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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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ins Haar und drückte ihm den Kopf zurück, bis sein blasser Hals frei lag.
    »Lass ihn los!«, brüllte ich. »Ich habe dir gesagt, was du hören wolltest! Jetzt brauchst du ihn doch nicht mehr!«
    »Oh, da liegst du ganz falsch«, erwiderte Moreau.
    »Was willst du jetzt noch?«
    »Etwas, was du mir und nicht ihm schuldest. Und deshalb nehme ich es mir. Und zwar so. Ich will, dass du zuschaust, während ich es tue.«
    Tief hieb er die Zähne in Sagans Fleisch.
    Sagan ächzte vor Schmerzen und krümmte ruckartig den Rücken; noch nie hatte ich einen ähnlichen Gesichtsausdruck bei ihm gesehen – die Bewusstwerdung, dass es vorbei war, dass es zu Ende ging. Verzweifelt sank ich in mich zusammen.
    Moreau hing an seinem Hals und trank in großen Schlucken.
    Lilli leckte sich beim Zuschauen die Lippen. Wahrscheinlich konnte sie es kaum erwarten, bis sie an der Reihe war. Sie würden ihn aussaugen. Sie würden alles Leben aus ihm heraussaugen. Und ich konnte nichts tun, um sie aufzuhalten.
    Mit aller Kraft wehrte ich mich erneut gegen die drei Vampire, die mich festhielten.
    Schließlich ließ Moreau von Sagan ab und sah mich breit grinsend an. Sein Gesicht war mit Sagans Blut verschmiert. Selbst auf der Nasenspitze war ein kleiner Tropfen.
    Dann saugte er sich mit den Worten »Tu vas mourir comme un cochon« abermals in Sagans Hals fest.
    In dem Moment bemerkte ich, dass Sagan dabei war aufzugeben. Er kämpfte nicht mehr. Sein Körper hatte jegliche Spannkraft verloren und der Vampir hätte weitermachen können, ohne dass Sagan hätte festgehalten werden müssen.
    »Sagan«, schrie ich und riss mich wieder los.
    Tatsächlich gelang es mir, mich zu befreien und meine Finger ins Gesicht eines der dunkelhäutigen Brüder zu bohren. Dem anderen schleuderte ich den Unterarm an den Kiefer. Den dritten perdu , den Riesen, konnte ich jedoch nicht dauerhaft abschütteln. Kaum hatte ich einen Schritt auf den Konferenztisch zugemacht, als er mich auch schon wieder mit seinem gewaltigen Arm eingefangen hatte.
    Sagans Hand begann zu zucken. Es war der einzige Körperteil, der sich überhaupt noch bewegte. Als hätte seine Hand einen eigenen Verstand und realisierte gerade, dass sie auch sterben müsste.
    All das geschah unglaublich schnell. Sagan war so lebendig gewesen und war noch so frisch in meinem Gedächtnis – und jetzt wurde er ein Traumwesen, das ich nicht einmal mehr erkannte. Selbst seine zuckende Hand hing inzwischen schlaff hinunter.
    Ich schloss die Augen.
    Was hatte Lena gesagt? Über den Ruf?
    Man sprach ihn nicht laut aus, sondern tief in die Kehle.
    Hilf uns , sagte ich und spürte die Schwingungen, während ich die Worte in mich hineinsprach. Der riesenhafte Vampir grinste mich dämlich an. Das Geräusch, das ich von mir gegeben hatte, klang offenbar wie ein Stöhnen.
    Bitte, Lena. Bitte, kommt her und helft uns. Wir brauchen euch, Lena, Donne und Anton. Bitte, kommt und helft uns, sonst sind wir tot!
    Ich öffnete die Augen.
    Noch immer lag Sagan auf dem Tisch im Sterben.
    Bitte, bitte, bitte!
    Mir kam in den Sinn, was Sagan einmal gesagt hatte, auch wenn ich damals gar nicht richtig zugehört hatte.
    Sterne … einige von ihnen sind bereits abgestorben, wenn wir sie zu sehen bekommen.
    Mein Blick trübte sich. Schnell blinzelte ich, um wieder klar sehen zu können … Sterne sehen.
    »Sagan!«, brüllte ich. »Sagan, kannst du mich hören? Bitte, Sagan!«
    Für einen Moment hörte die Hand auf zu zucken, seine Finger streckten sich und rührten sich nicht mehr. Moreau hob den Kopf von der Wunde in Sagans Hals und lächelte mich zuckersüß an – so sehr genoss er, was er tat.
    »Josey Wales!« Ich rief den Namen, so laut ich konnte. »Sagan, denk an … denk an Josey Wales! Was hat er gesagt? Erinnere dich! Was hat er gesagt? Josey Wales! Entweder ihr zieht jetzt die Pistolen oder ihr pfeift den Dixie! «
    Tief in der Kehle begann Sagan plötzlich zu knurren und richtete sich auf. Moreau hatte sich von meinem Schreien ablenken lassen und Sagan bekam die Computermaus zu fassen und klickte. Ich schloss die Augen.
    Schlagartig wurde es in dem Raum taghell.
    Selbst durch meine geschlossenen Augenlider strahlte der gewaltige, gigantische, brennende 3-D-Sonnenball unerträglich intensiv. Soleil .
    Es war dasselbe Bild, das Sagan mir beim ersten Mal gezeigt hatte, nur dass es dieses Mal in voller Farbe erstrahlte. Ein erdrückender, superstarker, vulkanischer Ausbruch blendenden Lichts.
    Die Vampire schrien,

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