut, mir geht es gut«, murmelte er unaufhörlich. »Sie werden herausfinden, wohin wir geflüchtet sind … bald sind sie hier.«
    »Ich weiß, ich weiß.«
    Sagan öffnete das versteckte Vorhängeschloss an dem Metallgitter und ich schob es auf. Als Sagan versuchte sich selbständig wieder zu erheben, kippte er vornüber. Allerdings war ich mit meinen Vampirreflexen schnell genug, um ihn aufzufangen und ihn

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