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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Abgasstrahl in eine Grube geleitet worden. Sagan nannte den Arm »Abschussrampe«. Das war Position zwei.
    Ich lief bis in die Mitte, griff nach der Kettensäge, die dort deponiert war, und zog am Seilzug – nach einigen Versuchen sprang sie an. Ein paar Mal ließ ich sie laut aufheulen und schickte damit ein durchdringendes, störendes Geräusch in den Wald.
    Dann ließ ich die Säge über das Geländer an einer zuvor daran befestigten Nylonschnur hinunter, sodass sie frei in der Luft baumelte. Kurz berührte ich die Schnur, damit die Säge nicht mehr pendelte, und eilte dann in das Turmzimmer zurück.
    »Okay«, meldete ich über das Funkgerät. »Alles bereit.«
    Sagan fluchte.
    »Was ist? Was ist los?«
    »Ich dachte, ich hätte etwas gesehen. Aber jetzt ist es nicht mehr da.«
    Ich holte tief Luft. »Sagan … falls wir das überstehen …«
    »Wenn wir das überstanden haben …«
    »… möchte ich.«
    Ich hielt inne. Blinzelte in die Finsternis. Mein Herz begann höherzuschlagen. Ja. Sechs lavendelfarben leuchtende Flecken bewegten sich durch den Wald und kamen schnell näher. Einer von ihnen war deutlich vor den anderen.
    »Emma?«, hörte ich Sagan. »Bist du da?«
    »Ich kann sie sehen!«, flüsterte ich ins Mikrofon. »Sie kommen! Sie haben den Köder geschluckt. Sie sind auf direktem Wege vom Observatorium hierher.«
    »Halt dich bereit. Wo sind sie gerade?«
    »Kurz vor der verminten Wiese.«
    Die Vampire begannen sich jetzt aufzuteilen. Ich fragte mich, ob Moreau der vordere Lichtfleck war, aber irgendetwas sagte mir, dass es auch die Frau, Lilli, sein könnte. Sie war von dem Bild der Sonne am wenigsten beeinträchtigt gewesen.
    Der erste lavendelfarbene Fleck blieb am Rand der Wiese stehen, als befürchtete der perdu dort etwas Unangenehmes.
    »Wo sind sie inzwischen?«, meldete sich Sagan wieder.
    »Sie bleiben gerade stehen«, berichtete ich. »Als wüssten sie, dass dort eine Gefahr lauert. Nun macht schon! Worauf wartet ihr?«
    Zwei weitere lavendelfarbene Flecken schlossen zu dem ersten auf, während die anderen seitlich ausschwärmten, als suchten sie einen Weg um die Wiese herum.
    Nein! Nun lauft einfach geradeaus. Bitte.
    Dann bewegten sie sich tatsächlich wieder vorwärts. In einem Höllentempo flogen sie förmlich über die Wiese.
    »Sie rennen drüber!«, sagte ich ins Mikro. »Aber nichts … nichts passiert! Sie werden nicht einmal langsamer!«
    Das Funkgerät rauschte, weil Sagan so laut fluchte.
    »Mach, dass du wegkommst, Emma. Schnell!«
    Als sie die Lichtung hinter sich gelassen hatten und den langen Hang, der zu dem Bunker führte, herabgelaufen kamen, nahmen die perdus Gestalt an. Ich war mir ziemlich sicher, dass die Frau vorn war; sie bewegte sich eleganter als die anderen, wirkte zielstrebiger.
    Ich merkte, wie ich instinktiv die Zähne zusammenbiss und den Blick verengte. Jetzt war es wirklich so weit. Es wurde ernst.
    Ich dachte an meinen Großvater im Krankenhaus und an eine der wenigen Kriegserfahrungen, von denen er mir erzählt hatte.
    Im Krieg regiert die Angst … und das, was sie aus dir macht. Wenn du nicht brutal sein kannst, dann sind sie brutal mit dir. Es ist nicht fair. Fairness gibt es nicht. Es geht nur darum, wer am Ende noch steht. Fairness ist später wieder dran.
    Ich kauerte mich hinter einen Pfeiler und versuchte so viel meines eigenen schwachen Leuchtens abzuschirmen wie möglich.
    Du kannst es schaffen , sprach ich mir selbst Mut zu.
    Die leuchtenden Gestalten kamen zwischen den Bäumen hervor und liefen auf den Bunker zu. Vor dem Eingang blieben sie stehen und schienen etwas zu besprechen. Wollten sie etwa dort rein?
    »Was ist los?«, fragte Sagan.
    »Psst! Sie können dich hören.«
    Ich sah, wie sie gestikulierend auf den Bunker zeigten. Dort ist etwas . Sie drängten sich vor dem Eingang und schauten. Das Herz schlug mir bis in die Ohren.
    Ich hockte mich in den Eingang des Turmzimmers, angespannt und jederzeit bereit, auf die Galerie fast sechs Meter weiter unten zu springen …
    Die Vampire entfernten sich vom Eingang des Bunkers und näherten sich dem Fuß des Turms. Flach atmend schwang ich mich wieder auf den Steg der Abschussrampe.
    »Alles okay«, meldete ich ins Mikrofon. »Sie waren vor dem Bunker, aber jetzt sind sie auf dem Weg zum Turm.«
    Ich konnte sie jetzt hören. Die perdus riefen sich gegenseitig etwas zu. Was sie sagten, konnte ich nicht verstehen, weil es Französisch war, anscheinend eine Art Signal.
    »Ich kann sie

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